Puppe liegt im Gulli
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Kindesmissbrauch passiert oft heimlich

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Aufweichen der ärztlichen Schweigepflicht bei Kindesmisshandlung

Kindesmisshandlung bleibt oft unentdeckt. Kinder sind dann mit ihrem Leid alleingelassen. Grund ist die Schwierigkeit, Misshandlungen zu erkennen und Hinweise richtig zu deuten. Eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht soll jetzt helfen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Ein fünfjähriger Junge steht vor dem Kinderarzt. Seine Mutter ist mit ihn hergekommen, weil er Bauchschmerzen habe. Bei der Untersuchung entdeckt der Arzt Hämatome an den Rippen und den Oberarmen des Jungen. Auf Nachfrage bei der Mutter erhält er keine richtige Antwort. Der Arzt hat den Verdacht, das Kind könnte misshandelt worden sein. Auch die Bauchschmerzen könnten ein Hinweis auf seelische Nöte des Kindes sein. Aber was tun bei so einem Verdacht?

Gesetzesänderung zum Ärzteaustausch: Erste Lesung im Landtag

Der Kinderarzt könnte einen erfahrenen Kollegen anrufen, der mit ähnlichen Fällen schon zu tun hatte. Er könnte sich Rat einholen und die möglichen Gewaltspuren besser deuten. Oft wechseln gewalttätige Eltern regelmäßig den Kinderarzt, damit es nicht auffällt, wie oft ihr Kind Verletzungen hat. Der Arzt könnte dann den Kollegen, der das Kind früher behandelt hat anrufen, um möglicherweise weitere Verdachtsmomente zu sammeln.

In die Landtagssitzung am 11. Mai bringen CSU, Freie Wähler und FDP eine gemeinsame Gesetzesänderung zum Ärzteaustausch in erster Lesung in den Landtag ein. Dabei soll Ärzten grundsätzlich erlaubt werden, sich mit Kollegen über minderjährige Patienten auszutauschen, wenn ein Verdacht auf sexualisierte, physische oder psychische Gewalt besteht. Bisher war das in Bayern, wegen der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich.

Mehr Sicherheit vor Fehlentscheidungen

Dominik Spitzer, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bayerischen Landtag, glaubt, dass Ärzten geholfen wäre, wenn sie ihren eigenen Verdacht mit anderen besprechen können oder sogar mit Kollegen sprechen, die ähnliches gesehen haben, und so den Medizinern "mehr Sicherheit gegeben wird – insbesondere bei schwierigen Entscheidungen, die das Wohlbefinden von Kindern betreffen, zum Beispiel Misshandlung oder Vernachlässigung."

Auch wenn der Datenschutz dadurch geschwächt werde, stehe der in diesem Fall hinter dem Kinderschutz. "Das Sicherheitsnetz für unsere Kinder und Jugendlichen wird noch engmaschiger und reißfester", so Bernhard Seidenath, gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion. So sieht es auch seine Kollegin Susann Enders von den freien Wählern: "Wir müssen Gewalt an Kindern dringend einen Riegel vorschieben. Denn unter den Folgen von Misshandlungen im Kindesalter leiden Betroffene häufig ein Leben lang."

Meldepflicht beim Jugendamt besteht schon heute

Christina Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, hält das Gesetz für eine sinnvolle Initiative, da es dem Kindswohl diene. Sie betont, dass auch andere Bundesländer solche Gesetze hätten. Darum glaubt sie, die Grünen werden das Gesetz im Landtag unterstützen.

Was heute schon besteht, ist eine Meldepflicht der Ärzte beim Jugendamt, im Fall eines Verdachtes der Kindesmisshandlung. Aber auch diese Meldungen könnten fundierter und sicherer werden, wenn sich Ärzte vorher mit Kollegen abgesprochen haben.

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