Im Internet gibt es ihn schon, den CDU-Landesverband Bayern: Unter findet sich eine "Website im Aufbau". Wer sich die Domain gesichert hat, bleibt unklar - ein Impressum sucht man vergeblich. "Unsere Seite ist in Kürze erreichbar", steht dort lediglich – und noch der Zusatz: "Juni 2018". Schon seit 2014 ist auf Facebook die Seite "CDU Bayern in Gründung" zu finden, vom Twitter-Account "CDU Bayern" (@CDU-BY) wurde seit Monaten kein Tweet mehr abgesetzt.
Offizielle Accounts sind dies freilich nicht - schließlich ging die CDU bisher entschieden gegen jeden vor, der eine Bayern-CDU gründen wollte. Sollte der zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber eskalieren und die Fraktionsgemeinschaft auseinanderbrechen, wäre eine ganz neue Ausgangslage da. Im Prinzip könnte die CDU sogar noch bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober antreten - und mit der CSU um die Wählergunst konkurrieren: "Wie jede andere Partei in Bayern hätte die CDU Zeit bis zum 2. August, 18 Uhr, Wahlvorschläge einzureichen", erklärt der stellvertretende Landeswahlleiter, Werner Kreuzholz, in der "Rheinischen Post".
Erste CDU-Politiker für bayerischen Landesverband
Auch wenn sie bisher nicht aus der ersten Reihe kommen - erste Stimmen in der CDU gibt es schon, die fordern, sich im einzustellen. So verlangte in dieser Woche der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, im "Handelsblatt": "Für den Fall der Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft sollte die CDU-Bundesgeschäftsstelle schon jetzt Vorbereitungen für die Gründung eines CDU-Landesverbandes und die Beteiligung an der bayerischen Landtagswahl treffen."
Und Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz schrieb Mitte Juni auf Facebook: "Bis zum 16. Juli ist genug Zeit, eine CDU-Landesliste für die bayerische Landtagswahl aufzustellen, falls die CSU die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufkündigt." Polenz zeigte sich überzeugt, dass bayernweit "mehr als genug gute CSU-Politikerinnen und Politiker" für eine bayerische CDU-Landesliste zur Verfügung stehen würden.
Die Zeit ist knapp
Mit der Forderung nach einer CDU-Landesliste liegt Polenz allerdings falsch: Bei der haben die Parteien keine Landesliste für den gesamten Freistaat, sondern mehrere Wahlkreislisten, wobei die Wahlkreise den Regierungsbezirken entsprechen.
Um bei der Landtagswahl flächendeckend in Bayern antreten zu können, müsste die CDU daher aufs Tempo drücken: Sie müsste nicht nur schnell einen bayerischen Landesverband gründen - Voraussetzung für eine Teilnahme der CDU wäre laut Vize-Landeswahlleiter Kreuzholz auch, dass sie vorher Wahlversammlungen auf Gemeinde- und Bezirksebene zur Kandidatenaufstellung einberuft, in jedem Regierungsbezirk außer der Liste auch mindestens einen Direktwahlkreis ansteuert und für diese Vorschläge bis zu 2.000 Unterschriften sammelt. Außerdem müsste jede dieser Unterschriften in den Wohngemeinden der Unterstützer von der Verwaltung bescheinigt werden.
Dobrindt: Schicksal der Union ungewiss
Der im Asylstreit wurde am vergangenen Montag nur auf Anfang Juli vertagt. Denn beide Seiten haben sich festgelegt, dass sie im Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze nicht nachgeben wollen, sollte es zu keiner europäischen Lösung kommen. In der CSU wird mittlerweile offen mit einem Bruch mit der CDU kokettiert.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt räumt im neuen "Spiegel" die Möglichkeit ein, dass der Konflikt um Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze könnte. Er persönlich wolle zwar, dass die Union eine Schicksalsgemeinschaft bleibe, sagte er. "Aber es gehört auch zum Wesenskern des Schicksals, dass man vorher nicht weiß, was es alles noch so für einen bereithält."
Ex-CSU-Chef Huber warnt vor Folgen für CSU
Der frühere CSU-Chef Erwin Huber verwies indessen in der "Passauer Neuen Presse" auf den großen Nutzen der Fraktionsgemeinschaft für seine Partei: Sie habe der CSU erheblichen Einfluss auf die Bundespolitik gegeben. "Ein Ausstieg aus der Union hätte eine fundamentale Änderung der Grundarchitektur der CSU zur Folge." Auch mehrere CDU-Politiker warnten schon eindringlich vor einem Bruch der Union. So betonte zum Beispiel , es sei entscheidend, dass die Union beieinanderbleibe. "Sonst haben wir in einem Jahr italienische Verhältnisse. Das kann niemand mit Sinn und Verstand wollen", sagte er der "Zeit".
Aus Hubers Sicht würde aber selbst eine mögliche Entlassung Seehofers "kein automatisches Ende der Koalition und schon gar nicht der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU" bedeuten. Der Koalitionsvertrag gelte weiter, sagte der Ex-CSU-Chef.