Forschung mit Datensätzen statt Stethoskop - für ihre Studien benötigen die Experten leistungsstarke Rechner .
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Statistikexperte Dennis Freuer und Epidemiologin Christa Meisinger von der Uniklinik Augsburg

    Asthma in der Kindheit begünstigt Magen-Darm-Erkrankungen

    Forscher der Augsburger Uniklinik haben herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen Asthma und Krankheiten wie Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn gibt. Geholfen hat dabei Big Data - genauer gesagt, die Auswertung riesiger Datenmengen.

    Asthma in der Kindheit kann im späteren Lebensalter zu Störungen des Magen-Darm-Trakts führen. Der Studie der Augsburger Uniklinik zufolge erhöht eine Asthmaerkrankung im Kindesalter das Risiko für Magengeschwüre und Reizdarm oder gar Morbus Crohn. Die neue Studie greift dabei auf Big Data zurück – sie stützt sich auf die Daten mehrerer hunderttausend Europäerinnen und Europäer. Lungenexperte Michael Gerstlauer lässt das aufhorchen. Der Pulmologe behandelt an der Augsburger Uniklinik im Quartal rund 400 Kinder mit Asthma. "Man weiß aus großen deutschen Studien, dass rund vier Prozent die Diagnose Asthma von ihren Kinderärzten gestellt bekommen haben, die Zahlen sind in den vergangenen Jahren relativ konstant", so Gerstlauer.

    Statistik als medizinisches Instrument

    In einem Nebengebäude der Augsburger Uniklinik arbeitet Dennis Freuer. Allerdings nicht mit Stethoskop und Atemmesser, sondern mit Formeln und Algorithmen. Er ist Statistikexperte und hat über komplizierte Berechnungen am Computer herausgefunden, dass Asthma im Kindesalter im Laufe des Lebens zu weiteren schweren Erkrankungen führen kann: "Die Essenz dieser Studie ist, dass wir nachweisen konnten, dass Asthma in der Kindheit einen Risikofaktor darstellt für gastrointestinale Störungen im Lebensverlauf." Die Spanne der Erkrankungen reicht dabei vom Magengeschwür über Reflux, Reizdarm bis hin zu Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa.

    Riesige Datensätze

    Der Nachweis ist den Augsburger Forschern am Lehrstuhl für Epidemiologie mit Hilfe einer gigantischen Menge von Daten gelungen, so Dennis Freuer. Die Forschenden haben dafür die Daten zweier großer genetischer Studien ausgewertet, in denen das komplette Erbgut Hunderttausender Menschen nach Änderungen durchforstet wurde, die mit einer bestimmten Krankheit zusammenhängen. "In unserem Fall haben wir die Daten von rund einer halben Million Europäer verwendet. Die sind für die Forschung öffentlich verfügbar. Big Data ist da das Stichwort, dazu brauchen wir auch leistungsfähige Computer, um da das umsetzen können, wir wollen ja neue Forschungsansätze liefern, und mit Hilfe dieser Daten ist das möglich, solche Kausalzusammenhänge herauszufinden."

    Forscherin nennt die neuen Möglichkeiten "großartig"

    Warum das Asthma im Magen und Darm weitere Krankheitsprozesse begünstigt, muss erst noch genau erforscht werden. Konkret bedeutet das Studienergebnis aber schon jetzt, dass Eltern und Ärzte bei jungen Asthmapatienten noch genauer hinschauen sollten, meint Epidemiologin Christa Meisinger, die Leiterin der Studie. Die Augsburger Professorin will mit der aktuellen Asthma-Studie jetzt weitere Forschungsprojekte anstoßen, die nicht nur auf Untersuchungen, sondern auch auf Berechnungen basieren. "Aus medizinischer Sicht ist das großartig, dass es die großen genetischen Studien gibt. Es war ein langer Weg dahin, und jetzt können wir das nutzen." Und zwar, um den Betroffenen Leid zu ersparen, weil man durch das Wissen über die Zusammenhänge vielen früher helfen kann.

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