Markus Söder beim politischen Aschermittwoch der CSU
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Markus Söder beim politischen Aschermittwoch der CSU

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Aschermittwoch: Söders Spagat in der Flüchtlingsfrage

CSU-Chef Söder trifft am Aschermittwoch den Nerv der Basis - steht im Wahlkampf aber vor einem Spagat beim Thema Flüchtlingspolitik: AfD und Freien Wählern will er es nicht überlassen. Die Opposition sucht ihr Heil in der Attacke. Eine Analyse.

So viele Synonyme für eine Veranstaltung: "Der größte politische Stammtisch der Welt", "das politische Hochamt", "die Südkurve der CSU", "die Jahreshauptversammlung des Vereins für deutliche Aussprache". Mit viel Begeisterung und einer großen Portion Pathos feiert die CSU in Passau die Rückkehr des politischen Aschermittwochs in herkömmlicher Form - nach der Absage wegen des Ukraine-Kriegs 2022 und der Corona-bedingt digitalen Ausgabe 2021.

"Wir sind wieder da", ruft Parteichef Markus Söder zur Begrüßung in die Menge, "wie habe ich das, wie habe ich Euch vermisst." Und dieses Jahr passe der Aschermittwoch perfekt: Der Countdown zur Landtagswahl laufe. "Das wird ein Marathon mit Volldampf."

Söder: "Nein zu illegaler Zuwanderung"

Söder nutzt seine fast eineinhalbstündige Rede, um die CSU-Basis, die zwischenzeitlich zum Teil auch mit Söders Kurs gefremdelt hatte, verbal zu umarmen. Der bayerische Ministerpräsident weiß genau, was die Anhänger in der Passauer Dreiländerhalle von ihm erwarten – und sie bekommen es von ihm: eine Generalabrechnung mit der Ampel-Koalition im Bund ("schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte"), deftige Angriffe auf die Grünen ("Spielverderber" und "Stimmungskiller"), Kritik an Bundesministern ("Dauernervensäge" Karl Lauterbach) und Spott für "Klima-Kleber". Söder bekennt sich zum Auto und zum Fleischkonsum ("lieber Schweinsbraten statt Insekten oder Madenmüsli") - und erfreut die Menge mit seinem Nein zu einer "Gender-Pflicht".

Zum konservativ-bürgerlichen Profil, um das sich Söder im Wahlkampf bemüht, gehört zudem eine klare Linie in der Flüchtlingspolitik. Nachdem sich der Parteichef zu Jahresbeginn bei diesem Thema noch auffällig zurückgehalten hatte, spart er es in Passau nicht aus: Die CSU stehe zur Hilfe, versichert er, sage aber "Nein zu illegaler Zuwanderung nach Deutschland". Er warnt vor einer "Staatsbürgerschaft light" und stellt für die CSU klar: "Wer Deutscher werden will, muss auch deutsch sprechen können."

Es ist für Söder ein schwieriger Spagat, beim Thema Migration den richtigen Ton zu finden. Im Wahlkampf 2018 war ihm vorgeworfen worden, mit der Warnung vor "Asyl-Tourismus" am rechten Rand zu fischen - bis Söder sich selbst von dem Begriff distanzierte. Ähnlichen Vorwürfen will er nun keine Nahrung geben. Andererseits schlagen viele Kommunen wegen Schwierigkeiten bei der Flüchtlingsversorgung Alarm und Söder will das Thema nicht komplett anderen überlassen.

AfD poltert gegen Migranten

AfD-Landeschef Stephan Protschka hatte schon nach dem Rekord-Umfragewert seiner Partei im BR24 BayernTrend von 13 Prozent prophezeit: Im Wahlkampf werde die Zuwanderung wieder eine große Rolle spielen, "jeder Landkreis leidet darunter". Bei der Aschermittwoch-Kundgebung seiner Partei in Osterhofen skandieren die Zuhörer "Abschieben", und Protschka fordert: "Migranten-Stopp!". Mit Blick auf die zerstörten Häuser nach dem Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ruft er in den Saal: "Liebe Syrer, geht doch nach Hause, da gibt's Arbeit für Euch, da muss aufgeräumt werden."

Aiwanger: "Dinge beim Namen nennen"

Auch Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hatte nach dem BayernTrend angekündigt, das Thema Zuwanderung verstärkt aufzugreifen - denn die 13 Prozent für die AfD seien ein "Hilfeschrei der Bevölkerung". So beklagt er beim politischen Aschermittwoch in Deggendorf eine verfehlte Bundespolitik. Asyl dürfe es nur für politisch Verfolgte geben, betont der Vize-Ministerpräsident - und warnt vor Betrügern "mit gefälschtem Ausweis", von denen sich Deutschland "nicht verarschen lassen" dürfe. Und Menschen, die noch keinen deutschen Pass haben, müssten nach Gewalttaten "auf der Stelle abgeschoben werden". Aiwanger fügt hinzu: "Wir müssen hier die Dinge beim Namen nennen."

Söder warnt den Koalitionspartner davor, mit AfD-Positionen zu flirten. "Wer Schmutz anfasst, fängt irgendwann zu stinken an." Daran, dass ihm die Freien Wähler trotzdem näher sind als die Grünen, lässt der CSU-Chef in Passau keinen Zweifel: Er wolle nach der Landtagswahl im Oktober die derzeitige Koalition fortsetzen, verkündet Söder und bekräftigt mehrfach sein Nein zu Schwarz-Grün: "Der bayerische Himmel wird nicht grün, er soll weiß-blau bleiben mit der CSU."

Grüne spotten über "Möchtegern-Kanzler"

Die Grünen halten dennoch an ihrem Ziel fest, künftig mitzuregieren - und setzen darauf, dass der Rückhalt der CSU in den nächsten gut sieben Monaten schrumpft und "sich das Blatt in Bayern wendet", wie Fraktionschefin Katharina Schulze in Landshut sagt. "Am 8. Oktober haben die Bürgerinnen und Bürger die Wahl und niemand sonst."

Dem "Ego-Tripp" Söders wollen die Grünen Teamwork entgegensetzen. Um das zu verdeutlichen, halten die Spitzenkandidaten Schulze und Ludwig Hartmann in Landshut eine "Duo-Rede", bei der sie kräftig gegen den "Möchtegern-Kanzler" Söder und den "politischen Proleten" Aiwanger wettern. "Wir sind ein Team. Wenn Markus Söder ein Team-Meeting einberuft, dann kommt der Markus und der Maggus. Und das war's." CSU-Politik und Söders Führungsstil seien "nicht mehr zeitgemäß". Während das bayerische Duo Schulze/Hartmann einige Spitzen abfeuert, fremdelt Bundeschefin Ricarda Lang erkennbar mit dem bierseligen Polit-Spektakel Aschermittwoch.

SPD kritisiert gebrochene Söder-Versprechen

SPD-Landeschef Florian von Brunn hat erst gar keine Bundesprominenz in Vilshofen zu Gast - und könnte sich bestätigt fühlen. Auch weil damit ihm selbst mehr Platz in der Berichterstattung sicher ist. Angesichts schwacher Umfragewerte können die bayerischen Genossen und ihr Spitzenkandidat von Brunn etwas Publicity gut gebrauchen. Am Aschermittwoch präsentiert sich von Brunn gewohnt angriffslustig, spottet über Selfie-Söder, kritisiert dessen "Politik light" und geißelt Söders gebrochene Versprechen - wie beim Wohnungsbau und bei der Amtszeitbegrenzung.

FDP-Chef Lindner und die Selbstironie

Die FDP hat mit Parteichef Christian Lindner einen Bundesminister zu Gast - obwohl die Liberalen die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung besonders zu spüren bekommen. Nachdem die Partei zuletzt schon in Niedersachsen und Berlin aus dem Landesparlament geflogen ist, droht ihr nun das gleiche Schicksal im Freistaat: Der BayernTrend im Januar sah die FDP bei vier Prozent. Wie die anderen Oppositionsführer arbeitet sich auch Martin Hagen, der bayerische FDP-Vorsitzende und Fraktionschef der FDP im Landtag, am Aschermittwoch besonders an Söder, "dem Verwandlungskünstler der bayerischen Politik", und Aiwanger ab, "dem Mann, neben dem selbst die CSU seriös wirkt".

Bundeschef Lindner scherzt in Dingolfing, dass das Bier mehr Prozent habe als das Umfrageergebnis der FDP. "Aber auch das kennen wir. FDP ist eben, wenn du das Abenteuer suchst." Spitzenkandidat Hagen lacht höflich - und nimmt einen Schluck aus dem Bierkrug.

Das BR24live zum Politischen Aschermittwoch zum Nachsehen:

Markus Söder
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Politischer Aschermittwoch

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