Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder
Bildrechte: dpa/Peter Kneffel

Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder

  • Artikel mit Video-Inhalten

Aschermittwoch: Söder gegen die Ampel - fast alle gegen die CSU

Mit wechselseitigen Attacken haben die Parteien beim politischen Aschermittwoch in Niederbayern ihre Basis auf die siebeneinhalb Monate bis zur Landtagswahl eingeschworen. Die Highlights im Überblick.

CSU-Chef Markus Söder hat den politischen Aschermittwoch zu einem Rundumschlag gegen die Bundesregierung genutzt. Das Ampel-Prinzip seit mehr als einem Jahr sei, "spät entscheiden, hin und her entscheiden, handwerkliche Fehler machen und sich dabei zerstreiten", sagte der bayerische Ministerpräsident in seiner eineinhalbstündigen Rede vor rund 4.000 CSU-Anhängern in der Passauer Dreiländerhalle.

Die Entscheidungen zur Kernkraft seien "ohne Logik und Verstand" erfolgt. Die Ampel sei relativ ziellos bei zentralen Fragen der Politik, "aber sie ist total zielstrebig beim Umbau der Gesellschaft. Sie wollen ein anderes Land".

Söder kritisiert Flüchtlingspolitik

Deutliche Kritik äußerte der CSU-Vorsitzende an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Die Ampel müsse aufwachen. Deutschland stoße bei der Aufnahme von Geflüchteten an die Grenzen der Machbarkeit, die Bundesregierung organisiere "das Ganze katastrophal". Die CSU stehe zur Hilfe und zur Arbeitsmigration, "aber wir sagen Nein zu Überforderung der Kommunen und Nein zu illegaler Zuwanderung nach Deutschland".

Sollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht bald Vorschläge machen, "wie der Zugang gesteuert und die Kommunen entlastet" werden, könnte dies laut Söder ihr Ende im Kabinett bedeuten. Zudem bekräftigte Söder seine Ablehnung der Ampel-Pläne zur Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts. Voraussetzung für die deutsche Staatsbürgerschaft müsse ein Bekenntnis zum Land sein. "Wer Deutscher werden will, muss auch deutsch sprechen können", forderte der bayerische Ministerpräsident.

Viele Attacken auf die Grünen

Besonders ausgiebig arbeitete sich Söder an den Grünen ab: "Früher waren sie Oster-, jetzt sind sie Militärmarschierer." Man habe den Eindruck, dass sich die Grünen "geradezu in einen Kriegsrausch" redeten, insbesondere Außenministerin Annalena Baerbock. Eine Außenministerin müsse aufpassen, was sie sage. Söder rief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf: "Herr Scholz, stoppen Sie endlich Frau Baerbock mit ihren unbedachten Äußerungen zum Schaden unseres Landes." Die Grünen seien ein "Sicherheitsrisiko für unser Land".

Den Grünen-Politiker Robert Habeck bezeichnete Söder als schlechtesten Wirtschaftsminister aller Zeiten: "Ludwig Erhard würde im Grab rotieren, wenn er wüsste, dass er einen solchen Nachfolger hat." Darüber hinaus kritisierte der CSU-Chef die Grünen als die "größten Spielverderber und Stimmungskiller der Nation". Der Ministerpräsident bekräftigte seine Absage an ein Bündnis mit den Grünen im Freistaat: "Auch wenn sie es möchten und sich anbiedern: Wir machen kein Schwarz-Grün in Bayern."

Grüne: Söder soll endlich seine Arbeit machen

Bei der Kundgebung der Grünen in Landshut wies Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze Söders regelmäßige Angriffe in Richtung Berlin zurück: "Immer wieder zeigt er auf die Bundesregierung, wenn in Bayern was nicht klappt: 'Mimimimimi - die Ampel ist Schuld'."

An die Adresse des Ministerpräsidenten appellierte sie: "Ganz ehrlich Markus Söder: Legen Sie mal eine neue Platte auf, machen Sie endlich mal die Arbeit hier in Bayern und hören Sie auf immer nach Berlin zu meckern." Schulze lobte Niederbayern für die Spitzenposition bei der Solarenergie. "Das zeigt: Es geht, wenn man will", sagte Schulze. "Und deshalb verzeihe ich Euch auch so politische Proleten wie Hubert Aiwanger."

Bayerns Wirtschaftsminister war ein beliebtes Ziel der Grünen an diesem Aschermittwoch. Co-Fraktionschef Ludwig Hartmann sagte, es sei gut, wenn Bayern "zum Mekka der künstlichen Intelligenz" werde: "Wenn ich mir die Arbeit von Hubert Aiwanger anschaue, könnte ein wenig künstliche Intelligenz nicht schaden." Aiwanger und Söder seien die "Doppelnullleiter der Energiewende in Bayern". Schulze bekräftigte das Ziel, künftig mitzuregieren: "Die Menschen in Bayern haben Herz und Hirn, jetzt braucht es noch eine Regierung mit Herz und Hirn."

Grünen-Chefin Lang: Söder gefährdet Wohlstand

Grünen-Chefin Ricarda Lang beklagte, als Teil der Berliner Ampel habe die Partei einen schweren Rucksack von 16 Jahren Kanzlerschaft der Union zu tragen: "Warum werden Solarpanels in China gebaut und nicht hier in Bayern?", fragte sie: Weil der frühere Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) "eine florierende Industrie abgewürgt hat und wir so zehntausende von Arbeitsplätzen verloren haben".

Die immer wiederkehrenden Warnungen der CSU vor einem "Gender-Zwang" nannte Lang "Kulturkampftheater auf größter Bühne". Ihr sei es komplett egal, wie Söder rede. Nicht egal sei ihr hingegen, wenn Bayerns Ministerpräsident seine Meinung zum Verbrennermotor wechsle "wie andere ihre Unterhosen" und der Ausbau der Windkraft verschlafen werde. So gefährde Söder den Wohlstand von Bayern und Deutschland.

Aiwanger: Spott für die CSU, Kritik an der Ampel

Spott in Richtung Ampel-Regierung kam auch vom bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber bei den Freien Wählern. "Den größten Fachkräftemangel gibt es aktuell in Berlin, er heißt Bundesregierung." Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger grüßte zu Beginn seiner Rede die Koalitionspartner von der CSU. Es sei bekannt, dass der politische Aschermittwoch in Passau das "deutschlandweit größte Treffen von ehemaligen Doktortitelträgern" sei. 

Aiwanger ist die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ein Dorn im Auge: Wer nachweislich politisch verfolgt werde, für den gebe es in Bayern Platz, und für den werde auch gesorgt. "Wer aber zu uns kommt und sagt er ist politisch verfolgt und wenn man genau hinschaut ist er mit gefälschtem Ausweis unterwegs und kommt aus einem ganz anderen Land, ist angeblich erst 17 Jahre alt und hat eine Frisur wie ich. Meine Damen und Herren, dann sage ich: Von solchen Betrügern dürfen wir uns nicht verarschen lassen." 

Auch die seiner Ansicht nach schleppende Förderung von Wasserstoff-Lkw durch die Bundesregierung ärgert den Freie-Wähler-Chef. Berlin bremse den Fortschritt: "Jeder redet von der Verkehrswende, aber was Berlin anstrebt, ist offenbar das Verkehrsende."

Hubert Aiwanger
Bildrechte: BR

Hubert Aiwanger

AfD-Landeschef Protschka: Strauß wäre AfD-Bundesvorsitzender

Die AfD versuchte, sich beim politischen Aschermittwoch als die bessere CSU anzubieten. Nicht nur, dass die Redner am Anfang mit dem Defiliermarsch in den Saal im niederbayerischen Osterhofen einzogen: AfD-Landeschef Stephan Protschka meinte, dass die CSU nicht einmal mehr die Landwirte vertrete. Heute wäre Franz Josef Strauß der Bundesvorsitzende der AfD, sagte Protschka, der auf seinem Rednerpult eine kleine Figur der CSU-Legende stehen hatte: "Wir sind eine deutschlandweite CSU, die schon lange vonnöten war." Dem Freie-Wähler-Vorsitzenden Aiwanger warf der AfD-Politiker vor, das Einzige, was er könne, sei "ein Hofknicks" vor Söder.

Beim AfD-Kernthema "Ausländer" forderte Protschka: "Unser Land zuerst." Solange in Deutschland Rentner Flaschen sammeln müssten, könne das Land keine weiteren Migranten aufnehmen. "Abschieben" skandierte das Publikum bei der Rede von Katrin Ebner-Steiner. Die ehemalige Landtags-Fraktionsvorsitzende entwarf eine Zukunftsvision, in der die AfD bayern- und deutschlandweit an der Regierung wäre, dabei die "Hintermänner des Corona-Betrugs" zur Rechenschaft zöge und Illegale in "großer Zahl" abschieben würde. Und Ebner-Steiner malte auch ihr Anti-Bild: eine Welt, in der Windräder dominieren, die Menschen zum "Mehlwurm-Barbecue" gehen, "Gender-Deutsch" Amtssprache ist und in München eine "Liebfrauen-Moschee" steht.

AfD-Landesvorsitzender Stephan Protschka beim Politischen Aschermittwoch
Bildrechte: BR

AfD-Landesvorsitzender Stephan Protschka beim Politischen Aschermittwoch

SPD: Söders neue Light-Kultur

Der SPD-Landesvorsitzende Florian von Brunn spottete in Vilshofen über Söders Selbstdarstellung in den sozialen Medien. "Eigentlich ist es so, dass der Stuhl des Ministerpräsidenten im Landtag schon heute nicht mehr besetzt ist, denn Selfie-Söder ist so selten im Landtag wie die CSU im Kanzleramt." Dafür erscheine er ständig in allen sozialen Medien. "Man könnte schon meinen, das S in CSU stünde für Social Media." Würde Söder eine Bäckerei aufmachen, scherzte von Brunn, wäre dies eine große Show auf den Social-Media-Kanälen. "Aber ich sage euch eins: Gebacken werden da nur ganz kleine Semmeln und meistens bliebe die Theke leer."

Durch dieses "Ego-Shooter"-Tun schleifen aus Sicht der SPD viele andere Themen: "Machen statt Södern", betonte von Brunn daher immer den eigenen Anspruch der SPD. Beim Thema Energie hänge Bayern etwa am "Tropf der anderen Bundesländer". Im vergangenen Jahr seien im Freistaat gerade einmal 14 neue Windräder entstanden: "Gerade wie der Söder seine Backen immer aufbläst, ist diese Bilanz schon ein arg dünnes Lüftchen." Söder trinke Cola-Light statt Starkbier - das färbe auch auf seine Politik ab: "Söders neue Light-Kultur" sei das.

Die SPD wolle im Gegensatz zur CSU auch die Geothermie massiv ausbauen: "Das ist wichtiger als Söders Raumfahrtprogramm - das hätte nur einen Zweck, dass man die endlich zum Mond schießen kann", rief der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag in den Wolferstetter Keller.

Dem SPD -Landeschef Florian von Brunn wird das am politischen Aschermittwoch zu viel.
Bildrechte: BR

Dem SPD -Landeschef Florian von Brunn wird das am politischen Aschermittwoch zu viel.

Lindner verbreitet bei der FDP Zuversicht

Trotz der schlechten Umfragewerte der FDP in Bayern - sie kratzen an der Fünf-Prozent-Hürde - war Christian Lindner zu Beginn seiner Rede über diese Situation zu scherzen bereit: "FDP ist, wenn du das Abenteuer suchst", hielt der Bundesfinanzminister fest und witzelte, dass das Bier bei der CSU in Passau wohl mehr Prozente habe als die FDP aktuell in den Befragungen. Aber im Oktober, nach der Wahl, da werde das andersherum sein - mehr Prozent als das Starkbier vom Wahlabend.

Wie Lindner teilte auch der bayerische FDP-Fraktionschef Martin Hagen gegen Söder und die CSU aus: "Söder ist ja der Verwandlungskünstler der bayerischen Politik - ich rede jetzt nicht von den Fastnachtskostümen -, sondern ich spreche von seinen politischen Verwandlungen, vom Kruzifix schwingenden Scharfmacher zum Bäume umarmenden Grünen-Versteher, vom 'Team Vorsicht' zum 'Team Freiheit', vom Kernkraftgegner zum Kernkraftbefürworter."

Lindner schob hinterher: "Die CSU, das ist die Partei für Leute, denen eine Meinung nicht genügt, sondern die alle Meinungen wollen und das Gegenteil." Solche spitzen Formulierungen nutzte der FDP-Chef im Rest seiner Rede selten - er wollte sich auch da von anderen Parteien abgrenzen. So sprach er darüber, dass er 100 Milliarden Euro Schulden nicht leichtfertig aufnehme, sie aber im Interesse des Landes seien. Generell kämen von allen Seiten Forderungen nach mehr Geld auf ihn zu. Doch erst müsste Deutschland die Voraussetzungen in der Wirtschaft schaffen, bevor danach soziale, ökologische und sicherheitspolitische Ausgaben beschlossen werden könnten. Die Kollegen sollten lieber in der Fastenzeit auf tägliche Forderungen nach Steuererhöhungen verzichten.

Linke ruft im Ukraine-Krieg zu Verhandlungen statt Waffenlieferungen auf

Die Linken-Co-Chefin Janine Wissler hielt Söder in direkter örtlicher Nähe aus Passau eine "äußerst dürftige Bilanz" vor: "Markus Söder, der kann sich ja zur Fastnacht verkleiden als Superheld oder als Prophet, als König oder als Gottheit, aber er sollte sich nicht dafür halten." Im Bezug auf den Ukraine-Krieg zeigte sie sich entsetzt über die Vorstellungen des neuesten SPD-Bundesministers: "Und jetzt fordert der neue Verteidigungsminister Pistorius - manchmal denkt man, Pistolius wäre langsam treffender - jetzt fordert er noch mehr Geld für die Rüstung." Dieses Geld werde dringend für andere zentrale Fragen gebraucht. Wissler lehnte die Lieferung schwerer Waffen ab und rief stattdessen zu Verhandlungen auf.

FDP-Chef Christian Lindner beim Politischen Aschermittwoch.
Bildrechte: BR

FDP-Chef Christian Lindner beim Politischen Aschermittwoch.

Das BR24live zum Politischen Aschermittwoch zum Nachsehen:

Markus Söder
Bildrechte: picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON

Politischer Aschermittwoch

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!