Nach dem gewalttätigen Übergriff auf einen Obdachlosen im vergangenen Sommer hat das Landgericht Aschaffenburg am Freitag das Urteil gegen zwei junge Männer gesprochen. Der 22-jährige Angeklagte muss für vier Jahre und neun Monate in eine forensische Entziehungsanstalt. Sein 20 Jahre alter Mittäter wurde nach Jugendstrafrecht zu fünf Jahren in einem Jugendgefängnis verurteilt.
Beide Angeklagte wurden wegen gefährlicher Körperverletzung und Geiselnahme verurteilt. Sie hatten im Verlauf des Prozesses die Tat gestanden. Die beiden jungen Männer waren schon vor der Tat polizeibekannt. Im Fall des Jüngeren flossen zusätzlich zwei frühere Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in das Urteil ein.
Obdachlosen über 30 Minuten geprügelt, gedemütigt, gefilmt
Die brutale Tat ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 11. August 2024: Die beiden Männer trafen ihr 48-jähriges Opfer am Aschaffenburger Hauptbahnhof und lockten es laut Anklage in den nahegelegenen Schlosspark. Dort malträtierten sie den Mann über eine halbe Stunde mit Fäusten, Tritten, einem Ast und einem tragbaren Lautsprecher. Sie beleidigten und demütigten ihn, während sie Teile der Tat mit dem Handy filmten. Erst als ein Jogger die Polizei rief und die Beamten mit gezogener Dienstwaffe eingriffen, endete das Martyrium.
Der 48-Jährige erlitt schwere Kopfverletzungen und lag 15 Tage auf der Intensivstation. Vor Gericht schilderte er die psychischen Langzeitfolgen. Beide Täter hatten die Tat zum Prozessauftakt gestanden und sich entschuldigt. Der Ältere zahlte dem Opfer 2.500 Euro Schmerzensgeld, der Jüngere 300 Euro – beide Beträge wurden angenommen.
Verminderte Schuldfähigkeit durch Alkoholeinfluss
Zur Tatzeit waren beide Täter stark alkoholisiert. Laut Gericht gelten sie deshalb als vermindert schuldfähig. Beim 22-Jährigen wurde eine manifeste Alkoholsucht festgestellt, weshalb er in eine Entzugsanstalt eingewiesen wird. Beim 20-Jährigen sprachen Gutachter von einer Reifeverzögerung und geistigen Einschränkung. Hinweise auf frühkindlichen Autismus, die in der Vergangenheit geäußert wurden, sah das Gericht nicht bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre Haft für den Älteren gefordert. Der Anwalt des 22-Jährigen hatte eine mehrjährige Therapie mit Unterbringung beantragt. Für den jüngeren Angeklagten wurde eine Jugendstrafe von fünf Jahren beantragt – dieser Forderung folgte das Gericht.
Tiefe Betroffenheit in Aschaffenburg
Der Fall hatte in Aschaffenburg für große Bestürzung gesorgt. Die Gewaltbereitschaft und das gezielte Filmen der Tat hatten auch im Gerichtssaal für Entsetzen gesorgt – vor allem, weil auf dem Handy des 20-Jährigen laut Polizei auch gewaltverherrlichende Inhalte und Pornografie gefunden wurden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Zwei junge Männer schlagen einen Obdachlosen halbtot und filmen die Tat: Die beiden Angeklagten verdecken ihre Gesichter.
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