Wegen Verdachts auf Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern hat die Polizei am Dienstag sieben Objekte im Raum Aschaffenburg und im angrenzenden Hessen durchsucht. "Es geht um die Sicherung von Beweismitteln", sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München der Deutschen Presseagentur.
Ermittlungen gegen vier Verdächtige
Verdächtig seien vier Personen, gegen die im Zusammenhang mit Abstimmungen im Stadtrat von Aschaffenburg in den Jahren 2015 und 2019 ermittelt werde. Worum es bei den entsprechenden Stadtratsabstimmungen ging ist bislang noch unklar. Dass es sich um Vorgänge rund um Bauprojekte handeln könnte, wollte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft gegenüber BR24 weder bestätigen noch dementieren. Bei der Razzia seien Beweismittel sichergestellt worden, unter anderem Dokumente, Computer und Smartphones. Diese müssten nun ausgewertet werden. Eine zeitliche Prognose, wie lange das dauern könnte, wollte der Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft nicht abgeben. Die Daten seien "sehr umfangreich".
Haftbefehle gegen die Beschuldigten hätten nicht vorgelegen. "Es gibt keine Anhaltspunkte für einen Haftgrund wie Fluchtgefahr", so der Sprecher. Weitere Angaben könnten aufgrund der laufenden Ermittlungen derzeit nicht gemacht werden.
Oberbürgermeister Herzing: Ermittlungen gegen ein Stadtratsmitglied
Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) teilte auf BR24-Anfrage mit, dass gegen ein Stadtratsmitglied ermittelt wird. Insgesamt bestehe gegen vier Personen der Anfangsverdacht der Bestechung und Bestechlichkeit. Herzing verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass "für die Beteiligten, wie für alle Menschen, die Unschuldsvermutung gilt, so lange der Anfangsverdacht nicht bestätigt ist." Nach Informationen der Deutschen Presse Agentur (dpa) sollen von den Vorgängen unter anderem SPD-Mandatsträger betroffen sein. Der Stadtrat Aschaffenburg besteht aus dem Oberbürgermeister und 44 Stadtratsmitgliedern, 12 davon gehören der SPD-Fraktion an.

Katrin Küx
Betroffenheit in Aschaffenburger Stadtrat
"Es hat uns völlig kalt erwischt, wir haben keine Ahnung, um wen es geht", äußert sich Erich Henke, Fraktionsvorsitzender der SPD im Aschaffenburger Stadtrat gegenüber BR24. Er habe seine Stadtratskollegen für Dienstagabend zu einer Sondersitzung eingeladen. "Hoffentlich wissen wir bis dahin mehr", so Henke.
Auch Peter Schweickard, der Vorsitzende der CSU-Fraktion, zeigt sich betroffen. "Wir sind völlig ahnungslos und aus allen Wolken gefallen. Doch aktuell können wir nur spekulieren, wer und ob da jemand die Hand aufgehalten hat. Wir wissen ja noch nicht mal, welche Fraktion betroffen ist und um welches Thema es überhaupt geht", so Schweickard auf Anfrage. Zumindest im Fraktionsvorstand werde man sich zeitnah treffen und das Thema erörtern.
Warum die Generalstaatsanwaltschaft zuständig ist
Der ehemalige bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) betont, die Sonderzuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft ergebe sich aus dem Bundesrecht. Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung schließe auch kommunale Mandatsträger mit ein. "Es ist natürlich wichtig, dass solche Fälle restlos aufgeklärt werden. Denn es geht letztendlich um das Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Mandatsträger. Das ist der Grundpfeiler unserer Demokratie", so Bausback, der im aktuellen Stadtrat von Aschaffenburg sitzt.
Gerichtsverhandlung wenn dann in München
Sollte es zu einer Gerichtsverhandlung kommen, so würde diese auch in München stattfinden. Infrage kommt laut Generalstaatsanwaltschaft der Paragraf 108e des Strafgesetzbuches: Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Danach sind bei derartigen Delikten Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren möglich, in minder schweren Fällen mit Haftstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Mit Informationen der dpa
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