Blumen auf einer Wiese
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Artenvielfalt: Interesse an Blühpatenschaften schrumpft

"Rettet die Bienen" war das erfolgreichste Volksbegehren in Bayern. Doch heute sind immer weniger Menschen bereit, Patenschaften für die von Landwirten angelegten Blühwiesen zu übernehmen. Dennoch trotzen einige Projekte diesem Trend.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Mehr als 1,7 Millionen Menschen in Bayern haben 2019 für das Volksbegehren "Rettet die Bienen" unterschrieben. Es war damit das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte des Freistaats. Die Politik reagierte und verabschiedete daraufhin zwei Gesetze für mehr Artenvielfalt und Biodiversität. Zahlreiche Kommunen, Vereine und Privatinitiativen nahmen sich des Themas an, aber auch die wegen ihrer angeblich wenig umweltfreundlichen Wirtschaftsweise oft gescholtenen Landwirte. Viele von ihnen säten sogenannte Blühwiesen auf ihren Ackerflächen an und boten Blühpatenschaften an. Das heißt: Privatpersonen konnten gegen einen Geldbetrag einen bestimmten Anteil an einer Blühwiese fördern. Der Landwirt legte diese dann auf seinen Flächen an und kümmerte sich um die Pflege.

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Blühpatenschaften in der Landwirtschaft rückgängig

Auch Franz Lehner aus Rain bei Straubing startete 2020 ein entsprechendes Projekt. Das Ergebnis: Auf seiner Wiese tummeln sich heute seltene Arten wie die blauschwarze Holzbiene, die Maskenbiene oder die graue Sandbiene. Es blühen Steinklee und Moschusmalve, Labkraut und Lichtnelke. Eine Oase für die Natur am Ortsrand von Rain bei Straubing, bezahlt von 231 Blühpatinnen und Blühpaten aus ganz Deutschland. Um den Kontakt zu seinen Paten zu halten, verschickt Franz Lehner monatlich einen Newsletter, organisiert Blühpatenfeste, betreut seine Internetseite und hat Infotafeln in der Blühwiese aufgestellt. Denn den Dialog hält Franz Lehner für das Wichtigste, wenn Blühpatenschaften erfolgreich sein sollen. Trotzdem ist der Kreis seiner Blühpaten mittlerweile schon wieder kleiner geworden.

Viele Blühwiesen sind bereits wieder umgeackert

Auch Nicolas Liebig, Sprecher der Bayerischen Landschaftspflegeverbände, beobachtet einen tendenziellen Rückgang, der für ihn jedoch nicht überraschend kommt. Es sei zu befürchten gewesen, dass das Interesse am Thema nach einiger Zeit wieder nachlasse. Insektensterben sei durch das Volksbegehren ins Bewusstsein der Menschen gekommen, mittlerweile aber auch oft wieder daraus verschwunden. "Wenn nach ein oder zwei Jahren dann wieder die Zahlungsaufforderung für die Blühpatenschaft kommt, dann verabschieden sich viele wieder", so Liebing. Landwirte von Niederbayern bis Unterfranken spüren diese Entwicklung. Einige haben ihre Blühpatenprojekte komplett eingestellt. Andere haben die Blühwiesen verkleinert, teilweise umgeackert und bauen darauf wieder Kartoffeln, Zuckerrüben oder Mais an. Beim Bayerischen Bauernverband gibt es einen Überblick über Blühpatenprojekte in Bayern. Die Übersicht wurde vor zwei Jahren angelegt. Ob alle Projekte noch aktiv seien, könne man nicht sicher sagen, so der Bayerische Bauernverband zu BR24.

    • Zum Artikel: Schluss mit Artenvielfalt und Umweltschutz auf dem Acker?

Gemeinnützige Blühpatenschaften trotzen dem Trend

Eine Blühpatenschaft ermöglicht es Firmen oder Menschen, die keinen Garten haben, sich für den Artenschutz zu engagieren. 50 Euro pro Jahr bezahlen die Blühpatinnen und Blühpaten von Franz Lehner für 100 Quadratmeter. Bei vielen Verbänden, Vereinen und Privatinitiativen gibt es aber ebenfalls Blühpatenschaften, oft auf Spendenbasis und sogar steuerlich absetzbar. Matthias Wucherer, der Leiter des Netzwerks "Blühende Landschaft" zum Beispiel kann den Trend aus der Landwirtschaft nicht bestätigen. "Unser Netzwerk ist weiter auf Wachstumskurs. Wir mussten sogar zusätzliches Personal einstellen, das sich um die Betreuung der Blühpaten kümmert", sagt Wucherer.

Biodiversität fördern hat ihren Preis

Landwirte können ihre Blühflächen auch über das bayerische Kulturlandschaftsprogramm fördern lassen. Wirtschaftlich ist das aber meistens nicht. Im Fall von Franz Lehner aus Rain bei Straubing würden die staatlichen Mittel bestenfalls reichen, die Kosten zu decken. Verdient sei damit noch nichts. Biodiversität ist ihm wichtig. Aber: "Ich kann das nicht umsonst machen, ich mag es auch nicht umsonst machen, weil ich habe auch am Ende eines Jahres eine Familie zu ernähren. Und deswegen ist die finanzielle Unterstützung einfach auch wichtig", sagt Franz Lehner.

Für Nicolas Liebig vom Landschaftspflegeverband liegt das Problem deutlich tiefer. Blühflächen seien eine schöne Idee und zweifellos ein wertvoller Beitrag. Die Lösung für mehr Biodiversität seien sie aber nicht. "Wenn es so einfach wäre, ein paar Samen in die Gegend zu werfen, dann wäre das Insektensterben schon lange gelöst", so Liebig. Vielmehr müsse die Politik weitere Schritte machen, um das Problem nachhaltig anzugehen.

Für Landwirt Franz Lehner wird es im kommenden Winter spannend. Denn die Blühpaten haben ihre Verträge für drei Jahre von 2020 bis 2022 abgeschlossen. Franz Lehner befürchtet, dass nur die Hälfte von ihnen ihre Patenschaft verlängern wird. Seine große Blühwiese will er trotzdem erst mal weiterbestehen lassen. Wie lange – das hänge davon ab, ob sich auf Dauer genügend Menschen fänden, die das Projekt unterstützen.

    • Zum Artikel: "Mehr Artenvielfalt für Bayern: Neue App soll Landwirten helfen"

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