Nach dem Ampel-Aus hat der vorgezogene Bundestagswahlkampf in Deutschland begonnen, bevor voraussichtlich am 23. Februar gewählt wird. Im neuen ARD-DeutschlandTrend verändert sich bei der Sonntagsfrage im Vergleich zur Erhebung vor zwei Wochen wenig. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, kämen CDU und CSU auf 33 Prozent (-1). Die Union wäre damit mit deutlichem Abstand stärkste Kraft. Die AfD liegt in der Umfrage bei 19 Prozent (+1).
Dahinter folgen gleichauf SPD und Grüne mit jeweils 14 Prozent. Für die SPD ist das ein Minus von zwei Prozentpunkten, die Grünen legen zwei Prozentpunkte zu. Das BSW erreicht im DeutschlandTrend bundesweit 6 Prozent. Die FDP kommt auf 4 Prozent – die Liberalen müssen wie die Linke (3 Prozent) nach derzeitigem Stand um den Einzug in den Bundestag zittern.
Wählerpotenzial: Plus für Union und AfD, Minus für Grüne und FDP
Beim Wählerpotenzial liegt ebenfalls die Union vorn. 55 Prozent der Befragten können sich vorstellen, bei der Bundestagswahl CDU/CSU zu wählen – inklusive derer, die bei der Sonntagsfrage bereits die Union angegeben haben. Die SPD zu wählen, können sich 47 Prozent vorstellen.
Grüne und FDP verlieren dagegen massiv im Vergleich zu Mai 2021. Noch 33 Prozent halten es für denkbar, die Grünen zu wählen – 63 Prozent nicht. Bei der FDP sind es aktuell 28 Prozent – für zwei von drei Befragte kommt die Wahl der FDP nicht infrage. Die AfD kann zulegen: Jeder Vierte kann sich derzeit vorstellen, die Partei zu wählen – knapp drei Viertel können das nicht. Das BSW kommt auf ein Wählerpotenzial von 20 Prozent, die Linke liegt bei 18 Prozent.
38 Prozent finden: Union sollte Bundesregierung anführen
Auf die Frage, wer die nächste Bundesregierung anführen sollte, antworten 38 Prozent der Befragten mit "CDU/CSU". Das sind allerdings acht Prozentpunkte weniger als Anfang November kurz nach dem Ampel-Aus. 15 Prozent sind für eine SPD-geführte Bundesregierung. Eine von der AfD geführte Bundesregierung wollen 13 Prozent, bei den Grünen sind es 8 Prozent.
K-Frage: Pistorius vorne, Scholz hinten
Wen nominiert die SPD als Kanzlerkandidaten – Amtsinhaber Olaf Scholz oder Verteidigungsminister Boris Pistorius? Diese Frage beschäftigte die Sozialdemokraten seit dem Ampel-Aus. Am Donnerstagabend erklärte Pistorius dann seinen Verzicht und sagte: "Olaf Scholz ist der richtige Kanzlerkandidat".
Im ARD-DeutschlandTrend, erhoben vor Pistorius' Absage, sehen das die meisten Befragten anders. 60 Prozent der Befragten sagen: Pistorius wäre für seine Partei ein guter Kanzlerkandidat. Bei Scholz findet das nur jeder Fünfte – vor der Bundestagswahl 2021 war es noch rund jeder Zweite.
Auch bei den SPD-Anhängern ist das Ergebnis deutlich: Hier halten 82 Prozent Pistorius für einen guten Kandidaten, bei Scholz sind es 58 Prozent. Auffällig ist, dass Pistorius im Gegensatz zu Scholz bei den Sympathisanten anderer Parteien vergleichsweise gut abschneidet. Drei Viertel der Unterstützer von CDU/CSU und Grünen sagen, dass Pistorius ein guter Kanzlerkandidat für die SPD wäre. Bei Anhängern des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist es fast jeder Zweite, bei AfD-Anhängern jeder Dritte.
Merz mit hoher Zustimmung bei Unions-Anhängern
Die anderen Kanzlerkandidaten kommen vor allem in den eigenen Reihen auf hohe Zustimmungswerte. Friedrich Merz halten 79 Prozent der Unions-Anhänger für einen guten Kandidaten. Robert Habeck kommt bei den Grünen-Sympathisanten auf 86 Prozent, Alice Weidel bei Unterstützern der AfD auf 91 Prozent. Bei Anhängern anderer Parteien schneidet Merz besser ab als Habeck und Weidel – der Unions-Kanzlerkandidat erreicht allerdings nicht Pistorius' Werte.
Insgesamt finden 42 Prozent aller Befragten, dass Merz ein guter Kanzlerkandidat für die Union ist. Bei Habeck und den Grünen sagen das 34 Prozent, bei Weidel und der AfD 30 Prozent.
Politikerzufriedenheit: Pistorius legt zu, Merz büßt ein
Ein ähnliches Bild wie bei der K-Frage zeigt der ARD-DeutschlandTrend bei der Politikerzufriedenheit. 61 Prozent sind mit der Arbeit von Verteidigungsminister Pistorius zufrieden oder sehr zufrieden, sechs Prozentpunkte mehr als Ende Oktober. Der CDU-Vorsitzende und Union-Fraktionschef Merz kommt auf 34 Prozent, ein Minus von sechs Punkten im Vergleich zu vor zwei Wochen.
Es folgen Habeck (29 Prozent), Weidel (24 Prozent), Wagenknecht (24 Prozent) und FDP-Chef Christian Lindner (21 Prozent). Bei der Politikerzufriedenheit am Ende der insgesamt abgefragten sieben Politiker steht Olaf Scholz mit 20 Prozent. Allerdings haben zu Scholz fast alle Befragten eine Meinung – bei Pistorius dagegen machten 16 Prozent keine Angaben.
Hinweis: Dieser Text wurde erstmals veröffentlicht, bevor Boris Pistorius seinen Verzicht auf die SPD-Kanzlerkandidatur bekannt gab. Nach Pistorius' Ankündigung wurde der Text aktualisiert.
Der ARD-DeutschlandTrend
Für den aktuellen ARD-DeutschlandTrend befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vom 18. bis 20. November 2024 insgesamt 1.318 Wahlberechtigte in Deutschland (782 Telefoninterviews und 536 Online-Interviews). Es handelt sich um eine repräsentative Studie.
Infratest dimap weist darauf hin, dass die Sonntagsfrage zur Bundestagswahl aktuelle Parteipräferenzen misst und kein tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag final abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem der Wahlkampf mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern.
Im Video: Mehrheit will Pistorius als Kanzlerkandidat
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