"Eine Amtszeitbegrenzung ist ein Signal für Demokratie und Demut". Mit diesen Worten wirbt Ministerpräsident Markus Söder für seinen Vorstoß.
"Diese Amtszeitbegrenzung ist ein wirklich fundamentales Signal von mehr Demokratie, von auch Begrenzung von Macht, auch ein Signal nach Deutschland hinein ..., dass wir damit auch der festen Überzeugung sind, dass es die Akzeptanz von demokratischen Prozessen stärkt und steigert." Markus Söder, Ministerpräsident Bayern
Die Idee einer Amtszeitbegrenzung für den Ministerpräsidenten hatte Söder erstmals im Januar bei der CSU-Fraktionsklausur in Banz ankündigt. Damals erntete er Zustimmung auch von den Oppositionsparteien im Landtag. SPD, Freie Wähler und Grüne forderten eine schnelle Verfassungsänderung noch in diesem Jahr.
Gesetzentwurf steht – Opposition kippt
"Wer das Amt des Ministerpräsidenten bereits zehn Jahre innehatte, kann nicht wiedergewählt werden". Um diesen Absatz soll Artikel 44 der bayerischen Verfassung ergänzt werden. Seit der Gesetzentwurf Ende April im Kabinett behandelt wurde, wachsen die Vorbehalte. Die Opposition will nicht mehr mitziehen.
Sagte SPD Fraktionschef Markus Rinderspacher noch im Januar: "Ich halte es für richtig, wenn Ministerpräsidenten nicht ewig im Amt sind“, meint er jetzt:
"Die CSU will jetzt den Eindruck erwecken, als sei Markus Söder demütig vor den Wählern. Das ist er in keinster Weise. Das ist ein fauler Zauber und dementsprechend besteht kein Anlass, Dr. Söder hier durch marschieren zu lassen." Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionsvorsitzender
Nach genauer Prüfung des Gesetzesentwurfes sei klargeworden, dass die ursprüngliche Ankündigung mit der Realisierung nur noch wenig zu tun habe, so Rinderspacher. So seien auch mit der Verfassungsänderung bis zu vierzehneinhalb Amtsjahre für den Ministerpräsidenten möglich. Im Übrigen hätte die CSU alle anderen Initiativen der Opposition für mehr Demokratie abgewehrt.
"Sie hat die Redezeit der Opposition beschränkt, sie will nicht die niedrigen Hürden beim Volksbegehren, sie will kein Informationsfreiheitsgesetz. Wenn es darum geht, mehr Demokratie zu wagen, gibt es jede Menge Möglichkeiten. Die Amtszeitbegrenzung ist keine Garantie für Demokratie." Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionsvorsitzender
Kehrtwende auch bei Grünen und Freien Wählern
Im Januar drängte Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann noch, Söder solle die Amtszeitbegrenzung sofort umsetzen, wenn er dies wolle. Das war zu schnell geschossen, meint Hartmann heute.
"Macht zu begrenzen hat immer einen gewissen Charme. Aber eine Verfassungsänderung, die wird nicht vom Zaun gebrochen. Man muss sich zwei Mal Gedanken darüber machen. es geht um unsere Verfassung, es geht um das Fundament unseres Zusammenlebens." Ludwig Hartmann, Landtagsfraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
Auch die Freien Wähler im Landtag halten Söders Ankündigung nur noch für Wahlkampfgetöse. Ursprünglich hatte Fraktionschef Hubert Aiwanger der CSU zugesichert, sie bei einer Verfassungsänderung zu unterstützen. Davon ist keine Rede mehr.
"Es war damals noch nicht absehbar, dass das so ein Showeffekt wird. Mittlerweile: Grenzpolizei, Kavallerie, Mondprogramm, Papstreise und Kreuzerlass … und da sagen wir ganz klar, in dieser Perlenkette noch sich als demütig anbieten zu wollen und die Verfassung zu ändern, nur um die persönliche Karriere zu befeuern - da spielen wir nicht mit." Hubert Aiwanger, Landtagsfraktionsvorsitzender Freie Wähler
Verfassungsänderung braucht Zwei-Drittel-Mehrheit
Für eine Verfassungsänderung braucht Söder eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Das sind 120 Stimmen. Die Christsozialen stellen aber nur 101 Abgeordnete. Ohne Oppositionsstimmen geht es also nicht.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende, Thomas Kreuzer, ist enttäuscht, aber wenig überrascht.
"Das ist Wahlkampf, und die Opposition boykottiert alles, was angepackt wird." Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionsvorsitzender
Und Ministerpräsident Markus Söder gibt sich kämpferisch.
"Offenkundig hat die Opposition nicht verstanden, wie die Bevölkerung denkt. Wir machen trotzdem weiter, wir werden es auch gesetzgeberisch beschließen und sollte es zu einer verfassungsändernden Mehrheit im Landtag nicht reichen, es gibt auch noch andere Wege." Markus Söder, Ministerpräsident Bayern
Dieser andere Weg wäre ein Volksbegehren. Damit kennt sich Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bestens aus und ermuntert den Ministerpräsidenten.
"Dann soll er ein Volksbegehren machen und soll auf die Straße gehen und während des Wahlkampfes Unterschriften sammeln für seine eigene Amtsbegrenzung. Da halte ich ihn nicht auf." Hubert Aiwanger, Landtagsfraktionsvorsitzender Freie Wähler
Und die Grünen haben so oder so keine Angst vor einem "ewigen Söder", betont Ludwig Hartmann."
"Wir können die Amtszeit von Söder über das Wahlsystem in Bayern beenden. Daran arbeiten wir jeden Tag. Ich bin überzeugt, am 14. Oktober hat die CSU keine absolute Mehrheit mehr. Dann wird es sicher in Bayern eine Koalitionsregierung geben. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer Koalitionsregierung ein Ministerpräsident über zehn Jahre im Amt ist." Ludwig Hartmann, Landtagsfraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
Heute debattiert der Verfassungsausschuss im Landtag über den Gesetzentwurf zur Amtszeitbegrenzung.