Das Pflegeheim "Haus am Kurpark" in Bad Neustadt soll am Jahresende schließen, weil es saniert werden muss. 55 Senioren brauchen deshalb einen neuen Pflegeplatz. Einer von ihnen ist der 95-jährige Adolf Dietzel. Er ist erst vor drei Monaten eingezogen. Er hat sich hier gut eingelebt und will nicht wieder weg. Denn ein Umzug würde wieder eine Veränderung bedeuten.
Händeringende Suche nach neuen Pflegeplätzen
Sein Sohn Norbert sagt, sein Vater wolle gar nicht daran denken, und darum versucht die Familie, das möglichst fern von ihm zu halten, um seine seelische Gesundheit zu schonen. Händeringend sucht er nun für seinen Vater einen neuen Pflegeplatz. Er steht im Moment auf vier Wartelisten in der direkten Umgebung, aber man hat ihm wenig Hoffnung gemacht, sagt er.
Ausweichplätze nur in großer Entfernung
Der Hauptbetreiber des Hauses, die Korian-Gruppe mit bundesweit 230 Einrichtungen, bietet den Senioreninnen und Senioren an, in einem anderen ihrer Häuser unterzukommen. Selbst die nächsten Heime liegen in Sennfeld und Schweinfurt, also mehr als 40 Kilometer entfernt. Dort oder anderswo hinzuziehen würde bedeuten, dass die Seniorinnen und Senioren ihr bisheriges soziales Umfeld verlieren.
Mitarbeiterin kritisiert Wirtschaftsmodell Pflege
Eine der 65 Mitarbeiterinnen des "Hauses am Kurpark" ist Krankenschwester Maja Fröhner. Auch sie muss sich nun einen neuen Arbeitsplatz suchen. Sie versteht, dass die Pflege seit einigen Jahren ein Wirtschaftsmodell ist. Und genau das kritisiert sie.
Sie verstehe den Konzern aus wirtschaftlicher Sicht, aber es handle sich hier eben nicht um Werkstücke, sondern um Menschen, sagt sie. Sie seien zum Teil in der Gegend verwurzelt und hier groß geworden. Nach Sennfeld zu ziehen, würde für manche eine Weltreise bedeuten.
Entwurzelung im hohen Alter
Außerdem müssten die - oft ebenfalls betagten - Angehörigen dann weiter fahren, um die Alten zu besuchen. Die Krankenschwester erzählt, dass sich manche Bewohnerinnen seit der Grundschule kennen. Sie seien ganz bewusst zusammen ins Altersheim gegangen und würden jetzt auseinandergerissen. Beim Betreiber finde man kein Gehör für diese Härten. Sie berichtet von weinenden Angehörigen und Bewohnern, weil sie nicht wissen, wie es weitergehen soll und wo sie hin kommen.
Notwendige Sanierung lohnt wirtschaftlich nicht
Während die Korian-Gruppe mit Sitz in München behauptet, dass die Rhön-Klinikum AG zu 25 Prozent an einer GmbH zum Betrieb des Seniorenpflegeheimes beteiligt sei, weist die Rhön-Klinikum das scharf zurück. Der Klinik-Konzern sei lediglich Vermieter des Hauses.
Laut Korian sind nach der Landesheimverordnung Umbauten erforderlich, aber nach einer möglichen Sanierung könnten von ursprünglich 118 Bewohnern dann nur noch 50 untergebracht werden. Aber damit sei der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich, so Korian. Eine Ersatzimmobilie nach dem heute nötigen Standard gibt es nicht. Was künftig mit dem Gebäude passiere, sei offen, schreibt die Rhön-Klinikum AG.
Übernahme von Pflegekräften nur mit Übernahme von Senioren
Sogenannte Fangprämien, wie im Wettbewerb üblich, würde die Rhön-Klinikum AG nicht zahlen um dringend benötigte Mitarbeitende den Altenpflegeeinrichtungen abzuwerben, heißt es von der Rhön-Klinikum AG weiter.
Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann ist von den Schließungsplänen überrascht worden. Er hat nun mit allen Einrichtungsleitern im Landkreis vereinbart: Wenn sie dringend gesuchte, arbeitslos werdende Pflegekräfte einstellen, müssen sie auch Bewohner aus dem "Haus am Kurpark" übernehmen.
Angehöriger: "Das Menschliche wird vergessen"
Norbert Dietzel fühlt sich bei der Suche nach einem Ersatzplatz für seinen Vater allein gelassen. Das findet er eine Zumutung.
"Das Wirtschaftliche wird sehr oft in den Vordergrund gestellt und das Menschliche wird dabei vergessen." Norbert Dietzel, Angehöriger
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