Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann spricht von einer "bedeutenden Zäsur", Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) von einem "wichtigen Wendepunkt": Erstmals nach nahezu drei Jahren wird es in Bayern ab Mittwoch keine eigenen Corona-Regeln für die Bevölkerung mehr geben. Das Kabinett beschloss, dass die Corona-Verordnungen und -Allgemeinverfügungen des Gesundheitsministeriums vorzeitig auslaufen. Damit fallen auch noch die wenigen letzten vom Freistaat vorgegebenen Beschränkungen weg - das betrifft Corona-Positive.
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"Das ist nicht nur ein symbolisch wichtiger Schritt, sondern markiert auch den Übergang zur neuen Normalität", betonte Holetschek. "Jetzt steht die Eigenverantwortung noch stärker im Vordergrund." Dank Impfungen und durchgemachter Infektionen gebe es in der Bevölkerung einen sehr hohen Immunitätsgrad.
Keine Maskenpflicht mehr für Corona-Positive
Die Staatsregierung lässt laut Herrmann unter anderem die "Allgemeinverfügung Corona-Schutzmaßnahmen" auslaufen. Damit enden die Maskenpflichten, Betretungs- und Tätigkeitsverbote für Corona-Positive.
Bisher mussten in Bayern positiv Getestete ab sechs Jahren außerhalb der eigenen Wohnung mindestens fünf Tage lang in Innenräumen und bei Gedränge im Freien eine Maske tragen. Zudem durften sie keine medizinischen und pflegerischen Einrichtungen besuchen. Dort galt auch ein Tätigkeitsverbot für positiv getestete Beschäftigte, Betreiber und Ehrenamtliche.
Corona-Verordnung wird abgeschafft
Erstmals seit Ende März 2020 wird es im Freistaat keine Infektionsschutzmaßnahmenverordnung mehr geben. Diese enthielt zuletzt aber schon keine Corona-Einschränkungen mehr, sondern lediglich allgemeine Verhaltensempfehlungen sowie bayerische Ausnahmen von bundesweiten Testpflichten. Da der Bund diese zum 1. März aufhebe, "gibt’s keinen Anwendungsbereich mehr für unsere Verordnung", erläuterte Herrmann. "Das ist der formale Grund, der inhaltliche Grund ist, dass die epidemiologische Lage nunmehr seit Wochen, letztlich seit Monaten sehr stabil ist."
Mehr als 100 Fassungen der Corona-Verordnungen
Am 24. März 2020 hatte das Gesundheitsministerium per Verordnung zunächst eine vorläufige Ausgangsbeschränkung festgelegt, drei Tage später folgte die erste Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen mit zahlreichen weiteren Einschränkungen. Insgesamt erließ das Ministerium im Lauf der Pandemie 17 Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen, die laut Herrmann insgesamt 87 Mal geändert wurden. "Das heißt, es gab über 100 verschiedene Fassungen dieser Verordnung", erläuterte der Staatskanzleichef. "Ich finde das schon beeindruckend." Es sei einerseits mit einem erheblichen verwaltungstechnischen und auch juristischen Aufwand verbunden gewesen, andererseits sei die Strategie unter dem Strich aber erfolgreich gewesen und habe Menschenleben gerettet.
Die per Verordnung festgelegten Regeln wurden im Laufe der drei Jahre immer wieder auch von Gerichten überprüft. In vielen Fällen wurden sie bestätigt, die Staatsregierung musste aber auch mehrere Schlappen hinnehmen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kippte unter anderem die 15-Kilometer-Grenze für Bewohner in Corona-Hotspots, die 2G-Regel im bayerischen Einzelhandel, das Übernachtungsverbot für Menschen aus Corona-Hotspots, das bayernweite Grillverbot, die Corona-Testpflicht für Grenzgänger und die vorgezogene Sperrstunde ab 22 Uhr für die Gastronomie. Die Corona-Ausgangsbeschränkung vom April 2020 stufte mittlerweile auch das Bundesverwaltungsgericht als unverhältnismäßig und unwirksam ein.
Corona-Bußgeldkatalog fällt weg
Auch der "Bußgeldkatalog Corona-Pandemie" gehört ab Mittwoch der Vergangenheit an. Er laufe aus, weil es in den bayerischen Regelungen keine "bußgeldbewährten Tatbestände" mehr gebe, sagte Staatskanzleichef Herrmann.
Zuletzt legte der Bußgeldkatalog noch den Regelsatz bei Verstößen gegen die Masken- und Testnachweispflichten fest: 250 Euro für Personen ab 14 Jahren. Stellte der Verantwortliche eines Betriebs oder einer Einrichtung die Einhaltung der Maskenpflicht nicht sicher, sollten 5.000 Euro fällig werden.
Letzte Bundesregeln bleiben
Bundesweit läuft ebenfalls zum 1. März die Maskenpflicht für Beschäftigte und Bewohner in Pflegeheimen und in Kliniken aus. Darüber hinaus wird die Testpflicht für Besucher und Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen abgeschafft.
Vorerst gültig bleibt im Infektionsschutzgesetz des Bundes noch die Maskenplicht für Besucherinnen und Besucher in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie für Patienten und Besucher in Arztpraxen und Tageskliniken. Diese Regelungen gelten noch bis 7. April.
Holetschek fordert Ende aller Maskenpflichten
Holetschek forderte die Bundesregierung erneut auf, die verbliebenen Maskenpflichten endlich aufzuheben. Er mahnte: "Es ist niemandem mehr zu vermitteln, dass beispielsweise Beschäftigte und Besucher in Pflegeheimen unterschiedlich behandelt werden: Der Beschäftigte, der von Zimmer zu Zimmer eilt, kann dies ohne Maske tun - der Besucher, der meist nur einen Bewohner besucht, aber nicht." Die Maskenpflicht sei ein Flickenteppich und müsse daher so schnell wie möglich weg.
Die Einrichtungen könnten nach Hausrecht weiterhin Masken- oder Testnachweispflichten anordnen - zum Beispiel in besonders sensiblen Bereiche wie der Onkologie. "Die Entscheidung darüber überlassen wir den Menschen in den Einrichtungen, die die nötige Expertise dafür haben und die Lage am allerbesten einschätzen können."

Corona-Testzentren schließen
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