Das Papier von Teilen der CSU-Fraktion, das BR24 vorliegt, hat es in sich. Die TU erfülle im Bereich Agrarwissenschaften ihre Aufgaben nicht mehr, heißt es dort. Zu den Aufgaben gehört nach Auffassung der CSU-Fraktion, fundierte wissenschaftliche Grundlagen für politische Entscheidungen, sachgerechte Umsetzung in der Praxis und eine wissensbasierte gesellschaftliche Diskussion zu liefern.
Außerdem attestieren die Autoren des Papiers der TU ein Nachwuchsproblem. Denn es fehlten akademische Ratgeber, Forschungsarbeiten mit aktuellem Praxisbezug und Agrarwissenschaftler aus Bayern, die nach ihrem Studium in internationalen Institutionen wie der EU-Kommission, in Bundesministerien und wissenschaftlichen Beiträten arbeiten würden.
Forderung: Generalisten, nicht nur Spezialisten
Die Bestandsanalyse klingt verheerend für die TU. Die Ursache für die Entwicklung, die Teile der CSU-Fraktion derart negativ bewertet: Freiwerdende Professorenstellen würden mit Grundlagenforschern besetzt. Neben diesen Spezialisten bräuchte es aber Generalisten, die die oben genannten Aufgaben erfüllen könnten. Konkret wird in dem Papier, das bereits im Oktober vergangenen Jahres verschickt wurde, gefordert, dass in den nächsten drei Jahren zehn Lehrstühle mit Generalisten besetzt werden.
CSU-Agrarexperte Schöffel: Lage ist kritisch
Der agrarpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Martin Schöffel, erneuert die Kritik auf BR24-Anfrage: Die Lage der Agrarwissenschaften an der TU München sei derzeit kritisch. "Die Zahl der Erstsemesterstudenten ist zu niedrig, offenbar hat die TUM ein Akzeptanzproblem bei Agrarstudenten. Dieses Defizit muss dringend bereinigt werden, durch die Berufung bekannter Professoren der Agrarwissenschaften", schreibt der CSU-Mann. Mit Sorge beobachten Agrarexperten in der CSU-Fraktion, dass die Universität Hohenheim als die Universität für Agrarwissenschaften wahrgenommen wird.
Technische Universität kontert selbstbewusst
Die TU gibt sich auf Anfrage selbstbewusst, verweist auf gleichbleibende Studierendenzahlen über die Jahre hinweg und auf internationale Rankings, in denen die Agrarwissenschaften der München Uni unter den ersten drei Plätzen rangieren. Ein Sprecher räumt aber ein: "So müssen wir insbesondere daran arbeiten, unsere neuen Erkenntnisse und Technologien noch effektiver in Anwendung und die agrarwissenschaftliche Praxis zu überführen."
Politisches Ziel: Mehr Kooperation
Schon seit zwei Jahren arbeiten die TU, die Hochschule und die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die alle drei an einem Campus in Weihenstephan angesiedelt sind, an einer "verstärkten Kooperation", teilt Eric Veulliet, Präsident der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf auf BR-Anfrage mit. Es zeige sich, dass die drei Organisationen sich "hervorragend ergänzen". Aber offenbar sieht auch Veulliet noch Verbesserungsbedarf: Durch eine "smarte Kooperation" könnten alle drei in Zusammenarbeit eine "europa-, sogar weltweite Führungsposition" einnehmen, so Veulliet.
Im Juni vergangenen Jahres hat das bayerische Kabinett als Ziel ausgegeben, einen "integrierten Agrarcampus Weihenstephan zu formen". Ein Gremium mit externen Experten, "Sounding-Board" genannt, solle konkrete Maßnahmen erarbeiten.
Gerüchte über Zusammenlegung TU und Hochschule
Seit einigen Wochen brodelt das Gerücht, Universität und Hochschule könnten zusammengelegt werden. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Benno Zierer ist alarmiert und teilt mit: "Eine Eingliederung der Hochschule in die TU - wie immer diese auch aussehen würde - lehne ich strikt ab und würde dagegen auch in der Landtagsfraktion der Freien Wähler mobilisieren." Der Hochschulpräsident Eric Veulliet gibt sich gelassen, eine Teilfusion stehe nicht zur Debatte und wäre nicht sinnvoll. Aus der Technischen Universität heißt es dazu, beide würden sich "hervorragend ergänzen".
Wissenschaftsministerium: Ergebnissen nicht vorgreifen
Wissenschaftsminister Markus Blume, CSU, wiederholt auf Anfrage mehr oder weniger den Kabinettsbeschluss aus dem vergangenen Jahr: "Wir haben in Weihenstephan mit herausragenden Einrichtungen alle Chancen. Ziel ist, einen europaweit einzigartigen integrierten Agrarcampus Weihenstephan zu schaffen."
Und aus dem Ministerium heißt es, man wolle den Ergebnissen der Beratungen des Expertengremiums nicht vorgreifen.
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