Mit der Müllverbrennungsanlage vor der Haustür leben die Menschen in Schwandorf schon seit Jahrzehnten. Dass hier auch Abfälle aus Atomkraftwerken verbrannt werden, wusste hier aber lange kaum jemand, sagt der Schwandorfer SPD-Politiker Franz Schindler. "Wir haben das nur zufällig erfahren. die Verantwortlichen tun so, als sei das ganz normal und verstehen nicht, warum sich die Menschen hier aufregen."
Putzlappen, Schutzanzüge, Verpackungen
Es ist natürlich kein hochradioaktiver Atommüll, der im Schwandorfer Müllkraftwerk zusammen mit dem ganz gewöhnlichen Hausmüll verbrannt wird, sondern sogenannter "freigemessener" Abfall. Putzlappen, Schutzanzüge oder Verpackungen, die im Atomkraftwerken anfallen. Deren Strahlung ist verschwindend gering.
Landesamt für Umwelt beschwichtigt
Der Müll darf deshalb als normaler Gewerbemüll verbrannt werden. Auch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) sieht kein Risiko. "Der für den Schutz der Bevölkerung gesetzlich vorgegebene Grenzwert von 10 Mikrosievert pro Jahr für die Strahlenexposition wird sicher eingehalten. Für die Bevölkerung besteht keine Gefahr", teilt das Landesamt mit. Die mittlere Strahlenexposition allein durch natürliche Radioaktivität für die Bevölkerung in Deutschland liege mit 2100 Mikrosievert pro Jahr deutlich darüber, so das LfU.
Schwandorfer Landrat: "Emotionales Thema"
Der Vorsitzende des Zweckverbands Müllverwertung Schwandorf, Landrat Thomas Ebeling, sieht deshalb auch keinen Handlungsbedarf. Müll aus Atomkraftwerken sei natürlich ein emotionales Thema, sagt Ebeling. "Auf der anderen Seite gibt es wissenschaftliche Verfahren, die doppelt und dreifach abgesichert sind. Ich denke, da sollte man sich auf die Wissenschaft auch verlassen dürfen", sagt der Schwandorfer Landrat.
Kritik an Abfallentsorgung
Das alle geltenden Regeln eingehalten werden, bestreitet auch Franz Schindler nicht. Der jahrzehntealte Grenzwert sei aus seiner Sicht aber völlig willkürlich gewählt, so dass ein Restrisiko bleibe. "Die gleichen Herrschaften, die uns jetzt erklären, dass freigemessene Abfälle völlig ungefährlich sind, haben uns vor 35 Jahren erklärt, wie ungefährlich Atomkraftwerke oder eine WAA sind. Nach Tschernobyl und Fukushima haben die gleichen dann gesagt, sie seien schon immer dagegen gewesen", sagt Schindler.
Nicht nur Müll auf Isar 1 und Isar 2
Mit seiner Kritik steht Schindler nicht alleine. Viele stört vor allem, dass nicht nur Müll aus den AKWs Isar 1 und 2 bei Landshut verbrannt wird. Diese beiden stehen auf dem Gebiet des kommunalen Zweckverbands und wären wohl nur schwer zu verhindern.
Fremdmüll wird nach Schwandorf gefahren
Anders das AKW Grafenrheinfeld bei Schweinfurt. Dessen freigemessener Abfall wird ebenfalls nach Schwandorf gefahren und nicht ins Müllkraftwerk vor Ort. "Hier stellt sich schon die Frage: Wenn die beschließen können, wir nehmen das nicht, warum dann die Schwandorfer sagen: 'Schickt es zu uns, wir nehmen das schon.'", sagt Franz Schindler.
Gespräche über Abfallentsorgung
Landrat Ebeling führt deshalb auch bereits Gespräche mit seinem Schweinfurter Kollegen. Man müsse sehen, wie sich das entwickelt. Er sei allerdings auch ein Gegner des Florians-Prinzips, sagt der Landrat. "Man kann nicht immer nur sagen, soll’s jemand anders machen. Das Verfahren ist wirklich so, dass man sich hinstellen kann, und sagen kann, das Ganze ist unbedenklich."
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