Geerntete Zapfen der Weißtanne liegen auf einer Ladefläche.
Bildrechte: BR/Katharina Reichart

Geerntete Zapfen der Weißtanne liegen auf einer Ladefläche.

  • Artikel mit Video-Inhalten

Klimaresistente Bäume: Weißtannen-Zapfen-Ernte in Schwaben

Angesichts des Klimawandels braucht es robuste Bäume, die sich auch noch in 100 Jahren bei uns behaupten können. Dazu gehört die Weißtanne. Spezialisten sammeln jetzt ihre Zapfen. Einfach ist das nicht, die Ernte wird oben in den Baumkronen erledigt.

Die Trockenheit stellt unsere Forstwirtschaft vor neue Herausforderungen. Damit der Wald fit für die Zukunft ist, muss er umgebaut werden – weg von der oft verbreiteten Fichten-Monokultur hin zu einem klimastabilen Mischwald. Als eine Baumart für den Wald der Zukunft gilt die Weißtanne. Allerdings gibt es die nicht überall, deshalb werden jetzt im Westallgäu Zapfen der Weißtannen geerntet.

Betörender Duft aus dem Auflieger

Mitten im Wald - südwestlich von Oberreute und Weiler-Simmerberg - steht ein LKW-Auflieger. Darin werden bis zu ihrem Abtransport die frisch geernteten Weißtannenzapfen gelagert. Sie verströmen einen betörend würzigen Harzgeruch. Ideal zum Waldbaden, meint Andreas Täger, Geschäftsführer der Westallgäuer Waldbesitzervereinigung, augenzwinkernd.

Allerdings sollen die Weißtannenzapfen mehr liefern als entspanntes Wohlbefinden. Aus den Samen der Zapfen werden Weißtannen-Setzlinge gezogen, die später wieder ausgepflanzt werden. Sie sollen zum klimaresistenten Waldumbau beitragen.

Klimastabiler Baum, der Trockenheit besser bewältigt

Denn die Weißtanne gilt als klimastabil. Das heißt, sie kann zum Beispiel durch ihre Pfahlwurzeln trockenen Phasen besser standhalten als die flachwurzelnde Fichte, weil sie sich Wasser aus tieferen Erdschichten holen kann. Außerdem hat die Weißtanne laut Andreas Täger eine andere Kronenform. In der Mischung mit Fichten und Laubbäumen wird der Wald dadurch auch in der Höhe dichter und die Bäume knicken bei Sturm nicht so schnell um.

Ernte in großer Höhe

Zuvor jedoch müssen die Zapfen erst einmal geerntet werden. Das macht Baumpfleger und -kletterer Thomas Bellgardt. Eine schweißtreibende Angelegenheit, denn Weißtannen werden bis zu 45 Meter hoch und die Zapfen mit den wertvollen Samen wachsen meist ganz oben. Baumkletterer Thomas Bellgardt muss also ganz hoch in die Wipfel: „Das ist schon ziemlich anstrengend auf die Dauer, aber, wenn man oben ist in der Krone, ist es dann wieder schön.“

Warten, bis die Zapfen von selbst herunterfallen, ist keine Option, weil die Zapfen am Baum zerfallen, wenn sie ganz reif sind, und die Samenkörner einfach auf dem Boden landen. Thomas Bellgardt erntet die Weißtannenzapfen deshalb jetzt: Sack für Sack.

Setzlinge sind auch beim Wild beliebt

Später werden sie getrocknet und die Samen gewonnen. Daraus werden dann Setzlinge gezogen, die etwa vier Jahre später wieder ausgepflanzt werden können. Oder aber der Weißtannen-Samen wird direkt ausgesät. Waldbesitzer und Jäger müssen dann allerdings darauf achten, dass die Bäumchen ungestört aufwachsen können, denn Weißtanne steht beim Wild ganz oben auf der Speisekarte.

Kleine Weißtannen wachsen unter großen Nachbarn am besten

Die Weißtanne als klimastabiler und robuster Baum ist eine beliebte Baumart für den Wald der Zukunft. Die Samen sind deshalb ein sehr wertvolles Gut, sagt Andreas Täger. Allerdings gibt es sie nicht überall: Die Weißtanne wächst gerne im Schatten von alten Bäume heran. Konventionell bewirtschaftete Wälder allerdings erfüllten diese Voraussetzung kaum mehr. Im Westallgäu an der Grenze zu Vorarlberg gibt es jedoch so genannte Plenterwälder.

Das sind Wälder, die zwar bewirtschaftet werden, aber in denen nie Kahlschlag herrscht: Alte und junge, dicke und dünne Bäume existieren hier nebeneinander. Weißtannen können im Schatten der alten Bäume heranwachsen. Es gibt sie deshalb oft, außerdem mit großer genetischer Vielfalt, sagt Täger.

  • Zum Artikel: "Hitze und Dürre trocknen Bayern aus"
  • Magere Ernte - wegen des Wetters

    Dieses Jahr fällt die Ernte nicht ganz so groß aus wie erwartet: Die Trockenheit und der oft warme Wind dieses Jahr haben selbst der Weißtanne zugesetzt und die hat statt keimfähiger weißer Körner viele braune Hohlkörner produziert.

    Trotzdem, so ist sich Täger sicher, werden aus den Westallgäuer Samen viele Tausend Jungpflanzen gezogen werden können. Die dann in anderen Regionen – ohne natürliches Weißtannen-Vorkommen - wieder ausgepflanzt werden können.

    "Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

    Europäische Perspektiven

    BR24 wählt regelmäßig Inhalte von unseren europäischen öffentlich-rechtlichen Medienpartnern aus und präsentiert diese hier im Rahmen eines Pilotprojekts der Europäischen Rundfunkunion.