Das Amtsgericht sprach den Angeklagten wegen Widerstands und tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung sowie versuchter Gefangenenbefreiung schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Das Amtsgericht Nürnberg stellte dem 22-jährigen Angeklagten zudem einen Bewährungshelfer zur Seite und verpflichtete ihn zu 450 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts ermahnte den jungen Mann, die Bewährungsstrafe als Chance zu begreifen. "Behalten Sie ihre Überzeugungen, aber drücken Sie sie künftig nur friedlich aus", sagte er.
Keine persönliche Entschuldigung
Die Verhandlung sei eine Gratwanderung für alle Beteiligten gewesen. Immerhin habe der Angeklagte bereits fünf Einträge im Bundeszentralregister und erst im Februar vier Wochen Jugendarrest verbüßt. An einer günstigen Sozialprognose bestünden daher Zweifel. Zudem habe der Angeklagte die Chance nicht ergriffen, sich bei den von ihm verletzten Polizeibeamten persönlich zu entschuldigen. Seine Ausführungen schloss der Richter mit den Worten "Auf Nimmerwiedersehen". Zuvor hatte der 22-Jährige ein umfassendes Geständnis abgelegt und sich in einer Erklärung ganz allgemein für sein Verhalten entschuldigt.
Einsicht in der Untersuchungshaft: Polizei nicht der Gegner
In der Untersuchungshaft habe er viel Zeit zum Nachdenken gehabt und eingesehen, dass nicht die Polizei der Gegner sei. Er wolle sich weiter politisch für Flüchtlinge und gegen Abschiebungen engagieren, aber mit friedlichen Mitteln. Seine gewalttätigen Proteste erklärte er damit, dass es ihm unerträglich gewesen sei, dass Asef N. in ein Bürgerkriegsland abgeschoben werden sollte. Zudem habe er beobachtet, wie Freunde von Polizisten geschlagen wurden.
Bewährungstrafe zu Prozessbeginn ausgehandelt
Bei einer Demonstration im Mai an einer Nürnberger Berufsschule gegen die Abschiebung des Afghanen Asef N. hatte der Angeklagte einem Polizisten einen Zahn ausgetreten und war einem anderen in den Rücken gesprungen. Der Demonstrant gestand beim Prozess die Taten und zeigte Reue. Im Fall eines Geständnisses hatten sich die Verfahrensbeteiligten zum Prozessbeginn auf einen Strafrahmen zwischen einem Jahr und neun Monaten sowie zwei Jahren auf Bewährung geeinigt.
Prozess mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen
Zu Beginn des Prozess traf das Gericht massive Sicherheitsvorkehrungen. Zahlreiche Polizeibeamte waren im Einsatz, Zuschauer durften den Gerichtssaal erst nach langwierigen Sicherheitsüberprüfungen betreten. Der Vorsitzende Richter hatte dies angeordnet. Am Morgen hatten rund 50 Menschen friedlich gegen den Prozess gegen den 22-Jährigen protestiert. Sie forderten zudem eine Aussetzung aller Abschiebungen nach Afghanistan. Der Einsatz am 31. Mai hatte eine Welle der Kritik ausgelöst. Polizeibeamte hatten auf Anordnung der Regierung von Mittelfranken den jungen Afghanen Asef N. aus der Berufsschule zur Abschiebung abgeholt.
Wer hat Schuld an der Eskalation?
Schüler und später hinzugekommene Demonstranten wollten die Abschiebung mit einer Sitzblockade verhindern. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Viele Demonstranten warfen der Polizei unverhältnismäßig hartes Vorgehen vor. Mehrere berichteten, sie seien von Polizeibeamten verletzt worden. Das Innenministerium wiederum bezichtigte linke Demonstranten der Gewalt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird gegen mehrere Demonstranten wegen Körperverletzung ermittelt. Vorwürfe gegen Polizeibeamte hätten sich bislang nicht bestätigt. Es werde aber auch in diese Richtung weiter ermittelt, hieß es. Der 22-jährige Angeklagte war seit dem Vorfall an der Berufsschule wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
Asylantrag wird überprüft
Das Asylverfahren gegen Asef N. wird derzeit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg neu geprüft. Wann es eine Entscheidung gibt, ist noch nicht klar. Weil das Ausländeramt dem Jugendlichen keine Ausbildungserlaubnis erteilt, wiederholt er das Theorie-Jahr an der Berufsschule.