Der Landshuter Kreisarchäologe Thomas Richter
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Der Landshuter Kreisarchäologe Thomas Richter

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7.000 Jahre altes Urgetreide begeistert Experten

Es ist eine kleine archäologische Sensation: der Fund von fast 7.000 Jahre altem Getreide in Niederbayern. Entdeckt bei einer Grabung an einer jungsteinzeitlichen Siedlung nahe Ergolding bei Landshut. Die Auswertung dauert an und begeistert.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Südbayern am .

Schon jetzt ist klar: Das fast 7.000 Jahre alte Getreide aus der Nähe von Ergolding ist ein Fund, der neue Einblicke in das Leben der Ureinwohner im heutigen Niederbayern gibt. Und ein Fund, der auch weitere Fragen aufwirft.

Getreidekörner deutlich zu erkennen

Es ist das vielleicht älteste Getreide Bayerns, das der Landshuter Kreisarchäologe Thomas Richter aus einer feinsäuberlich beschrifteten Tüte auf eine weiße Tischplatte schüttet. Vermengt mit Sand und Erdreich sind die fast 7.000 Jahre alten Getreidekörner deutlich zu erkennen. Sie sind in einem faszinierenden Erhaltungszustand, aber kohlrabenschwarz. Gefunden wurden sie in den Resten eines jungsteinzeitlichen Hauses nahe Ergolding bei Landshut.

"Wir haben da einen wirklichen Glücksgriff gemacht." Archäologe Thomas Richter

In dem jungsteinzeitlichen Haus wurden die Reste eines Ofens gefunden. Darin lag das verkohlte Getreide in einem großen Block. Die Experten konnten also aus dem archäologischen Befund schließen, dass es sich bei diesem Ofen um eine Darre handelte, in der Getreide getrocknet wurde.

Zu hohe Hitze vernichtet Saatgut

Allerdings ist beim Trocknen der Körner vor fast 7.000 Jahren irgendetwas schiefgelaufen. Das Getreide ist durch zu große Hitze verkohlt. Ein Schicksalsschlag für die jungsteinzeitlichen Bewohner damals, weil ihr Nahrungsmittel und Saatgut vernichtet wurde, aber ein Glücksfall für die moderne Archäologie. "Denn dadurch, dass es verkohlt ist, hat es eben diese mehreren Jahrtausende überlebt und wir konnten es so bergen", so Thomas Richter.

Weizenart später verschwunden

Mit der 14C-Methode - auch Radiokohlenstoffdatierung genannt - konnten die Archäologen das genaue Alter des Fundes bestimmen. Das Verfahren ermöglicht eine radiometrische Datierung kohlenstoffhaltiger, insbesondere organischer Materialien. Der zeitliche Anwendungsbereich liegt etwa zwischen vor 300 und etwa 60.000 Jahren.

Nach einer ersten wissenschaftlichen Radiokohlenstoffdatierung steht fest, dass die Weizenkörner knapp 7.000 Jahre alt sind. Weitere Analysen einer auf Archäologiefunde spezialisierten Botanikerin haben ergeben, dass es sich bei den Körnern nicht um die bis heute erhaltenen Urweizensorten Emmer oder Einkorn handelt, berichtet der Archäologe Thomas Richter: "Dieses Getreide ist eben eine andere Weizenart, eine Weizenart, die wir bisher nur aus einer guten Handvoll archäologischer Fundstellen kennen, und eben auch nur etwa bis zur Bronzezeit, also so bis vor ungefähr 3.000 Jahren. Und dann ist diese Weizenart verschwunden."

Fund gibt neue Aufschlüsse

Jetzt ist die Weizenart als Zufallsfund in der Nähe von Ergolding wieder aufgetaucht. Wie diese in der Wissenschaft als "New Glume Wheat" bezeichnete ausgestorbene Sorte geschmeckt hat, werden wir nie mehr erfahren. Trotzdem gibt der Fund neue Aufschlüsse, sagt Archäologe Tomas Richter. Auf jeden Fall zeige er, dass das Pflanzenspektrum diverser war, als wir das heute kennen. Es habe mehr Pflanzen gegeben, als bisher gedacht. Er zeige in gewisser Weise auch, dass man nicht davon ausgehen könne, dass sich alles immer weiterentwickelt habe: "Wir haben natürlich neue Arten, aber es scheint auch alte zu geben, die wir einfach im Lauf der Geschichte verloren haben."

Nachzüchtung unmöglich

Die wissenschaftliche Auswertung dieser vor 3.000 Jahren ausgestorbenen Weizenart dauert an. Nur zurückzüchten kann man den Urweizen aus Ergolding nicht mehr. Durch die große Hitze wurde er sozusagen organisch zerstört.

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Das Urgetreide in Nahaufnahme

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