Trauerfeier auf dem Jüdischen Friedhof in München.
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55 Jahre nach Anschlag auf jüdische Gemeinde: Neue Ermittlungen

55 Jahre nach Anschlag auf jüdische Gemeinde: Neue Ermittlungen

1970 wurden bei einem Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in der Münchner Reichenbachstraße sieben Menschen getötet. Wegen neuer Hinweise ermittelt die Staatsanwaltschaft nun wieder. Unter Verdacht steht ein Krimineller aus München.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

55 Jahre nach dem Brandanschlag auf ein jüdisches Altersheim in München mit sieben Toten haben die Behörden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat ein Prüfverfahren eingeleitet, nachdem sich eine Privatperson mit neuen Hinweisen gemeldet hatte. Das bestätigte der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz, Andreas Franck. Zuvor hatte die Zeitungsgruppe "Münchner Merkur/tz" darüber berichtet.

Unter Verdacht: ein Krimineller aus München

Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Spiegel" richtet sich der neue Verdacht gegen einen Mann, der in den Siebzigerjahren mehrfach durch Straftaten aufgefallen sein soll. Er soll dabei offensiv antisemitische und rechtsextreme Ansichten vertreten haben. Angeblich habe der Kriminelle aus München zu Lebzeiten selbst Angaben zum Anschlag gemacht. Inwieweit er auch mit der organisierten Neonaziszene oder anderen Hintermännern in Kontakt stand, wollen die Ermittler nun ausleuchten.

Brandanschlag in München: KZ-Überlebende unter den Opfern

Sieben Menschen waren am 13. Februar 1970 bei dem nächtlichen Brandanschlag auf das Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde in München gestorben. Dort hatte sich auch ein Altenheim befunden. Brennendes Benzin im Treppenhaus hatte den Opfern den Fluchtweg versperrt. Wer für das Attentat auf die jüdischen Bewohner, darunter KZ-Überlebende, verantwortlich war, blieb über die Jahrzehnte bis heute ungeklärt.

Verdacht gegen bestimmte Person

Er habe den neuen Hinweis gemeinsam mit dem Staatsschutz des Polizeipräsidiums München in einem Vorermittlungsverfahren auf Plausibilität geprüft, erklärt Oberstaatsanwalt Andreas Franck auf BR-Anfrage. Dieser Hinweis richtete sich seinen Angaben zufolge gegen eine bestimmte Person. Die vorläufige Prüfung habe ergeben, dass der Verdacht gegen diese Person nachvollziehbar erscheint.

Obwohl die Person, zu der die Generalstaatsanwaltschaft zunächst keine weiteren Angaben machte, inzwischen nicht mehr lebt, wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet, das insbesondere die Motivation des mutmaßlichen Täters klären soll.

"Wenn sich dabei Hinweise auf noch lebende Tatbeteiligte ergeben sollten, wird auch dem nachgegangen", betonte Franck. "In einer langen Reihe von Anschlägen gegen Juden nach 1945 war dies einer der schlimmsten. Es ist Aufgabe von Justiz und Polizei, hier so weit als möglich aufzuklären – auch wenn der mögliche Täter bereits verstorben ist."

Weitere Angaben wollte Franck mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.

Ermittlungen mehrfach eingestellt und wieder aufgenommen

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen 2017 eingestellt, nachdem sie 2013 zunächst wieder aufgenommen worden waren. "Im Ergebnis haben die wiederaufgenommenen Ermittlungen keine Aufklärung der Tat erbracht", teilte die Behörde damals in Karlsruhe mit.

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen im Zusammenhang mit einem "Focus"-Artikel vier Jahre zuvor wieder aufgenommen. Damals hatte es Hinweise auf einen Zusammenhang mit einem weiteren Anschlag zehn Tage später in München gegeben. Der Verdacht richtete sich vor allem gegen eine linksextreme Gruppe.

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte ihr Zentrum samt Synagoge zur Zeit des Anschlags in der Münchner Reichenbachstraße. Heute hat sie ein neues Gebäude mit Synagoge am St.-Jakobs-Platz.

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