Container im Nürnberger Hafen
Am 23. September 1972 war es soweit: Nürnberg erhielt sein "Tor zur Welt", wie es der damalige Nürnberger Oberbürgermeister Andreas Urschlechter beschrieb. Rund 200.000 Menschen standen an den Ufern des Kanals, um das Ereignis zu verfolgen. Die heutigen Verantwortlichen loben die Weitsicht der damaligen Entscheider. Doch es gab und gibt auch kritische Töne.
Bund Naturschutz sieht Hafen kritisch
Von Anfang an hat der Bund Naturschutz (BN) das Projekt kritisch verfolgt. Da, wo heute das Hafengelände liegt, waren vor einem halben Jahrhundert noch größtenteils Felder und Wiesen und ein paar Häuser für etwa 100 Bewohner. Zudem fand der BN das wirtschaftliche Konzept nicht überzeugend. Der langjährige BN-Vorsitzende, Hubert Weiger, spottete seinerzeit: "In Hamburg sagt man: Schiff ahoi - in Nürnberg sagt man: Hoi, a Schiff!"
Schifffahrt spielt nur Nebenrolle
Völlig Unrecht sollte Weiger damit nicht behalten. Denn tatsächlich spielt der Schiffsverkehr im Nürnberger Hafen eine untergeordnete Rolle. Von den etwa vier Millionen Tonnen, die jährlich im Hafen an Gütern verladen werden, werden nur etwa fünf Prozent mit dem Schiff transportiert - der weitaus größere Rest per Bahn. Und natürlich werden die letzten Kilometer meist mit dem Lkw zurückgelegt.
Hafen als modernes Logistikzentrum
Der Hafen sieht sich heute als modernes Güterverkehrszentrum. Auf einer Fläche von über 300 Hektar haben sich dort mehr als 200 Firmen angesiedelt. 7.000 Menschen arbeiten hier und nach Schätzungen des städtischen Wirtschaftsreferats sind rund 10.000 weitere Jobs in der Region vom Hafen abhängig. Der Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH, Peter Stäblein betont, dass die Flächen praktisch voll belegt seien. Es gebe keinen Platz für weitere Ansiedlungen.
ICE-Werk im Hafen? - Ein Missverständnis
Weil die Deutsche Bahn im Raum Nürnberg ein ICE-Werk ansiedeln will, wurde auch der Hafen als möglicher Standort ins Gespräch gebracht. Für Stäblein wohl eher ein Missverständnis. Weil man zu wenig Flächen habe, wurde darüber diskutiert, ein Hafenbecken teilweise zuzuschütten. Möglicherweise habe der Bund Naturschutz daraus die falschen Schlüsse gezogen. "Mit der Verfüllung des Beckens würden wir vielleicht drei Hektar gewinnen, aber niemals die 30 Hektar, die die Bahn braucht. Das ist schon mathematisch einfach nicht möglich", sagte Stäblein im BR-Gespräch.
Hafen investiert weiter
So wird im Hafern derzeit an der Kapazitätsgrenze gearbeitet. Investiert wird in die Modernisierung eines Verladeterminals. 20 Millionen Euro werden dafür aufgebracht. Denn auch wenn die Zeiten derzeit unsicher sind, sieht Stäblein die Zukunft des Hafens eher optimistisch - selbst wenn die Lieferengpässe zunächst in der Coronakrise und nun durch den Ukrainekrieg weitergehen oder sich verschlimmern sollten. Möglicherweise würden Unternehmen dann die Materialien, die gerade zu haben sind, in größeren Mengen kaufen und bevorraten. Und wenn große Mengen im Spiel sind, werde auch der Transport per Schiff wieder wichtiger, ist Stäblein überzeugt.
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