Der rote Billard-Tisch mitten im JuZe ist im Dauerbetrieb. Mustafa und seine Freunde spielen dort, in der Sitzgruppe in der anderen Ecke chillen Emmy und Emilia. Die Jugendlichen kommen gern ins Juze. "Es macht einfach Spaß, hier zu sein oder auch hinter der Theke irgendwas zu machen", sagt Emmy. Mustafa findet es gut, dass er sich hier mit Freunden treffen und neue Leute kennenlernen kann – "anstatt draußen auf der Straße zu bleiben". Und für Emilia ist das JuZe "ein Ort, wo man hingehen kann, wenn man Probleme hat. Weil man mit allen gut reden kann. Und um Spaß zu haben."
Jeder kann kommen - völlig unverbindlich
Im JuZe gibt es eine Cafeteria mit Billard, Kicker und Sofaecke, einen Disco- und Konzertsaal, einen Mädchenraum, eine Werkstatt, eine Küche und einen Band-Übungskeller für Kaufbeurer Nachwuchs-Musiker. Jeder könne hierherkommen, sagt Hausleiter Uwe Sedlacek. Völlig unverbindlich. Anders als in irgendeinem Verein. "Das Jugendzentrum ist genau für die da, die dort nicht hinwollen und Verbindlichkeit nicht so pflegen und schätzen." Im Jugendzentrum gebe es nur die Freiwilligkeit als Voraussetzung. "Du muss nichts bringen, du musst nichts erfüllen, du stehst auch nicht unter Zwang und Druck. Und das ist einmalig."
Viele Jugendliche kommen regelmäßig - manche auch aus schwierigem familiären Umfeld. Hier finden die Teenager mit dem Sozialpädagogen Uwe Sedlacek und seinen beiden Kollegen professionelle Ansprechpartner und ein offenes Ohr. "Für einige ist es schlichtweg ein zweites Zuhause", sagt Sedlacek. "Die holen sich hier vier Stunden Abstand von zu Hause – und dafür sind wir da."
Punks, Rocker, Alternative - "Wir waren Multi-Kulti"
1974 wurde das JuZe als erstes Jugendzentrum in Schwaben eröffnet. Einen betreuten, zentralen Treffpunkt für Jugendliche gab es in Kaufbeuren damals nicht. Generationen von Jugendlichen haben seitdem ihre Freizeit hier verbracht. Thomas Arnold war 1974 als damals 16-Jähriger bei den Anfängen des JuZe mit dabei. "Das war eine bunte Mischung aus Punkern, Rockern und alternativen Leuten", erinnert er sich an die Anfangsjahre. "Da war ordentlich Betrieb – da war die Hölle los!"
Mario Kämper und Domitian Woloszyk zählten Mitte der 90er und in den 2000ern zu den Stammgästen. Rocker-Konzerte, Disco am Wochenende oder einfach nur Abhängen: ein Teenager-Alltag ohne das JuZe - für die beiden wäre das kaum vorstellbar. "Das war immer eine Familie, eine Clique", sagt Mario Kämper. "Und wir waren Multi-Kulti."
"Der gesamte Freundeskreis war hier und man wusste: Man geht hier rein und alle sind schon da", erinnert sich Domitian Woloszyk. "Damals hatten wir kein WhatsApp oder so, sondern man wusste einfach: Es war immer jemand da, den man gekannt hat."
Das JuZe ist immer internationaler geworden
Die Themen der Teenager sind im Wesentlichen heute immer noch die gleichen wie früher, sagt JuZe-Leiter Uwe Sedlacek: Liebe, Sex, Schule, Arbeit, Eltern. Die Jugendlichen sind seiner Überzeugung nach heute auch nicht besser oder schlechter als die von früher. Was sich aber geändert hat, ist die Herkunft vieler. "Früher kamen die Italiener. Dann die Türken. Dann kamen die Russlanddeutschen. 2015 Syrer, und Afghanen und ganz neu: viele vom afrikanischen Kontinent", sagt Sedlacek.
Das JuZe war eben schon immer ein Schmelztiegel, ein Treffpunkt und ein Spiegel der Gesellschaft. Mit vielen Angeboten wie Bildungsaktivitäten, Kreativ-Workshops und Freizeitangeboten soll es ein sicherer Ort sein, an dem junge Menschen ihre Interessen entdecken und Talente entfalten können. "Diese Atmosphäre zu schaffen, die hier gelebt wird – das kann nur das JuZe", ist Uwe Sedlacek überzeugt. "Das kann keine Schule, das kann kein Verein. Das können nur wir. Und es würde etwas fehlen, wenn es kein Jugendhaus mehr gäbe."
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