Eine Gruppe ehemaliger Grundig-Kämpfer am Drehkreuz vor dem früheren Fernsehwerk
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An Grundig erinnert seit dem Konkurs im Jahr 2003 fast nichts mehr: Die Gewerkschaftsveteranen vor dem Eingang zum ehemaligen Fernsehwerk.

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20 Jahre nach dem Konkurs: Was in Nürnberg von Grundig blieb

Vor 20 Jahren endete eine fränkische Wirtschaftswundergeschichte: Grundig meldete Konkurs an, Tausende verloren ihren Job. In Nürnberg blieb nichts, außer einiger alter Firmenschilder und Erinnerungen früherer Mitarbeiter.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

20 Jahre nach dem Grundig-Konkurs treffen sich die ehemaligen Arbeitskämpfer in Nürnberg-Langwasser. Sie waren alle in der IG Metall aktiv und halten noch immer Kontakt. Unter dem alten Firmenschild, das sich über die Zufahrtsstraße zum ehemaligen Betriebsgelände an der Beuthener Straße spannt, tauschen sie Erinnerungen aus. Thomas Schwarz arbeitete 19 Jahre lang bei Grundig und war Betriebsrats-Chef, als die Lichter ausgingen. Als er herkam, hatte er das Gefühl, "nach Hause zu kommen", sagt er. "Und dann fahre ich in das Gelände rein und es ist sehr traurig, was übriggeblieben ist. Von Grundig ist nichts mehr da."

Keine Antwort auf technische Herausforderungen

Ein knappes Dutzend ehemaliger Grundig-Mitarbeiter sind an diesem Abend gekommen. Gemeinsam laufen sie an den alten Werkshallen vorbei. In den 1970er-Jahren beschäftigte Grundig fast 40.000 Menschen. Sie produzierten Fernseher, Tonbänder und Videorekorder. Doch die fetten Jahre gingen zu Ende, als die Konkurrenz aus Fernost wuchs. Damit begann der Niedergang. "Ich war 1987 in Osaka bei Panasonic und habe dort erstmals die großen Flachbildschirme erlebt, die bei uns noch unbekannt waren", sagt Gerd Lobodda. Er war damals Chef der Nürnberger IG Metall und saß im Grundig-Aufsichtsrat. "Und da habe ich gewusst, Fernseher und Grundig, das ist vorbei."

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Der Kampf war vergeblich: Demonstration vor dem Werk 16 zum Erhalt der Arbeitsplätze. 2003 meldetet Grundig Konkurs an.

Arbeiter noch immer stolz auf die Qualität

Die Gewerkschafter sind bei dem Drehkreuz angekommen, durch das sie früher auf das Gelände kamen. "Da mussten wir unseren Ausweis hinhalten", erzählt Manfred Kroker. Spaßeshalber versucht er es wieder. Auch ohne Ausweis lässt sich das Tor drehen, problemlos kommen er und seine Kollegen durch. "Das ist das Werk 16. Da ist die ganze Fernsehproduktion gelaufen", sagt er. Vor der Insolvenz im Jahr 2003 arbeiteten hier noch rund 1.300 Beschäftigte. Einer von ihnen war Georg Höcherl. 22 Jahre lang war er bei Grundig beschäftigt. An der Qualität der Produkte lag es nicht, dass Grundig in Konkurs ging. "Die Grundig-Fernseher waren die besten. Eine bessere Qualität kann man nicht produzieren."

Geplatzte Lebenspläne

Für Höcherl war klar, dass er bis zur Rente bei Grundig arbeiten würde. Doch es kam anders. Die Chefs verschliefen die Zukunft. "Da konnten wir Arbeiter nichts dagegen machen." Nach der Insolvenz war er erst kurz arbeitslos, dann machte er sich selbstständig. "Später habe ich bei einer kirchlichen Gemeinde als Hausmeister und Mesner Arbeit gefunden." Dort blieb er bis zur Rente.

Stadt sieht gelungenen Strukturwandel

Grundig wurde inzwischen vom türkischen Hausgerätehersteller Beko aufgekauft. Der nutzt den Namen für seine Produkte weiter. Aus Nürnberg ist Grundig komplett verschwunden. In den Hallen auf dem Gelände haben sich neue Firmen angesiedelt – Großhandel, Maschinenbau, Computer-Dienstleister, Logistiker. Rund 3.000 Menschen sind derzeit hier wieder beschäftigt, heißt es vom Nürnberger Wirtschaftsreferat. Das Gelände sei ein gutes Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel.

Außer Schildern nichts geblieben

Für den Gewerkschafts-Veteranen Gerd Lobodda ist es kein Trost, wenn hier neue Arbeitsplätze entstehen. "Die Schmerzen, wenn jemand seinen Arbeitsplatz unverschuldet verliert, die bleiben. Das begleitet mich nach wie vor", sagt er. Der Rundgang ist beendet. Die Gewerkschafter treffen sich jetzt noch zum Stammtisch. Dabei laufen sie mitten auf der Straße unter dem Schild über der Einfahrt zum alten Betriebsgelände durch. Mehr ist in Nürnberg von Grundig nicht mehr geblieben.

Vom einst so großen Firmenareal zeugen heute nur noch einige alte Schilder.
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Was in Nürnberg von Grundig blieb

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