Es war der Startpunkt einer kleinen Revolution im Würzburger Nahverkehr: Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse der Grundschule Heuchelhof beschwerten sich vor 18 Jahren bei der Stadt, weil die Computerstimme die Straßenbahn-Haltestellen falsch betone. Lehrerin Maria Kauczok erinnert sich noch gut an die Anfänge des Projektes, das mehrere Jahre andauerte. "Wir waren häufig mit der Klasse auf Unterrichtsgängen mit der Straßenbahn unterwegs und hörten die Ansagen. Da war ganz klar: Das können wir besser", erzählt die heute mittlerweile pensionierte Grundschullehrerin.
Aufregung bei Ton-Aufnahmen
Die Grundschüler nahmen eine Demo-Version der Straßenbahnlinie 5 nach Rottenbauer auf – erst auf Kassette und später im BR-Studio Würzburg. Antonia Höhn war damals acht Jahre alt und kann sich noch gut an den Tag erinnern. Überwogen habe erst der Druck und die Aufregung, erzählt die heute 23-jährige Logopädin: "Wir sind die Haltestellennamen und die Betonung dann oft durchgegangen, das hat geholfen." Nach weiteren Aufnahmen werden im Dezember 2008 die Kinderstimmen das erste Mal in den Würzburger Straßenbahnen gespielt.
Erste Stadt mit Kinderstimmen im öffentlichen Nahverkehr
Die WVV war das erste Verkehrsunternehmen deutschlandweit mit Kinderstimmen-Haltestellenansagen. Ähnliche Projekte folgten in zahlreichen anderen Städten, zum Beispiel in Bayreuth oder Münster. Sarah Brenner ist mittlerweile 23 Jahre alt und Lehramtsstudentin. Sie hört ihre eigene Stimme in der Straßenbahn auf dem Weg zur Uni fast täglich und sagt: "Es ist immer noch sehr witzig und bringt mich zum Schmunzeln, aber vor allem erfüllt es mich auch mit Stolz."
Abwechslung zu Computerstimmen
2016 kamen mehr als 150 neue von Kindern eingesprochene Durchsagen dazu, für ausgebaute sowie Haltestellen im Landkreis Würzburg und Main-Spessart. Über 1.000 Haltestellennamen werden momentan von Kindern gesprochen. Die Rückmeldungen seien durchweg positiv, sagt Susanna Blum, Pressesprecherin der WVV: "Touristinnen und Touristen sowie Gäste freuen sich meistens, wenn sie die ungewöhnlichen Ansagen hören und oft wird es als nette Abwechslung zu den sonst ja eher monotonen Computerstimmen wahrgenommen."
Stimmen als Motivation für Kinder
Für die ehemalige Grundschullehrerin Maria Kauczok war das Projekt vor allem ein pädagogischer Erfolg, um den Kindern zu zeigen, dass sie auch in der "Erwachsenenwelt" etwas umsetzen und verändern können: "Den Wunsch und die Anregung der Schüler damals wirklich wahrwerden zu lassen, das fand ich das Allerwichtigste daran." Heute fährt sie regelmäßig mit ihrem Enkel Straßenbahn, der mittlerweile die Schüler-Namen zu jeder Haltestellenansage kennt.
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