Presseförderung: Muss der Staat den Verlagen helfen?
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Presseförderung: Muss der Staat den Verlagen helfen?

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Presseförderung: Brauchen die Verlage Geld vom Staat?

Hohe Energie- und Papierpreise machen den Zeitungsverlagen in Deutschland schwer zu schaffen. Die Einführung einer direkten finanziellen Unterstützung deutscher Verlagshäuser durch den Staat ist ungewiss. Die Politik ringt um Zuständigkeiten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wozu die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Verlagen führen können, zeigt das Beispiel der "Ostthüringischen Zeitung". Sie musste erst vor kurzem wegen zu hoher Kosten die Zustellung in einigen Gemeinden einstellen. Abonnenten bekommen dort die Zeitung künftig nur noch als E-Paper.

Preise enorm gestiegen

Papierpreise sind gestiegen, die Energiepreise und die Lohnkosten auch. Die gestiegene Inflation macht den Zeitungsverlagen schwer zu schaffen. Einige Politiker fordern eine Zustellförderung für die Verlage. Die CDU-Medienminister aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Nathanael Liminski und Oliver Schenk, fordern vom Bund "ein zügiges Signal" mit Blick auf eine Förderung für die Pressewirtschaft.

Medienwissenschaftler: Kein Gießkannenprinzip

Christopher Buschow ist Juniorprofessor für Organisation und vernetze Medien an der Universität Weimar. Er forscht zum Thema Finanzierung im digitalen Journalismus und er sieht die Diskussion um eine Zustellförderung kritisch: "Sich jetzt auf ein Instrument zu konzentrieren, das auch noch nachweislich nicht zu Innovation beiträgt, kaum Anreize setzt, sich zu verändern, sondern vielmehr höchstens eine Überbrückungsfunktion haben kann, halte ich für problematisch, weil es eben den Herausforderungen, vor denen der Journalismus gegenwärtig steht, nicht ausreichend gerecht wird, sondern eben nur ein Problemfeld adressiert." Er warnt davor, jetzt Geld mit der Gießkanne zu verteilen.

Presseförderung scheiterte bisher

Presseverlage fordern seit Jahren eine Unterstützung durch den Staat, um den Vertrieb von Abonnement-Zeitungen insbesondere in ländlichen Regionen aufrechterhalten zu können. In der vergangenen Legislaturperiode war eine vom Wirtschaftsministerium geplante Presseförderung in Höhe von 220 Millionen Euro gescheitert.

Die aktuelle Bundesregierung erklärte Anfang April, verschiedene Fördermodelle zu prüfen. Das Kanzleramt habe das Thema im Blick. Nur die Ressortzuständigkeit sei noch nicht geklärt.

Nicht alle Verlage wollen sich äußern

BR24 fragte hierzu bei einigen bayerischen Verlagen nach: Es ging um eine Einschätzung und Stellungnahme zur Presseförderung und um die wirtschaftliche Situation der Verlage.

Was die Presseförderung angeht, ist der Verlag Nürnberger Presse, dem die "Nürnberger Nachrichten" gehören, davon überzeugt, dass der politische Prozess noch nicht abgeschlossen sei. Die "Augsburger Allgemeine" möchte zu diesem Thema keine Stellung nehmen. Bei der Südwestdeutschen Medien Holding, der die "Süddeutsche Zeitung" gehört, verweist man beim Thema Presseförderung auf die Stellungnahmen des Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger, BDZV. Dieser fordert schon seit längerem die Bundesregierung auf, "unverzüglich die im Koalitionsvertrag festgelegte staatliche Zustellförderung für die Presse umzusetzen".

Die Mediengruppe Bayern, zu der die "Passauer Neue Presse", der "Donaukurier" und die "Mittelbayerische" gehören und der Allgäuer Zeitungsverlag, dem die "Allgäuer Zeitung" gehört, antworteten nicht auf unsere Anfrage.

Digitale Abos im Aufwärtstrend

Zu ihrer wirtschaftlichen Situation wollten die Verlage ebenfalls nicht viel sagen. Bei Digitalabos verzeichnen die "Nürnberger Nachrichten" und die "Süddeutsche Zeitung" einen Aufwärtstrend. Die SZ vertrieb 2022 erstmals mehr als 250.000 Digital-Abos.

Der Medienwissenschaftler Christopher Buschow kritisiert, dass wir eigentlich zu wenig über die wirtschaftliche Lage der Verlage wissen. Man könne nicht sagen, wie groß die Probleme tatsächlich seien: "Da gibt es also relativ geringe Transparenz, ist meine Einschätzung."

Gutachten der Politik

Sowohl das Bundeswirtschaftsministerium als auch das Bundeskultusministerium veröffentlichten vor kurzem schon länger erwartete Gutachten, die sich mit dem Komplex Presseförderung befassen. Das Wirtschaftsressort verwies aber darauf, dass dessen veröffentlichte Studie am Ende der vergangenen Legislaturperiode in Auftrag gegeben worden sei und man sich die Schlussfolgerungen nicht zu Eigen mache. Weitere Schritte seien vonseiten des Ministeriums nicht geplant.

Für den Branchenverband BDZV zeige die Studie deutlich, dass eine Förderung der Zustellung nötig und sinnvoll sei, so die Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert.

Auch Medienwissenschaftler Christoper Buschow spricht sich für eine Förderung aus. Seiner Ansicht nach wäre es problematisch, wenn jetzt erneut ein Anlauf für ein Fördermodell des Journalismus scheitern würde. Es brauche eine offene Diskussion über die richtigen Fördermodelle, die eigentlich alle auf dem Tisch liegen, so Buschow. Es gäbe genug Evidenz, wie man fördern sollte, um die Probleme des Journalismus zu adressieren.

Buschow: Innovationsförderung der richtige Weg

Er äußert sich kritisch zu Verlagen, die den Weg in die Digitalisierung verschlafen haben. Das Tageszeitungsgeschäft sei ein sehr ertragreiches gewesen beziehungsweise sei es noch. Innovation sei nicht notwendig gewesen. Für Buschow ist eine Innovationsförderung der richtige Weg. Sie müsse wettbewerblich organisiert sein und man müsse selektiv auswählen, welche Ideen die größte Zukunftsorientierung versprechen. Als Modellprojekt nennt er den Innovationfonds der Wissenschaftspressekonferenz, der sich auf den Wissenschaftsjournalismus bezieht.

Ob eine direkte Presseförderung oder Zustellförderung für Verlage kommt, ist im Moment weiter ungewiss. Fakt ist aber: Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP versprochen, Fördermöglichkeiten zu prüfen, um eine "flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen" zu gewährleisten.

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