Karina und Norbert Grellner sind Selbstversorger und bauen Obst, Gemüse und Getreide an.
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Karina und Norbert Grellner sind Selbstversorger und bauen Obst, Gemüse und Getreide an.

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Selbstversorger: Wie autarkes Leben gelingen kann

In Zeiten von Inflation und Ukraine-Krieg versuchen offenbar immer mehr Menschen, sich selbst zu versorgen. Mit Lebensmitteln oder auch Energie. "Kontrovers – Die Story" trifft Selbstversorger, die zeigen, wie ein autarkes Leben funktionieren kann.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Noch liegt Schnee auf dem Beet von Karina Grellner. Trotzdem können sie und ihr Mann hier auch im Winter ernten: Lauch, Pastinaken, Portulak. Bis vor kurzem sogar noch Rote Bete und Karotten. Familie Grellner lebt in Mittelfranken ihren Selbstversorger-Traum. Ein Hektar groß ist ihr Hof, dazu kommen noch Acker und Weideflächen.

"Bei uns gibt's eigentlich immer was zu tun. Grade mit dem Beet: Wir haben ja fast das ganze Jahr über Gemüse im Beet, jetzt im Februar haben wir abgeerntet und jetzt geht’s quasi weiter," erzählt Karina Grellner im Gespräch mit "Kontrovers – Die Story". Vor vier Jahren kauften sie und ihr Mann Norbert den Hof, mit dem Ziel, ein bisschen so zu leben wie früher ihre Großeltern.

Obst, Gemüse - und jede Menge Tiere

Die Grellners bauen Obst, Gemüse und Getreide an, haben Bienen, Hühner, Laufenten gegen die Schneckenplage, Schafe für die Weidepflege – und zwei eigene Weiher. Beide waren verschlammt, als die Familie das Grundstück kaufte.

Einen Weiher haben sie inzwischen wieder auf Vordermann gebracht: "Das ist schon viel Wert, wenn man heutzutage eigenes Wasser hat. Fisch ist ein hohes Gut, darum haben wir gesagt: Das muss man nutzen – und zuerst geschaut, dass wir einen Weiher wieder in Betrieb nehmen konnten. Und da haben wir jetzt unsere Forellen drin und freuen uns schon auf Karfreitag," erzählt Norbert Grellner.

Video: Kontrovers - Die Story: Selbstversorger: Wie funktioniert autarkes Leben?

Von anderen lernen

Von Fischen oder wie man einen Weiher anlegt, hatten weder Norbert noch Karina Grellner vorher eine Ahnung. Ihr Motto: Einfach ausprobieren und von denen lernen, die es bereits können.

"Wir haben hier auch ortsansässige Vereine, zum Beispiel den Fischereiverein. Dasselbe mit der Imkerei: Da sind wir überall Mitglied, auch bei den Weidetierhaltern." Man vernetze sich untereinander, sagt Norbert Grellner.

Für die Familie ist die Entscheidung, Selbstversorger zu werden, längst zu einer Lebenseinstellung geworden. "Grade die alten Sachen finden wir interessant, das ist ja alles nix Neues. Das sind einfach nur diese alten Werte, wo man sagt: 'Ach, schau mal, was die früher gemacht haben und was die alles schon gekonnt haben'."

Nächstes Ziel: Energieautark leben

Das nächste Ziel auf dem Selbstversorgerhof Grellner ist es, energieautark leben zu können. Norbert Grellner hat schon eine Idee: "Ein Photovoltaik-Zaun ist als nächstes in Planung. Wir müssen unsere Weiden ja einzäunen." Informationen holen sie sich unter anderem auch bei anderen Selbstversorgern im Netz, wie bei Florian Rigotti aus Fuchstal bei Landsberg am Lech.

Selbstversorger als YouTube-Stars

Rigotti ist inzwischen ein YouTube-Star unter den Selbstversorgern - mit 290.000 Abonnenten auf seinem Kanal. Dort zeigt und erklärt er, wie er sein Selbstversorgerleben gestaltet. Tipps gibt es rund um den Garten, Nutztiere, Aussaat und Einkochen. Doch seit einem Jahr schnellen die Klicks besonders beim Thema Energie nach oben.

"Die Sorgen waren schon da, wie bei mir auch, einfach die Angst zu haben wo geht das hin mit 'ner Energiekrise, wie hoch werden die Preise von Gas, Öl, Pellets, Brennholz? Ist ja alles unglaublich gestiegen," sagt Rigotti. "Das hat schon einige wachgerüttelt, die gesagt haben ich will mich ein bisschen mehr selbstversorgen."

Sein Mittel gegen Krisenangst: Sich möglichst breit aufstellen. Rigotti hat bereits eine Solarthermieanlage auf dem Hausdach für sein Heißwasser, eine Photovoltaikanlage auf dem Garagendach für Strom, sowie eine Pelletheizung und einen Grundofen.

Energie-Selbstversorgung braucht Anpassungen

Trotzdem fehlt Rigotti noch eine Energiequelle: Auf seine Pelletheizung will er seit dem Preisschock vor sechs Monaten, als eine Tonne Pellets knapp 800 Euro kostete, nicht als Grundenergie zurückgreifen müssen, erklärt er in der Kontrovers-Story: "Wenn wir einen totalen Stromausfall haben, dann bringt so eine Photovoltaikanlage gar nichts. Die Solarthermieanlage wird auch nicht funktionieren, die braucht eine Pumpe. Und dann hab' ich mein Holz und kann den Grundofen heiß machen." Da drin könne er eine Pizza oder Brot backen, eine Schüssel mit Wasser reinstellen und habe dann im Notfall sogar Heißwasser.

Immer wieder rüstet der Selbstversorger nach, baut um. Er will auf dem neuesten Stand bleiben, um tatsächlich energieautark leben zu können.

Selbstversorgung boomt wegen Krisen

Insbesondere in Zeiten von Pandemie, Krieg, Inflation und Energiekrise hat der Trend zur Selbstversorgung zugenommen. Das bemerken auch die Grellners. Noch vor einigen Jahren haben Freunde und Bekannte die Entscheidung des Paares nicht nachvollziehen können: Warum machen sie sich neben ihren Berufen noch den zusätzlichen Stress Selbstversorger werden zu wollen? Inzwischen hat sich das geändert. Immer wieder wird Karina Grellner von Freunden und Bekannten nach ihren Rezepten oder Tipps gefragt.

Preisanstieg bei Lebensmitteln im Supermarkt

Denn ein Einkauf im Supermarkt ist heute 20 Prozent teurer als noch vor eineinhalb Jahren. Eine Entwicklung, die sich noch einige Zeit halten werde, schätzt Patrick Höppner, Branchenexperte für den Lebensmittel-Einzelhandel beim ifo-Institut: "Die Lebensmitteleinzelhandels-Unternehmen erwarten überwiegend, dass die Preise weiter steigen. Auch wenn jetzt in der letzten Zeit zum Beispiel bestimmte Produkte wieder etwas günstiger geworden sind ist trotzdem zu erwarten, dass in den nächsten Monaten der Preis bei Lebensmitteln auch weiter etwas erhöht bleibt."

Ein Selbstversorgerleben wie es Karina und Norbert Grellner führen ist von solchen Preisentwicklungen weitestgehend nicht betroffen. Durch die viele harte Arbeit der vergangenen Jahre haben sie sich Fähigkeiten angeeignet, die sie in Krisenzeiten unabhängiger machen.

❗❗ Ganz ohne einen Besuch im Supermarkt geht es aber auch nicht, dorthin geht die Familie jedoch nur alle drei Monate: etwa für Schokolade und Toilettenpapier.

Mitdiskutieren lohnt sich: Die vorangegangene Passage hat die Redaktion aufgrund von Kommentaren der Nutzer "QuoVadisDeutschland" und "mr_max" im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" angepasst. So wird deutlicher, dass das Paar größtenteils autark lebt, aber nicht ganz. ❗❗

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