Seit Dezember 2022 verschwunden: Alexandra R. aus Nürnberg.
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Seit Dezember 2022 verschwunden: Alexandra R. aus Nürnberg.

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Getötet oder entführt? So fahndet die Polizei nach Alexandra R.

Seit fast einem halben Jahr ist 39-jährige Alexandra R. aus dem Nürnberger Stadtteil Katzwang spurlos verschwunden. Sie war im achten Monat schwanger. Wurde sie getötet oder entführt? Noch ist nichts geklärt. Ein Besuch bei der Sonderkommission.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Vier Beamtinnen und Beamte sitzen vor Bildschirmen. Sie prüfen die Aufnahme von Überwachungskameras im Nürnberger Hafengebiet, gehen Adresslisten durch, wälzen Akten. Ein Teil der "Soko Hammer" zeigt, wie sie nach Alexandra R. fahnden. Benannt ist die Sonderkommission nach der Straße "Am Hammer", in der die Vermisste im Nürnberger Stadtteil Katzwang lebte. Seit fast einem halben Jahr ist die 39-jährige Frau spurlos verschwunden. Sie war damals im achten Monat schwanger.

Polizei stockt Sonderkommission auf

Der Fall hatte anfangs viel Aufsehen erregt. Zuletzt wurde es aber ruhig um die Suche nach der Frau. Im Nürnberger Hafengebiet hängen noch Fahndungsplakate an Laternenmasten und Ampeln. Sie sind verblasst, verknittert und erwecken den Anschein, als wäre der Fall längst zu den Akten gelegt – ein sogenannter "Cold Case". Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Polizei hat die "Soko Hammer" aufgestockt – von 24 auf 30 Beamtinnen und Beamte.

Ermittler gehen von Gewaltverbrechen aus

Aus der Bevölkerung kamen wenig Hinweise auf die öffentliche Fahndung und die Plakate, sagt Polizeisprecher Michael Konrad. "Es ist für uns ein Fragezeichen, dass in einem Ortsteil wie Katzwang das Verschwinden einer schwangeren Frau tagsüber offensichtlich wenig Aufsehen erregt hat." Die Sonderkommission muss nach anderen Indizien suchen.

Rund 600 Spuren gehen die Polizisten derzeit nach. Sie durchforsten die Privatsphäre und das Umfeld von Alexandra R. – diskret, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Die Polizei geht inzwischen von einem Tötungsdelikt aus. "Wir sind überzeugt davon, dass Alexandra R. einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist, dass die Frau nicht mehr lebt", sagt Konrad.

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Die Soko "Hammer" bei der Suche nach Alexandra R., die bei ihrem Verschwinden im achten Monat schwanger war.

Das spricht gegen eine Entführung

Wenn ein Mensch von einem Moment auf den anderen verschwindet, gibt es mehrere Theorien. Eine Entführung gilt für die Ermittler als wenig wahrscheinlich. So gibt es beispielsweise keine Lösegeldforderung. Warum nahm der Täter das Risiko in Kauf, eine hochschwangere Frau zu entführen? Wie will der Täter wieder aus dieser Situation herauskommen?

"Wenn man sich diese Fragen aus kriminalistischer Sicht stellt, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass wir hier von einer Entführung sprechen", erläutert Konrad. Eine weitere Theorie ist, dass die junge Frau untergetaucht sein könnte. Auch das ist für die Polizei wenig wahrscheinlich. "Dagegen spricht, dass der Mutterpass, Geld, Karten und wichtige Unterlagen in der Wohnung gefunden worden sind", so Konrad.

Was bekannt ist

Am 9. Dezember 2022 bringt Alexandra R. ihre Pflegetochter von der Katzwanger Wohnung mit dem Auto in die Kita nach Schwabach. Dort wird sie zum letzten Mal gesehen. Rund um das Wohnhaus werden keine Spuren von Alexandra R. gefunden. Die Suche konzentriert sich anfangs auf den nahen Kanal – vermutlich ein guter Ort, um eine Leiche zu entsorgen. Die Polizei setzt Spürhunde ein, die Leichengeruch auch im Wasser erkennen können. Außerdem überfliegen Drohnen die Wasserstraße. Ohne Ergebnis – es wird nichts gefunden.

Fund des Handys im Ausland

Gleich zu Beginn macht die Polizei eine mysteriöse Entdeckung: Das Handy von Alexandra R. wird einen Tag nach ihrem Verschwinden in Südeuropa geortet. Es soll an einem Lastwagen befestigt gewesen sein. Aus ermittlungstaktischen Gründen schweigt die Polizei zu Details: "Alle Erkenntnisse, die wir im Zusammenhang mit dem Fund des Handys haben, die können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht an die Öffentlichkeit geben", sagt Konrad. Nur so viel: Das Handy liege nach dem Fund inzwischen bei der Polizei und sei von Datenexperten ausgewertet worden.

Maschinenhalle in Fokus der Ermittler

Zu Beginn der Ermittlungen hat die Polizei im Bereich von Hilpoltstein eine gewerblich genutzte Halle durchsucht. Es gab Hinweise, dass sie in Verbindung mit dem Verschwinden von Alexandra R. stehen könnte. Polizeisprecher Konrad: "Die Suche verlief negativ. Wir haben dort einige Gegenstände sichergestellt." Die Auswertung laufe noch.

Schwierige Suche nach dem Motiv

Noch ist keine Leiche gefunden. Das macht die Suche nach den Motiven - und damit nach möglichen Tätern - so schwer. "Wir wissen, dass Alexandra R. in der Finanz- und Immobilienbranche tätig war. Dort wird natürlich auch mit hohen Geldsummen umgegangen", sagt Konrad. Heißt: Finanzielle Aspekte könnten durchaus eine Rolle spielen.

Alexandra R. ist für die Ermittler jedenfalls kein Zufallsopfer: Ein weiteres mögliches Motiv könnte auch im persönlichen Umfeld der 39-Jährigen liegen. Konrad: "Für Gewalttaten sind auch immer wieder Gefühle wie Liebe, Hass, Eifersucht, Konflikte, Streit die Ursache." Auch darauf blickt die Soko.

Zwei verdächtige Personen

Die Polizei hat inzwischen zwei Personen "aus dem unmittelbaren Umfeld der Frau" im Visier, so Konrad. Allerdings bestehe kein dringender Tatverdacht. Deshalb gibt sie keine Informationen zu den Personen, zu ihrem Verhältnis zur Verschwundenen und zum Liebesleben von Alexandra R. heraus, sagt der Polizeisprecher. "Solange wir als ermittelnde Behörde nicht sicher sein können, dass gewisse Aspekte, zum Beispiel auch zu früheren Beziehungen, tatsächlich für die Ermittlungen relevant sind oder das Verschwinden von Alexandra R. erklären können, halten wir uns bedeckt."

Spuren aus Rumänien

Inzwischen sind bei der Nürnberger Polizei Vernehmungsprotokolle aus Rumänien angekommen, dem Heimatland der Vermissten. Die Behörden dort hatten Angehörige verhört. "Für uns ist auch interessant, dass ein Fahrzeug, das wir dem Umfeld von Alexandra R. zurechnen, dort sichergestellt wurde", erläutert Konrad. Die rumänische Polizei hat Spuren in dem Jaguar sichergestellt. Diese Spuren werden gerade von der Soko ausgewertet. Das Fall Alexandra R. ist also alles andere als ein "Cold Case".

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Verknittert und vergessen? Seit fast einem halben Jahr hängt das Suchplakat nach Alexandra R. aus. Sie war hochschwanger, als sie verschwand.

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