Vor dem Grenzübergang Marktschellenberg an der Bundesstraße nach Berchtesgaden müssen Autofahrer runter vom Gas. Ein Schild am Boden mit blinkendem Licht zeigt an: Hier an der bayerisch-österreichischen Grenze wird von der Polizei kontrolliert. Der stellvertretende Leiter der Grenzpolizei Piding, Bernhard Dusch, ist zuständig für die Kontrolle von 15 Grenzübergängen zu Österreich. Seine erste Bilanz ist positiv: Mehrfach seien an dem Grenzübergang Marktschellenberg Schleusungen festgestellt worden. Es sei deswegen ein guter Bereich für eine Kontrolle, so Dusch.
Die Bundespolizei verzeichnet insbesondere seit diesem Sommer eine hohe Anzahl unerlaubter Einreisen, vor allem von Syrern. Die ersten vorläufigen Zahlen der Bundespolizeidirektion München dokumentieren einen deutlichen Anstieg: Im September vergangenen Jahres stellte die Bundespolizei in Bayern 1.511 unerlaubte Einreisen fest. Im September 2022 waren es 3.647, also mehr als doppelt so viele. Auf ein halbes Jahr gerechnet zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Von Januar bis August 2021 zählte die Bundespolizei in Bayern 8.854 unerlaubte Einreisen an der tschechischen und österreichischen Grenze - 2022 waren es 15.369.
Auch Bayerns Innenministerium geht davon aus, dass die "illegale Einwanderung deutlich angestiegen ist", so die Formulierung von Innenminister Joachim Herrmann auf BR-Anfrage.
In den Monaten Juni bis September 2022 ist laut dem Ministerium ein durchschnittlicher monatlicher Zugang von rund 3.250 Asylbewerbern nach Bayern zu verzeichnen. In diesem Juni kamen 3.073 Asylsuchende in den bayerischen Ankerzentren an, im August 2022 waren es 3.524, im Monat September nur 3.088, also 436 Asylsuchende weniger. Der Rückgang im September ändert laut Innenministerium aber nichts an der insgesamt gestiegenen Einwanderung nach Deutschland.
Dazu der Jahresvergleich: 2020 kamen 13.849 Asylsuchende in den bayerischen Ankerzentren an. 2021 waren es 21.251 und in diesem Jahr sind es 22.337 Asylsuchende allein in den ersten neun Monaten.
Das Innenministerium rechnet damit, dass "von einer Entspannung in den nächsten Monaten nicht auszugehen ist". Die Landkreise und kreisfreien Städte seien auf die Lage in den nächsten Monaten vorbereitet und gebeten worden, mit Hochdruck neue Unterkünfte zu akquirieren. Der Zugang von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sei hingegen mit einem aktuellen monatlichen Zugang nach Bayern von rund 1.500 Personen stabil auf beherrschbarem Niveau, so das Innenministerium auf BR-Anfrage.
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Aufgrund der steigenden Zahlen Geflüchteter hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Grenzkontrollen zu Österreich über den November hinaus für ein weiteres halbes Jahr verlängert.
Rückblick: Im Herbst 2015 waren in mehreren europäischen Ländern, unter anderem auch an der bayerischen Grenze zu Österreich wieder Grenzkontrollen eingeführt worden. Die Wiedereinführung stützte sich auf EU-Recht, nachdem bei schwerwiegender Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ein Mitgliedstaat vorübergehende Kontrollen durchführen kann. Bei Bedarf können diese Kontrollen auch um sechs Monate verlängert werden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann begrüßte die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Österreich. Die Entscheidung komme zur richtigen Zeit, so Herrmann auf BR-Anfrage. An der Grenze müsse Klarheit geschaffen werden, wer überhaupt ins Land komme. Die Kontrollen seien auch aus Sicherheitsgründen notwendig. Gemeint sind Geflüchtete aus der Ukraine, "oder neuerdings jetzt auch russische Männer, die der Mobilmachung entgehen wollen. Wir müssen vor allem auch illegale Zuwanderung begrenzen," so Herrmann nach der Entscheidung des Bundesinnenministeriums zu den Grenzkontrollen.
Innenminister Herrmann verwies darauf, dass die illegale Einwanderung auch vom Balkan her zugenommen habe. Laut Herrmann hat Bayern deswegen seine Schleierfahndung im Grenzbereich massiv verstärkt. Ebenso verstärkt wurde auch die Schleierfahndung im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. In dieser Grenzregion werde noch geprüft, so Herrmann, ob es auch hier volle Grenzkontrollen brauche oder ob die Schleierfahndung ausreiche.
Nach Meinung der AfD reicht die Schleierfahndung nicht aus. Wichtig seien ständige Grenzkontrollen an allen Grenzen und nicht nur sechsmonatige Verlängerungen der Grenzkontrollen, wie es nach EU-Recht momentan nur möglich sei, sagte der AfD-Sicherheitsexperte Richard Graupner. Die Grenzkontrollen sollten laut AfD aber auch an der Grenze zu Tschechien stattfinden, so die Forderung. Allein die Grenzkontrollen Richtung Österreich würden nichts an der Situation ändern, weil sich die Fluchtrouten in der Vergangenheit entsprechend geändert hätten, sagte Graupner. Mit der Schleierfahndung könne nur die "Spitze des Eisbergs abgegriffen werden". Stationäre Grenzkontrollen, auch an der tschechischen Grenze, seien deswegen unerlässlich.
Die Grünen lehnen die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser angekündigte Verlängerung der stationären Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ab. Um Sicherheit und Freiheit in Europa zusammenzubringen, brauche es mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und mehr Polizei in der Fläche, aber keine stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze, so die Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, auf BR-Anfrage.
Die Grenzkontrollen belasten laut Schulze Anwohner, Reisende und Pendler sowie den Handel seit Jahren. Die ständige Verlängerung sei zudem rechtswidrig und widerspreche der Idee eines vereinigten Europas ohne Schlagbäume im Inneren: "Ich halte es deswegen für grundfalsch, dass die Bundesinnenministerin die Grenzkontrollen erneut verlängert hat!"
Am Grenzübergang Marktschellenberg an der Bundesstraße nach Berchtesgaden konnte der stellvertretender Leiter der Grenzpolizei Piding, Bernhard Dusch, nach den ersten Kontrolltagen eine positive Bilanz ziehen: "Wir haben die letzten Tage 16 illegale Personen festgestellt, auch waren Schleuser dabei und Beihelfer zur illegalen Einreise. So haben wir da einige Erfolge erzielt."
Sendung
BR24 Infoblock vom 14.10.2022 - 06:47 Uhr
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