Augsburg AfD-Parteitag: Rechtsruck nach links?

Der AfD droht ein neues Zerwürfnis. Ausgerechnet der ultrarechte Höcke-Flügel geht in die sozialpolitische Offensive – eine Kampfansage gegen das besitzbürgerliche und wirtschaftsliberale Parteiprogramm. Der Rechtsruck nach links stößt intern auf Widerstand. Eine Analyse.

Von: Jürgen P. Lang

Stand: 30.06.2018 | Archiv

Björn Höcke auf einer Wahlkampfveranstaltung in Thüringen | Bild: picture-alliance/dpa

"Wir werden uns verstärkt der ,kleinen  Leute‘ annehmen und die sozialen Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung gegen die zerstörerischen Kräfte des Raubtierkapitalismus verteidigen!" Björn Höcke (AfD), Landesvorsitzender Thüringen

Neuerdings klingt Björn Höcke wie Sahra Wagenknecht. Und er macht eine ähnliche Politik. Sein jüngster Vorstoß: ein kräftiger Rentenaufschlag, aber nur für Deutsche. Soziale Demagogie, sagt der DGB. Selbst Parteichef Jörg Meuthen sprach von Diskriminierung. Alexander Gauland, Meuthens Kompagnon im Parteivorsitz, unterstützt dagegen den Höcke-Kurs. In Augsburg stehen heftige Debatten um den Kurs der AfD ins Haus. Ein Antrag fordert, 2019 die Neuausrichtung der Partei zu diskutieren:

"Im Wahlkampf um den 19. Deutschen Bundestag zeigte sich besonders deutlich, dass die Alternative für Deutschland hinsichtlich einer klaren sozialpolitischen Programmatik Nachholbedarf hat." Aus einem Antrag an den Augsburger Parteitag

Höcke will die AfD umbauen

Höcke treibt zweierlei um. Zum einen arbeitet er schon seit Jahren an einem Umbau der Partei. Ideologisch inspiriert von der Neuen Rechten möchte aus der AfD eine nationalistische Bewegung mit antikapitalistischem Anstrich formen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Die vergangenen Machtkämpfe der Partei hatten gezeigt: Wenn es darum ging, eine Spaltung zu vermeiden, solidarisierte sich die Basis lieber mit Höcke als mit den seinen "liberalen" Gegnern wie einst Bernd Lucke und Frauke Petry.

Zum anderen greift Höcke nach den Wählern der Linken in Ostdeutschland. Die Linkspartei hat dem populistischen Angriff auf ihrem ureigensten Gebiet der "sozialen Gerechtigkeit" bislang wenig entgegenzusetzen.

Attacken auf die CSU

Seitdem die CSU bei der Flüchtlingspolitik auf Konfrontation zur Kanzlerin gegangen ist, bröckelt das zentrale AfD-Feindbild namens Merkel. Auf dem Parteitag werden sich die Redner deshalb auf die CSU einschießen. Deren Vorschläge zur Eindämmung der Migration bezeichneten AfD-Politiker schon im Vorfeld als "Mogelpackung" oder "Alibipolitik".

Bayerns AfD-Chef Martin Sichert sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Forderung von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer, bereits registrierte Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückzuweisen, löse nicht das zentrale Problem.

"Die große Masse kommt ja unregistriert und wandert quer durch Europa. Die erste starke Kontrolle in Europa muss an den Außengrenzen stattfinden, und wenn dahingehend jetzt ein Umdenken in Europa kommt, dann begrüßen wir das natürlich." Martin Sichert (AfD), Landesvorsitzender Bayern

Folgt man den Wahlumfragen, konnte der CSU-Kurs der AfD bislang nichts anhaben. Auch einen weiteren Rechtsruck wird die Partei wohl überstehen, ohne in der Wählerschaft Federn zu lassen. Anderslautende Voraussagen bewahrheiteten sich in der Vergangenheit nicht.