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Waisenhäuser Wenn Freiwilligenarbeit in Nepal es gut meint aber alles noch schlimmer macht

Tausende Volunteers gehen jedes Jahr ins Ausland, um zu helfen. Auch in Waisenhäuser in Nepal. Doch damit unterstützen sie ein System, das Kinder leiden lässt.

Author: Ruslan Amirov, Melanie Böff, Kathrin Wiewe

Published at: 25-7-2018

Jedes Jahr gehen alleine aus Deutschland über 25.000 Menschen als Freiwillige in die ganze Welt. Am gefragtesten ist die Arbeit in Waisenhäusern. Gerade Nepal ist sehr beliebt. Das Land am Fuß des Himalaya ist wunderschön und gleichzeitig bitterarm. Hilfe ist nötig, aber eben nicht jede.

Oft gibt es mehr Helfer als wirklich gebraucht werden. Deswegen werden neue Waisenhäuser gegründet. Die Kinder dort sind aber oft gar keine Waisen. Das Geschäft lohnt sich. Freiwilligenhelfer bezahlen viel Geld um dort zu arbeiten.

90 Prozent der Kinderheime entsprechen nicht den Standards

Diese Freiwilligen zahlen so für angebliche Hilfsprojekte bei denen am Ende hauptsächlich der Waisenhausbetreiber und die Vermittlungsagentur verdienen. Sebastian Drobner setzt sich für verantwortlichen Freiwilligentourismus ein. Er sieht diesen "Waisenhaustourismus" sehr kritisch: "Die Chance liegt bei ungefähr 90 Prozent, dass man ein Kinderheim vorfindet, in dem es den Kindern nicht so gut geht, in dem sich nicht ausreichend gekümmert wird."

Kinderheime in Nepal werden benutzt um Geld zu machen

Katharina war vor eineinhalb Jahren Volunteer in einem Waisenhaus in Kathmandu. Sie ist jetzt noch einmal zurückgekommen, um die Kinder zu besuchen. Das Waisenhaus hat sie über eine deutsche Vermittlungsorganisation gebucht. Sie berichtet: "Gestimmt hat die Adresse und der Name des Leiters, alle anderen Inhalte waren erstunken und erlogen."

Hat eine deutsche Organisation nicht die Pflicht ihre Angebote zu prüfen? Die Anfragen per E-Mail kann die Organisation nicht beantworten - aus Zeitmangel. Am Telefon heißt es, Volunteers hätten doch die Möglichkeit, sich über ein Kontaktformular zu beschweren. Die Angebote würden auch alle zwei bis drei Jahre geprüft.

Putzlappen als Binden für die Mädchen im Kinderheim

Recherchen unserer Reporter vor Ort zeigen: Die freiwilligen Helfer werden dazu gedrängt, zusätzlich Geld zu spenden. Dass es bei den Kindern ankommt, ist aber zweifelhaft. Selbst für Grundbedürfnisse und medizinische Versorgung wird nicht immer gesorgt, haben unsere Reporter herausgefunden.

Und ständig kommen und gehen ausländische Helfer. Manche Kinderhäuser erlauben, dass die Touristen nur ein paar Tage bleiben. Zum Teil dürfen sie sogar im Heim übernachten, was wider das Gesetz ist.

Woran erkennt man "schlechte" Waisenhäuser?

Sebastian Drobner will aufklären und verantwortliche Freiwilligen-Hilfe fördern. Aber wie erkennt man überhaupt die schwarzen Schafe? Drobner erklärt: "Wenn man ohne intensive Vorbereitung mit den Kindern in Kontakt kommt, wenn es keine Aufgabenbeschreibung gibt, das heißt, wenn man machen kann, was man möchte. Eigentlich müssten da die Alarmglocken losgehen.”

Es gilt: Wer einen Freiwilligendienst mit Kindern machen will, sollte also gut aufpassen, ob die Hilfe wirklich auch bei denen ankommt, die sie benötigen - und ob man den Betroffenen nicht mehr schadet als hilft.


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