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Ochsenfurt, Gnodstadt Der "Überfall" auf Bischof Julius Döpfner

Evangelische Reiter aus Gnodstadt haben am 28.06.1953 den Würzburger Bischof Julius Döpfner aufgehalten und beschimpft. Der Kirchenmann war auf dem Weg zu einer Einweihung und hatte den evangelischen Dekan ausladen lassen.

Stand: 28.06.2013 | Archiv

Überfall auf Bischof Julius Döpfner bei Ochsenfurt | Bild: Hans Heer

Julius Döpfner, der spätere Kardinal, war am 28. Juni 1953 in einer offenen Kutsche auf dem Weg zur Einweihung der Ochsenfurter Zuckerfabrik, als die Kutsche gestoppt wurde. Evangelische Reiter aus Gnodstadt blockierten die Kutsche und überzogen den katholischen Oberhirten mit lautstarken Beleidigungen. Hintergrund ist, dass Döpfner zu Einweihung der Zuckerfabrik darauf bestanden hat, allein die Weihe vorzunehmen. Der evangelische Dekan wurde auf Anordnung von Döpfner ausgeladen. Die für den protestantischen Würdenträger bestimmte Kutsche blieb leer. Der Eklat sorgte damals bundesweit für Schlagzeilen.

Zeitzeugen erinnern sich

Walter Ott, Fritz Kleinschroth und Paul Mader sind beide ehemalige Landwirte aus Gnodstadt. Die mittlerweile 81-Jährigen gehören zu den letzten noch lebenden Zeitzeugen dieses Vorfalls. Kleinschroth und Mader gehörten zu etwa 20 jungen Männern vom Reiterverein, die Pfuirufe auf den Bischof prasseln ließen. Sogar von Parolen wie "Zieht in 'raus, schlagt ihn tot!" ist später in den Zeitungen zu lesen. "Das kann schon sein. Wir waren damals jung und haben nicht auf jedes Wort aufgepasst", erzählen die beiden heute, und fügen erklärend hinzu: "Da haben wir so eine Wut gehabt, wenn du da unterdrückt wirst. Wir wollten unser Recht auch verteidigen!"

Adenauer schaltet sich ein

Die Gnodstädter Reiter ließen es nicht bei den verbalen Attacken bewenden. Sie wandten sich an Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU). Dieser fühlte sich durch den Ochsenfurter Vorfall im  Bundeswahlkampf gestört, schickte einen Staatsekretär zu Bischof Julius Döpfner und machte den Zwischenfall somit zur Staatsaffäre. Für den Kirchenmann Döpfner wird Ochsenfurt zum Wendepunkt. Als Bischof von Berlin und dann als Kardinal geht er auf die Protestanten zu.

Döpfner bedauert seine Entscheidung im Nachhinein

Julius Döpfner rechtfertigte seine Entscheidung, den Dekan ausladen zu lassen, in seinen Lebenserinnerungen mit dem damaligen Brauch, dass eben Einweihungen nur vom Vertreter jener Konfession vorgenommen werden, die im Ort die Mehrheit hat.

"Als ich nun nach Ochsenfurt kam erfuhr ich, dass auch der evangelische Dekan sich auch am liturgischen Akt beteiligen würde, und ich weigerte mich aus Konsequenzgründen, das zusammen mit ihm zu tun. Heute wäre so etwas kein Problem mehr!"

Kardinal Julius Döpfner


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