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Islamismus in Bayern Salafist überrascht Verfassungsschutz

Die Islamische Jugend Aschaffenburg versucht, Flüchtlinge für ihre Ideen zu gewinnen. Eines der Mitglieder spricht mit dem BR. Der Mann sagt, dass er sich einen Gottesstaat wünscht. Diese Offenheit gegenüber Journalisten überrascht den Verfassungsschutz.

Von: Joseph Röhmel und Diana Deutschle

Stand: 05.10.2015 | Archiv

Koran in Einkaufsnetz | Bild: picture-alliance/dpa

Ein Anruf bei einem jungen Mann aus Aschaffenburg. Er ist Salafist, gehört zur sogenannten Islamischen Jugend Aschaffenburg. Was er sagt, haben wir protokolliert:

"Seit es die Trennung von Staat und Kirche gibt, können wir kein politisches System der Welt mehr akzeptieren, weil das mit Unglauben verbunden ist, den der Koran nicht zulässt. Das einzige, was wir akzeptieren können, ist ein Kalif, der von Gott eingesetzt ist. Nur solche Gesetze akzeptieren wir."

Ein Mitglied der Islamischen Jugend Aschaffenburg

Nachgehakt beim Bayerischen Verfassungsschutz, der die Islamische Jugend seit über einem Jahr beobachtet: Pressesprecher Markus Schäfert spricht über die Äußerungen des Mannes im Bayerischen Rundfunk.

"Wenn nun ein Salafist gegenüber einem Medienvertreter sich so offen dazu bekennt, dass er diesen demokratischen Staat ablehnt und an seiner Stelle einen Gottesstaat haben will, dann zeugt das davon, dass er nicht am Rande dieser Szene steht. Dann steckt er tief drin und weist einen höheren Radikalisierungsgrad auf."

Pressesprecher Markus Schäfert      

"Unbeschriebene Blätter"

Der Verfassungsschutz hat festgestellt, dass Salafisten deutschlandweit dazu aufrufen, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren und dort für ihre Ideologie zu werben.

In Aschaffenburg sind etwa zehn junge Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren in der Islamischen Jugend aktiv, verteilen in der Innenstadt Korane, laden salafistische Prediger zu Vorträgen ein. Plattform der Gruppierung ist ein Facebook-Auftritt. In einem Video wird dort um Flüchtlingshelfer geworben.

Der Verfassungsschutz sorgt sich vor allem um unbegleitete Flüchtlingskinder und Jugendliche: "Man muss davon ausgehen, dass sie gerade den Kontakt zu Kindern suchen, weil Kinder noch unbeschriebene Blätter sind. Das heißt, die haben noch kein fertiges Weltbild und kein fertiges Religionsverständnis. Da tut man sich relativ leicht, die dann in eine salafistische Ideologie hinein zu sozialisieren," sagt Pressesprecher Schäfert.

Stadt will Flüchtlinge abschirmen

Nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks hat die Islamische Jugend Aschaffenburg bislang Kleider gespendet. Es gelang ihr auch, Flüchtlinge anzusprechen – allerdings ohne großen Erfolg.

Ehrenamtliche Helfer sind sensibilisiert. Die Stadt hat auf die jüngsten Meldungen reagiert und eine Taskforce aus Polizei, Jugendamt und Integrationshelfern gebildet, die über Salafismus aufklären sollen. Oberbürgermeister Klaus Herzog will die Flüchtlinge vor der Islamischen Jugend Aschaffenburg schützen.

"Da ist es unsere besondere Fürsorge, die Menschen, die erschöpft sind, die Menschen, die ihre Ruhe haben wollen, die sich einfach eine Zukunft aufbauen wollen, dass die nicht bedrängt werden, wie zum Beispiel von Gruppen, die den Salafisten nahestehen. Da müssen wir aufpassen und wir müssen auch als Demokratie aufpassen."

Klaus Herzog (SPD), Oberbürgermeister von Aschaffenburg

Nun gerät auch die Moschee, in der die Islamische Jugend Aschaffenburg aktiv ist, ins Blickfeld der Verfassungsschützer:

"Nachdem die Moscheeverantwortlichen ihre Räumlichkeiten der Islamischen Jugend Aschaffenburg bereits mehrfach für Veranstaltungen mit salafistischen Predigern überlassen haben, muss die Moschee damit rechnen, selbst in den Fokus des Verfassungsschutzes zu geraten."

Markus Schäfert, Pressesprecher des bayerischen Verfassungsschutzes

Islamische Jugend Aschaffenburg

Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet die Islamische Jugend Aschaffenburg" – eine Gruppe Jugendlicher, die in der Innenstadt Korane verteilt und salafistische Prediger zu Vorträgen nach Aschaffenburg einlädt. Nach Angaben der Verfassungsschützer hat die Islamische Jugend Aschaffenburg" mehrfach den umstrittenen Prediger Sven Lau zu Vorträgen eingeladen. Sven Lau ist vor allem im Ruhrgebiet aktiv. Als einer der Initiatoren der Sharia-Polizei hat er bundesweite Bekanntheit erreicht. Mitglieder der Sharia-Polizei sprechen Passanten an und belehren sie über ihren Verhaltenskodex.


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