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CSU-Chef oder Ministerpräsident Doppelstrategie mit ungewissem Ausgang

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Seehofer will eines seiner Spitzenämter aufgeben. Er könne nicht ewig beide Funktionen erfüllen, sagte er der "Bild am Sonntag". Was bedeutet das für die CSU?

Von: Rudolf Erhard

Stand: 17.10.2016

Horst Seehofer | Bild: picture-alliance/dpa/Sven Simon

Horst Seehofer lässt nicht locker. Vor 14 Tagen bereits hatte er in einer internen Sitzung - vor der mächtigen Riege der CSU-Bezirksvorsitzenden - die Trennung von CSU-Vorsitz und Ministerpräsidenten-Amt zur Diskussion gestellt. Das Echo war mehr als verhalten.

Denn den regionalen Parteifürsten war klar, welche Unruhe das noch vor der Bundestagswahl in die Partei hineintragen würde. Vor allem, da Seehofer ja in den Wochen davor schon gestreut hatte, ein künftiger CSU-Chef müsse auch am Kabinettstisch in Berlin sitzen. Das wurde parteiintern und in den Medien sofort als neuerlicher Seitenhieb gegen seinen ehrgeizigen Möchtegern-Nachfolger, Bayerns Finanzminister Markus Söder, interpretiert. Seehofer fährt also wieder einmal eine Doppelstrategie mit ungewissem Ausgang.

Kritik von omnipräsentem Söder

Söder, der ja unverhohlen um die Gunst der CSU-Landtagsfraktion buhlt, die sich selbst als Herzkammer der Partei rühmt, durchpflügt derzeit den Freistaat Bayern in einer Intensität wie kein anderer. Er bietet sich auf allen Veranstaltungen und in allen Bierzelten als der Beste an.

"Man kann zwar alles strategisch diskutieren. Aber Horst Seehofer hat einmal selbst gesagt, dass die Kraft der CSU in der Vereinigung der beiden Ämter liegt. Das war in der Vergangenheit so, und das Modell hat auch ganz gut funktioniert."

Bayerns Finanzminister Markus Söder

Und wie zu erwarten, äußerte Söder sich skeptisch zu der von Seehofer skizzierten Teilung der Ämter. Es komme am Ende nicht auf die Ämter, sondern auf die Personen an, sagte er. Das Amt des Parteichefs sei "das Ur-Amt" von Franz-Josef-Strauß. Es sei das schwierigste und wichtigste Amt zugleich, das so große Namen wie Edmund Stoiber, Theo Waigel oder Horst Seehofer inne hatten. Söder: "Das sind die Titanen der CSU." Dieses Amt werde nur demjenigen anvertraut, der die Unterstützung der Parteibasis habe. Von daher sei es falsch, jetzt über dieses Amt Personaldebatten zu führen. "Ämter kommen auf einen zu. Man buhlt nicht danach", betonte Söder.

Kronprinzen-Szenario nicht mehr relevant

Er nutzt dabei seine Doppelfunktion als Finanzminister des reichen Bayern und Heimatminister mit Landesplanungshoheit. Letzteres zelebriert Söder vor allem beim persönlichen Überreichen von Zuwendungsbescheiden für den Breitbandausbau. Konkurrenten oder auch Konkurrentinnen sind da nicht im Spiel. Vor allem, da das einst von CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer selbst entworfene Kronprinzen-Szenario zwischen Finanzminister Söder und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in der CSU kaum noch Relevanz besitzt.

Vorgabe mit Domino-Effekt

Brisanter ist da schon Seehofers Ansage, wer zukünftig die CSU als Parteivorsitzender führt, müsse auch am Kabinettstisch in Berlin sitzen. Eine Vorgabe, die einen Dominoeffekt auslöst. Denn die Vorbereitungen für die nächstjährige Bundestagswahl laufen auf Hochtouren. Ein Spitzenkandidat muss spätestens im Sommer gekürt sein. Seehofers Amtszeit als CSU-Chef läuft noch bis November 2017. 2015 bekam er mit 87,2 Prozent das schlechteste Ergebnis seiner Amtszeit. Bleiben also zwei Varianten.

Szenario 1: Seehofer wechselt ins Bundeskabinett

Entweder Seehofer stellt sich erneut zur Wahl und müsste dann, bei einem derzeit höchst unsicheren Sieg der Union bei der Bundestagswahl im Herbst 2017, gemäß seiner eigenen Vorgabe ins Bundeskabinett wechseln und das Ministerpräsidentenamt in Bayern aufgeben. Das würde dann, so wie die Stimmung derzeit in der darüber abstimmenden bayerischen CSU-Landtagsfraktion mit Händen zu greifen ist, dem danach gelüstenden Markus Söder zufallen. Ein höchst ungewisses Szenario, das Seehofer so nicht will. Erstens, weil er weiter, bis mindestens 2018, Ministerpräsident in Bayern bleiben will und zweitens, weil er Söder die Führung des Freistaats noch nicht überlassen will.

Szenario 2: Ein neuer CSU-Chef

Bleibt die Variante mit gehörigem Zündstoff in der Partei. Denn wenn nicht Seehofer die Partei in den Bundestagswahlkampf führt, ist die Liste der Alternativkandidaten kurz. Aus der Berliner Riege drängt sich niemand auf. Selbst nicht der frühere CSU-Generalsekretär und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt - mit dem Mautthema als Klotz am Bein. Dobrindt können sich in der Partei nur wenige als Wahlkampf-Spitzenkandidaten und CSU-Chef vorstellen.

Söder will in Bayern bleiben

Von den bayerischen Spitzenpolitikern bietet sich wiederum nur Finanzminister Söder an. Der aber, offiziell noch gar nicht gefragt, verbreitet überall, er will nicht nach Berlin, sein Spielfeld bleibe Bayern. Dies, obwohl er in jede Talkshow drängt, sich zu nahezu allen Themen äußert und sogar immer wieder einmal zu Aussagen von CSU-Chef Seehofer seinen eigenen Senf dazugibt.

Zuletzt bei Seehofers Idee bundesweiter Volksentscheide, die Söder, populistisch wie immer, gleich als eine mögliche Abstimmung über die Flüchtlingspolitik hochstilisierte. Trotz vieler persönlicher Vorbehalte, nicht nur bei CSU-Chef Seehofer, bleibt Söder dennoch ein Kandidat, der als Parteichef das Alleinstellungsmerkmal der CSU in und außerhalb Bayerns am besten repräsentieren würde. Weder Joachim Herrmann, derzeit bayerischer Innenminister, noch die bereits zitierte Ilse Aigner, können ihm da das Wasser reichen.

Trennung muss keine Schwäche bedeuten

Bleibt als Fazit: Eine Trennung von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt in Bayern ist, entgegen Seehofers früheren Schwüren, weder undenkbar noch muss das eine Schwächung für die CSU bedeuten. Wenn die Personen und die Charaktere stimmen, sprich persönlicher Ehrgeiz dem Wohl der Partei ungeordnet wird, hat die CSU damit in den vergangenen Jahrzehnten, wenngleich meist nur übergangsweise, gute Erfahrungen gemacht.

Viel Stoff zum Spekulieren

Genau so eine Übergangsphase steht der CSU aber bevor. Jetzt vor dem ungewissen Ausgang der Bundestagswahl 2017 und der für die bayerischen Christsozialen noch wichtigeren Landtagswahl 2018. Viel Stoff also zum Spekulieren und - wichtiger noch - zum nötigen Analysieren.

Und eben das sollte jetzt im Vordergrund stehen, meinen viele der CSU-Bezirksvorsitzenden in Bayern. Denn die organisieren Mehrheiten auf den Parteitagen und müssen draußen auf dem Lande ihre regionale Basis für Wahlkämpfe motivieren. Seehofers neue Vorgaben, Pläne und taktische Spielchen sorgen aber im CSU-Volk - bei allem Respekt für die derzeit noch alternativlose Führungskraft des Horst Seehofer - noch für viele Fragezeichen.


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Zitateschreiber, Montag, 17.Oktober 2016, 15:42 Uhr

17. Zitat

"„Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten. Vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk. Dann gnade Euch Gott!“
?Theodor Körner

PS_ED, Montag, 17.Oktober 2016, 13:51 Uhr

16. Welche Rolle spielt Stoiber?!

Bitte liebe Readaktion klärt doch diese einmal ab?

Warum?
- Herr Stoiber holte einst Herrn Seehofer in das Amt des Ministerpräsidenten!
- Herr Söder ist bekennender Stoiberianer!
- Nach manchen Meldungen ist Herr Stoiber dafür das Herr Seehofer wieder nach Berlin geht!
- Herr Stoiber hat mit Frau Merkel mehr als eine Rechnung offen!

Also für mich klinkt dies nach einer Partei- und Landesführung aus der zweiten Reihe heraus!

Kasperl Horst und Krokodil Markus hauen sich auf offener Landes- und Parteienbühne mit der Klatsche, aber nur soweit damit keiner zu großen Schaden nimmt, und der Puppenspieler keine blauen Finger bekommt!
Naja und gegen Merkel bellen die zahlnlosen Kettenhunde ja auch ordentlich!

....

Traurig diese Kaspertheater auf Kosten des Landes und des Bundes! Ok , diese Herren Schaffen die eigenlichen Probleme des landes nicht, weil sie dafür keine Zeit haben (gebunden im internen Zwist)!

  • Antwort von Hans Koch, Montag, 17.Oktober, 14:31 Uhr

    Hinterher müssen Herrn Seehofer alle Recht geben.....komisch. Warum hören die ihm nicht gleich zu. Einzig die Trennung von der CDU bekommt er nicht hin. Da wäre die AFD nicht halb so stark. Alle anderen Bundesländer hätten sehr gerne so einen Ministerpräsidenten. Natürlich hat er auch Schwächen. Wer hat mit Merkel keine Rechnung offen ? Es gibt ganz viele, die können sie echt nicht mehr ertragen.

  • Antwort von Agnes, Montag, 17.Oktober, 17:28 Uhr

    @Hans Koch
    Viele Bürger schätzen die CSU und ihren Ministerpräsidenten. Eine CDU unter anderer Führung würde sich für die AfD hinsichtlich des Wählerzuspruchs nachteilig auswirken. Ich mag zumindest Frau Merkel nicht mehr meine Wählerstimme geben. Die jetzige Situation empfinde ich als lähmendes auf der Stelletreten.

Hermann Gallistl, Montag, 17.Oktober 2016, 12:37 Uhr

15. Wendehals Seehofer

Herr Seehofer sollte von beiden Ämtern zurücktreten und einen fähigeren Nachfolger den Platz einräumen.
Seine ständigen negativen Ankündigungen Richtung Merkel und Söder nerven. Er sollte die Kanzlerin klar in die Ecke stellen und Herrn Söder eindeutig unterstützen.
Einen besseren Nachfolger findet er nicht.

Josi Löw, Montag, 17.Oktober 2016, 12:31 Uhr

14. Laufende Sendung

Die dümmste Diskussion seit langem! Herr Seehofer ist so ein politissches Schwergewicht in Bayern und in Deutschland, dass Sie ihm die Entscheidungen und die Abstimmung mit seinen Parteigranden beruhigt selbst überlassen lkönnen. Wir bräuchten deutlich mehr solche Politiker, die nicht ständig um den heißen Brei herumreden, sondern klare Stellungnahmen abgeben. Und ausgerechnet unserem MinPräs vorzuwerfen, er wisse nicht, was er wolle, ist die unzutreffendste Fehleinschätzung, die man treffen kann.

  • Antwort von christine, Montag, 17.Oktober, 13:12 Uhr

    Was helfen klare Aussagen, wenn man nichts damit erreicht. Viele werden die CSU nicht mehr wählen, weil sie damit ja Merkel wählen. Seehofer ist ein zahnloser Tiger, der zwar faucht , aber nicht beißt, bzw. beißen kann, weil es ja die Schwesterpartei ist. . Siehe Maut, Flüchltlingspolitik, Flughafen, etc.
    Warum in Bayern nicht mehr Politiker für ein selbständiges Bayern plädieren, ist mir unverständlich. Bayern selbständig mit Seehofer , Söder ,Scheuer, das wäre es. Keine Zahlungen mehr nach Berlin, Nord-Rhein-Westfalen etc.. Bayern soll für sich regional bestimmen können, was gut ist. und nicht von anderen bestimmt werden. Mit so einer Konstellation könnte Seehofer seine Beliebtheit hier in Bayern wieder voll ausleben.

  • Antwort von sybelline, Montag, 17.Oktober, 13:50 Uhr

    Herr Löw ich geben Ihnen vollkommen Recht. Sehr guter Kommentar. Ich sehe es genauso wie Sie. Ich finde, eine klare Haltung anstatt der Pseudomoral einer Angela Merkel würde bei uns vieles erleichtern. Auch für unseren zu integrierenden Neubürger wären klare Ansagen hilfreich und erleichtern eine erfolgreiche Integration. Und ich finde immer wieder die eindeutigen Ansagen aus Bayern (aber besonders auch die von Herrn Kurz) sehr erfrischend, auch wenn sie dafür von Berlin und den berlintreuen Medien dafür öffentlich gegeißelt werden. Komisch immer wenn ein CSU´ler etwas Wahres ausspricht, dann geht ein regelrechter shitstorm los. Und die Tatsache, dass die CSU nicht alles durchsetzen kann, liegt natürlich einfach an den Mehrheitsverhältnissen. Aber soll die CSU deshalb schweigen nur damit der Koalitionsfrieden gewährleistet ist? Das fände ich als Bürger noch viel schlimmer. Dann hätte die Demokratie verloren........

Kritischer Hörer, Montag, 17.Oktober 2016, 12:19 Uhr

13. CSU wäre sofort erledigt, wenn die Parteispenden endlich begrenzt wären!!

Und das Thema dieses Tagesgesprächs auch. Begrenzung auf ein durchschnittliches Monatseinkommen würde die ganzen Spenden von Klatten & Co. nicht mehr ermöglichen und damit auch wieder in meinen Augen "demokratischere" Verhältnisse herstellen.

Die CSU ist bekanntlich nicht durch Wahlen (wieder) an die Regierung gekommen. Das mit der Bayernpartei hatte damals schon mehr als ein "Geschmäckle".

Ich habe zu oft mitbekommen, dass einzelne Mitglieder dieser Partei nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

Nach dem Krieg hatte die CSU ja ohnehin mit der später verbotenen KPD das Grundgesetz abgelehnt.