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50 Jahre Schwabinger Krawalle Rebellion, Gewalt und ein paar Musikanten

21. Juni 1962: Ein paar Jugendliche treffen sich auf der Münchner Leopoldstraße, um Gitarre zu spielen. Anwohner fühlen sich gestört und rufen die Polizei. Die Situation eskaliert. Es kommt zu nächtelangen Straßenschlachten - bis heute hallen die sogenannten Schwabinger Krawalle nach.

Von: Stefanie Gentner

Stand: 20.07.2012 | Archiv

Schwabinger Krawalle | Bild: picture-alliance/dpa

Wolfram Kunkel, Hans Sitka Wunderlich und Michael Erber waren die drei fröhlichen Musikanten. Mit ihren Gitarren spielten sie Volkslieder, Blues, Spirituals. "Es war so ein schöner Sommertag. Da wollten wir nicht in unseren Räumen üben, sondern sind natürlich raus", erinnert sich Kunkel.

Mit Gummi-Knüppeln gegen Musikanten

Die Passanten auf der Leopoldstraße fanden's toll und freuten sich über die beschwingten Töne. Sie solidarisierten sich mit den Musikanten, als plötzlich die Polizei mit Gummi-Knüppeln anrückte. "Die Beamten wollten uns sofort verhaften, und das hat die Leute sehr geärgert", sagt Kunkel. Es folgten laute Proteste, aufgestochene Reifen und Gewalt - und das lange vor den Stundentenunruhen der späten 60er-Jahre.

OB Hans-Jochen Vogel will deeskalieren

Münchens OB Hans-Jochen Vogel ...

Die Ereignisse schaukelten sich hoch. In fünf weiteren Nächten lieferten sich Demonstranten und Polizei gewaltsame Straßenschlachten. Unterschiedliche Quellen sprechen von 10.000 bis zu 40.000 Protestierenden. Letztendlich gab es Hunderte Festnahmen und viele Verletzte. Dabei bekamen auch Unbeteiligte, Touristen und Anwohner, die Schlagstöcker der überforderten Polizeibeamten zu spüren. Schließlich schaltete sich auch der damalige Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD) ein. Er versuchte, mit den Demonstranten zu sprechen - jedoch erfolglos.

Generationenkonflikt: Gehorsam vs. kurze Röcke

Gerhard Fürmetz | Bild: picture-alliance/dpa

Er kennt die Hintergründe: Historiker und Autor Gerhard Fürmetz

Die Menschen protestierten gegen das Vorgehen der Staatsgewalt. "Sie waren entsetzt von den Eingriffen und wollten sich nicht von der Polizei gängeln lassen", so erklärt Historiker und Autor Gerhard Fürmetz die Geschehnisse. Weniger politisch motiviert, waren die Schwabinger Krawalle wohl vielmehr Ausdruck des Konfikts zwischen den Generationen: Die Älteren forderten Respekt und Gehorsam. Den Jüngeren gefielen kurze Röcke und lange Haare.

Schlechtes Wetter beendete schließlich die Tumulte im Sommer 1962, ein erster Funke der Rebellion sollte jedoch nicht mehr erlöschen. Und so werden die Schwabinger Krawalle und das brutale Vorgehen der Polizei oft als Vorboten für die Politisierung und die sechs Jahre später aufflammende 1968er-Bewegung bewertet.


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