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Brandanschlag 1988 Schwandorf gedenkt mit großer Verspätung

Im Dezember 1988 verübte ein Neonazi auf ein Schwandorfer Haus einen Brandanschlag, bei dem drei Türken und ein Deutscher ums Leben kamen. Lange fehlte diese fremdenfeindliche Tat im offiziellen Gedächtnis der Stadt. 21 Jahre danach wurde erstmals in einer Gedenkstunde der Opfer erinnert.

Published at: 17-12-2009 | Archiv

Brandanschlag von Neonazi Josef S. in Schwandorf 1988 | Bild: picture-alliance/dpa

Im Dezember 1988 verübte ein Neonazi auf ein Schwandorfer Haus einen Brandanschlag, bei dem drei Türken und ein Deutscher ums Leben kamen. Lange Zeit fehlte diese fremdenfeindliche Tat im offiziellen Gedächtnis der Stadt. 21 Jahre danach wurde nun erstmals in einer Gedenkstunde an die Opfer erinnert. Der 17. Dezember 1988 war einer der schwärzesten Tage in der Geschichte der oberpfälzischen Kleinstadt. Der damals 19-jährige Neonazi Josef S. zündete das dreistöckige sogenannte Habermeier-Haus an, in dem vorwiegend Türken wohnten. Bei dem Brandanschlag kamen ein türkisches Ehepaar, dessen elfjähriger Sohn und ein Deutscher ums Leben. Zwölf weitere Bewohner wurden zum Teil schwer verletzt, als sie sich mit Sprüngen aus dem Fenster zu retten versuchten. Der Schwandorfer Anschlag war eine der folgenreichsten fremdenfreindlichen Taten in Bayern.

Interkulturelle Veranstaltung

Gedenken an die Opfer des Brandanschlags

Das war - wie gesagt - vor 21 Jahren. Doch erst jetzt hat sich die Stadt dazu durchgerungen, erstmals eine offizielle Gedenkstunde für die Opfer abzuhalten. Sie fand am späten Donnerstagnachmittag in der Moschee des Türkisch-Islamischen Kulturvereins statt. Auch die türkische Generalkonsulin Ece Öztürk Çil nahm daran teil. Mit dem Gedenken, das künftig an jedem 17. Dezember an wechselnden Orten stattfinden soll, will Schwandorf ein Bekenntnis für eine offene Gesellschaft, Integration und demokratische Grundwerte ablegen. Vorausgegangen war ein entsprechender Stadtratsbeschluss vom Oktober 2009.

Gedenktafel wurde heruntergerissen

Zuvor hatte sich Schwandorf jedoch schwer getan, mit dem Anschlag angemessen umzugehen. Erst 2007 wurde nahe dem Tatort eine Gedenktafel angebracht, die bald von Unbekannten heruntergerissen wurde. Sie musste erneuert werden. Seit 1994 stellten Bürger immer wieder Anträge, ein Denkmal zu errichten. Sie wurden regelmäßig abgeschmettert, unter anderem mit dem Argument, Josef S. sei ein Einzeltäter gewesen, ansonsten gebe es in der Stadt keine rechte Szene.

Rechte Szene in der Oberpfalz

Doch in Schwandorf existiert sehr wohl eine Neonazi-Kameradschaft. Es ist nicht die einzige in der Oberpfalz. Diese Vereinigungen haben sich im "Freien Netz Süd" zusammengeschlossen, einer Informationsplattform, die rechtsradikale Aktionsgruppen vernetzt. In Neonazi-Kreisen gilt Josef S., der 2001 nach 13 Jahren Haft entlassen wurde, als Märtyrer.

Bürger gegen Neonazis

Doch auch das demokratische Schwandorf zeigt Flagge. So riefen Stadträte, Kirchen und der Türkisch-Islamische Kulturverein zu einer Gegendemonstration gegen die Neonazi-"Mahnwache" im Juni auf. Inzwischen wurde in der Stadt auch ein interkulturelles Bündnis gegen Rechts gegründet, an dem sich auch Politiker und Verbände beteiligen. Die Schwandorfer Berufsschule, die Josef S. zur Tatzeit besuchte, engagiert sich seit dem Anschlag gegen Rassismus.


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