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Polizeigewalt in den USA Falsche Zeit, falscher Ort, falsche Hautfarbe

Auch zum Ende der Präsidentschaft Barack Obamas reißt die Kette zweifelhafter Polizeieinsätze gegen Farbige nicht ab, die Debatte erreicht einen neuen Höhepunkt. Die Fälle der letzten sechs Monate - und ein trauriges Jubiläum.

Von: Michael Kubitza

Stand: 10.08.2015

  • März 2015

    März 2015

    Verriegelte Türen, entsicherte Revolver

    Ein weißer Polizist erschießt bei Atlanta (Georgia) einen wohl geistig verwirrten Schwarzen, der an Haustüren geklopft haben soll. Es kommt zu Protesten.

    Der Ort hat Symbolkraft. In Atlanta ist Martin Luther King geboren, im Morehouse College für junge Schwarze hatte Obama 2013 eine seiner persönlichsten und meistbeachteten Reden gehalten. Zitat: "Es gibt ganz wenige afroamerikanische Männer, die nicht erlebt haben, wie Schlösser verriegelt werden, wenn sie auf dem Bürgersteig entlang gehen. Das passierte mir auch – zumindest bis ich Senator war."

    >>> Audio rechts: Obama in Atlanta

  • April 2015
    Symbolbild: Blick auf den Gürtel mit der Ausrüstung an einer amerikanischen Polizeiuniform | Bild: mauritius-images

    April 2015

    Fataler Fehlgriff

    Ein weißer Hilfspolizist erschießt bei einer Razzia inTulsa (Oklahoma) einen vorbestraften Schwarzen. Angeblich wollte der Polizist nur zum Elektroschocker greifen.

  • April 2015

    April 2015

    Tod im Arrest

    Ein Afroamerikaner stirbt in Baltimore (Maryland) an den Folgen einer Rückenverletzung. Er war im Polizeigewahrsam misshandelt worden. Es kommt zu schweren Krawallen.

    >>>Video rechts: Baltimore im Ausnahmezustand

  • April 2015
    Polizei nach Schießerei in einer Kirche in Charleston  | Bild: dpa-Bildfunk

    April 2015

    Das Doppeldrama von Charleston

    In North Charleston (South Carolina) erschießt ein weißer Polizist einen flüchtenden, unbewaffneten Schwarzen von hinten. Der auf einem Video festgehaltene Fall sorgt international für Aufsehen.

    Das einige Kilometer südlich gelegene Charleston - ehemals Hauptstadt von South Carolina - erlebt zwei Monate später ein noch größeres Blutbad. Bei einem Amoklauf in einer Kirche erschießt ein 21-Jähriger Weißer neun Afroamerikaner.

  • Juli 2015
    Gouverneur George Wallace (l) erklärt dem stellvertretenden Justizminister Nicholas Katzenbach (r) am 13.06.1963 mit erhobenem Zeigefinger, dass er der Registrierung von afro-amerikanischen Studenten an der Universität von Alabama nicht stattgeben wird.  | Bild: picture-alliance/dpa

    Für Rassentrennung: George Wallace, der von 1964 bis 1976 viermal fürs Weiße Haus kandidierte.

    Juli 2015

    Once again: Alabama

    Nachdem ihn Polizisten mit Pfefferspray besprüht haben, stirbt ein Schwarzer in Tuscaloosa (Alabama). Der Mann habe bei seiner Festnahme Widerstand geleistet, heißt es.

    In Tuscaloosa war es 1963 bei der Immatrikulation der ersten farbigen Studenten zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Hier blockiert Gouverneur Wallace den Eingang zur Uni - gibt aber wenig später auf Anordnung der Bundespolizei klein bei.

  • Juli 2015
    Trauerfeier in Cincinnati 2001 | Bild: picture-alliance/dpa

    Archivbild: Trauerfeier im Jahr 2001

    Juli 2015

    Once again: Ohio

    Nach einem Handgemenge erschießt ein weißer Polizist in Cincinnati (Ohio) bei einer Verkehrskontrolle einen unbewaffneten Schwarzen. Sein Wagen hatte vorne kein Nummernschild.

    Die Industriestaat Cincinnati ist einer der Hot Spots von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Im Jahr 2001 wurden in der 300.000-Einwohner-Stadt in ähnlichen Situationen fünf Schwarze erschossenen.

  • August 2015
    Freunde und Familie trauern bei einer Mahnwache in Arlington, Texas um Christian Taylor | Bild: imago/ZUMA Press

    Trauerfeier für den getöteten Christian Taylor.

    August 2015

    Unklare Beweislage

    Der bisher letzte Fall ereignet sich am 8. August in Arlington, Texas. Die Version der Polizei: Christian Taylor, ein 19-jähriger farbiger Student, fährt mit seinem Wagen durch die Scheibe eines Autohauses und ignoriert die Aufforderung der Cops, sich zu ergeben. Ein Polizist schießt und trifft tödlich.

    Auf Twitter wird dies bezweifelt und gemutmaßt, Taylor sei erst in das Autohaus gekracht, nachdem er getroffen war. Funkaufzeichnungen und die Bilder der Überwachungskamera geben kein klares Bild.Die Gerichtsmedizin stellt Schusswunden an Hals, Brustkorb und Bauch fest.

  • August 2015

    August 2015

    Ferguson, ein Jahr danach

    Nach dem zunächst friedlichen Gedenken Michael Brown, der vor einem Jahr in Ferguson erschossenen wurde, ist es dort in der Nacht zum Montag zu Krawallen gekommen. Demonstranten hatten eine Straße blockiert und Scheiben eingeworfen, die Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen massiv dagegen gehalten. Das Police Department twitterte, ein Beamter sei unter "heftigen Beschuss" gekommen. Ein Foto zeigt ein Auto mit durchschossener Windschutzscheibe. Zeugen berichten von zwei schwer verletzten Demonstranten. Die Stadt verhängte den Ausnahmezustand.

    >>>Video rechts: Amateuraufnahmen aus Ferguson

  • August 2015
    1965: Rassenunruhen in Watts, Kalifornien | Bild: picture-alliance/dpa

    August 2015

    Erinnerungen an Watts

    Auch das noch: Am 13. August ist der 50. Jahrestag der "Watts Riots". 1965 brechen in diesem vorwiegend von Farbigen bewohnten Stadtteil von LA schwere Rassenunruhen aus, nachdem ein Farbiger von einem weißen Polizisten wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen wird.

    Eigentlich geht es um anderes: die Benachteiligung Farbiger bei der Bildung, bei Arbeits- und Wohnungssuche und um Alltagsrassismus. Die Regierung setzt 5.000 Soldaten der Nationalgarde ein. Bilanz: Rund 40 meist bei Plünderungen erschossene Tote, mehrere hundert Verletzte, 4.000 Festnahmen.

  • Dezember 2015

    Dezember 2015

    Tödliches Versehen

    In Chicago erschießen Polizisten eine fünffache Mutter und einen Studenten. Beide sind schwarz. Der 19-Jährige hatte seinen Vater mit einem Baseballschläger bedroht, die Nachbarin wird nach Polizeiangaben aus Versehen getroffen.

  • Mai 2016

    Mai 2016

    Tod im Auto

    Am Steuer eines gestohlenen Autos wird eine junge Afroamerikanerin in San Francisco von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Auf Druck des Bürgermeisters nimmt der Polizeichef seinen Hut.

  • Juli 2016
    Protestkundgebungen in Manhattan, New York, wegen des gewaltsamen Todes von Alton Sterling und Philando Castile | Bild: Reuters (RNSP)/Bria Webb

    Juli 2016

    Zwei Tote in zwei Tagen

    In Falcon Heights (Minnesota) stirbt ein 32-jähriger Schwarzer im Krankenhaus, nachdem ein Polizist bei einer Fahrzeugkontrolle mehrfach auf ihn geschossen hatte. Nur einen Tag zuvor hatten zwei Beamte in Baton Rouge (Louisiana) einen 37-Jährigen auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen.


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