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Twittern nach Großereignissen Schnellschüsse der Politik

Immer wieder sorgen Politiker im Netz für Aufregung. Beispiel Julia Klöckner und ihr Köhler-Tweet 2009. In letzter Zeit aber besonders geballt. Die Absichten können dabei völlig unterschiedlich sein.

Author: Moritz Pompl

Published at: 26-7-2016

Tweet von Renate Künast zum Amoklauf im Zug bei Würzburg | Bild: Screenshot Twitter; Montage: BR

Die Axt-Attacke in einem Regionalzug bei Würzburg vor einer Woche war gerade mal drei Stunden her, da twitterte Renate Künast von den Grünen:

Der zweite Teil des Tweets sorgte im Netz für heftige Debatten. Sofort war die Twittergemeinde empört über Künast. Auch die Bayerische Polizei schrieb zurück:

Selbst in der eigenen Partei waren manche unzufrieden mit Künasts Fragezeichen-Tweet. Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt stellte klar:

Politische Anliegen in die Debatte bringen

Aber grundsätzlich sprachen viele auch von Verständnis, weil man in 140 Zeichen einfach nicht alles ausdrücken kann, was man vielleicht gerne ausdrücken würde. Und Andreas Jungherr, Experte für politische Onlinekommunikation an der Uni Konstanz, glaubt, dass viele Politiker mit derlei Tweets ziemlich bewusst vorgehen.

"Da geht´s für Politiker auch darum, in diesem Moment, den politischen Diskurs in eine Richtung zu bringen, die ihren poltischen Anliegen entsprechen. Und das nennt man in dem Moment Agenda-Setting."

Andreas Jungherr, Experte für politische Onlinekommunikation

Dieses Agenda Setting durch einen markigen Spruch auf Twitter kann durchaus auch im Sinne einer Partei sein, glaubt Jungherr, selbst wenn der Twitterer erstmal zurückgepfiffen wird. Die Debatte nämlich, in dem Fall um die Polizeiarbeit, ist eben trotzdem in eine bestimmte Richtung gebracht, die der Partei entspricht. Oder anders ausgedrückt:

"Ne taktische Intervention über Twitter."

Andreas Jungherr, Experte für politische Onlinekommunikation

Aber nicht immer steckt Taktik hinter Politiker-Tweets. Nach dem Münchner Amoklauf am letzten Freitag zum Beispiel meldete sich eine Stunde später Maximilian Krah vom CDU-Kreisvorstand in Dresden zu Wort.

Tweet Max Krah | Bild: BR

"Das muss der Wendepunkt sein. Die Willkommenskultur ist tödlich. Es geht um unser Land!"

Der inzwischen gelöschte Tweet von Maximilian Krah, CDU-Kreisvorstand in Dresden

Zu diesem Zeitpunkt war noch überhaupt nicht klar, ob Islamisten hinter der Tat stecken – und tatsächlich war ein einzelner, psychisch Kranker verantwortlich, in München geboren, und ohne religiöses Motiv unterwegs. Maximilian Krah löschte den Tweet. Der Shitstorm im Netz war ihm allerdings sicher: "einfach ekelhaft", schrieben manche. Und die Dresdner CDU distanzierte sich, indem sie zu Ruhe und Zurückhaltung aufrief, das sei "angebrachter als Spekulationen und politische Interpretation". Andreas Jungherr sieht in Krahs Tweet viel weniger Kalkül und Abgebrühtheit als bei Renate Künast, sondern eher private Meinung, vorschnell geäußert.

Erlaubt ist was gefällt?

"Wir haben es jetzt hier ja nicht mit einem Politiker zu tun, der das hauptberuflich auf der Bundesebene in dem Moment leistet, und insofern haben wir es halt auch mit einer anderen Gewichtsklasse an Professionalisierung zu tun."

Andreas Jungherr, Experte für politische Onlinekommunikation

Trotzdem muss auch ein solcher Tweet nicht unbedingt ein Schaden für den Twitterer sein. Der Spott der Netzgemeinde verfliegt in der Regel schnell, und je nach Fall und Partei trifft derjenige vielleicht sogar ein Gefühl in seinem poltischen Verband. Frei nach dem Motto: Erlaubt ist, was gefällt. Stichwort: Gauland und Boateng.

Wenn es nach Andreas Jungherr geht, sollte sich jeder Politiker wieder etwas genauer überlegen, was er da eigentlich schnell twittert.

"Je größer da das Bedürfnis ist immer was neues dazu beizutragen, oder was schlauer zusagen weil man im Fernsehen ist oder vor dem Fernseher sitzt. Und kommentieren möchte, desto gefährlicher wird es dann eben für so eine Art Panikmache, die in dem Moment auftreten kann."

Andreas Jungherr, Experte für politische Onlinekommunikation

Also: Wieder etwas mehr contenance bitte.


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Franz, Dienstag, 26.Juli 2016, 10:54 Uhr

1. Köhler-Tweet

Hmmm. Der Tweet dürfte 2009 gewesen sein.

  • Antwort von Redaktion BR24, Dienstag, 26.Juli, 10:59 Uhr

    Stimmt, danke!