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Der Papst aus Bayern Besuch beim Bruder und folgenschweres Zitat

In Regensburg hält Papst Benedikt XVI. während seines Bayern-Besuchs 2006 eine Große Messe auf dem Islinger Feld ab und besucht seinen Bruder. Während seiner Rede an der Universität sorgt er mit einem folgenschweren Zitat für Aufruhr in der islamischen Welt.

Stand: 17.05.2011 | Archiv

Gleich drei gewichtige Programmpunkte bestimmen den 12. September 2006, den vierten Tag des Papstbesuchs in Bayern: Am Vormittag zelebriert Benedikt XVI. auf dem Islinger Feld bei Regensburg zweieinhalb Stunden lang einen Gottesdienst im Zeichen seines Besuchs-Mottos: "Wer glaubt, ist nie allein", betont der Pontifex. Nach einem Treffen mit Wissenschaftlern an der Universität Regensburg steht am frühen Abernd schließlich eine Ökumenische Vesper auf dem Programm.

4. Tag, Vormittag: Große Messe auf dem Islinger Feld

Nachdem der Papst seine Visite in Altötting ganz in das Zeichen der Marienverehrung gestellt hat, beschäftigt er sich in seiner Regensburger Predigt mit "lebensgefährlichen Erkrankungen der Religion und der Vernunft": Hass und Fanatismus führten zu "Zerstörungen des Gottesbildes". Es sei wichtig, "klar zu sagen, welchem Gott wir glauben und zu diesem menschlichen Antlitz Gottes zu stehen".

Kritische Worte richtet der Papst am Ort seiner früheren Lehrtätigkeit auch an die Wissenschaft:

"Seit der Aufklärung arbeitet wenigstens ein Teil der Wissenschaft emsig daran, eine Welterklärung zu finden, in der Gott überflüssig wird."

Papst Benedikt XVI.

Diesem Zufälligen und Unvernünftigen stellt Benedikt die "schöpferische Vernunft" Gottes gegenüber:

"Diese schöpferische Vernunft ist Güte. Sie ist Liebe. Sie hat ein Gesicht. Gott lässt uns nicht im Dunkeln tappen."

Papst Benedikt XVI.

Am Ende seiner Predigt schließt sich dann der Bogen erneut hin zur Mutter Gottes und zum Motto des Papstbesuchs:

"Nehmen auch wir Maria als den Stern unseres Lebens an, der uns in die Familie Gottes hineinführt."

Papst Benedikt XVI.

4. Tag, Nachmittag: Vorlesung an der Universität

Benedikt XVI. spricht im Auditorium Maximum der Regensburger Universität

Nach der Nachmittagsruhe des Papstes steht eine Begegnung mit Wissenschaftlern und Studenten an der Universität Regensburg auf dem Programm, an der Ratzinger von 1969 bis 1977 Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte war. In seiner Vorlesung plädiert Benedikt XVI. dafür, Glaube und Wissenschaft aufeinander zu beziehen.

In einem Überblick der abendländischen Geistesgeschichte schildert der Papst, wie biblischer Glaube und griechisches philosophisches Fragen am Ende der Antike eine Synthese eingegangen seien und - angereichert durch das Erbe Roms - Europa geschaffen hätten. Die neuzeitliche Selbstbeschränkung der Vernunft habe dann jedoch die Wissenschaft auf das Zusammenspiel von Mathematik und Empirie verkürzt und die Gottesfrage als vor- oder unwissenschaftlich abgetan.

Eine solche Verengung der Vernunft führe dazu, dass das subjektive Gewissen als einzige ethische Instanz übrig bleibe. Daher müssten Vernunft und Glaube nun auf eine neue Weise zueinander finden. In diesem Zusammenhang spricht sich der Papst gegen eine auf Positivismus reduzierte Weltanschauung aus: Es sei notwendig, die selbstverfügte Beschränkung der Vernunft auf das im Experiment Widerlegbare zu überwinden.

In der Regensburger Vorlesung zitiert Benedikt XVI. den byzantinischen Kaiser Manuel II. - ein Satz, der hohe Wellen in der islamischen Welt schlagen soll:

"Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten."

Byzantinischer Kaiser Manuel II.

4. Tag, Abend: Ökumenische Vesper ohne Annäherung

Papst Benedikt mit Landesbischof Johannes Friedrich und Metropolit Augustinus

Weiterer Höhepunkt des vierten Besuchstags in Bayern ist eine ökumenische Vesper im Regensburger Dom, bei der auch der orthodoxe Metropolit Augoustinos von Deutschland, der evangelisch-lutherische Landesbischof von Bayern, Johannes Friedrich, und Vertreter der jüdischen Gemeinde teilnehmen.

Von der ökumenischen Vesper erhoffen sich vor allem die evangelischen Christen eine Annäherung. Doch ein entsprechendes Signal bleibt bei der Predigt von Benedikt XVI. aus. Er begrüßt lediglich die "Freunde aus den verschiedenen Traditionen der Reformation" und hebt das gemeinsame Gottesbild hervor, vermeidet für die evangelischen Gläubigen einmal mehr aber den Begriff "Kirche". Der Pontifex betont zudem, der "Rechtfertigungskonsens bleibt eine große und noch nicht recht eingelöste Verpflichtung für uns".

5. Tag: Orgeleinweihung und Besuch beim Bruder

Der Papst zu Besuch bei seinem älteren Bruder

Bei all dem Medienrummel um den Papst während seiner sechstägigen Bayernreise findet am 5. Tag der wohl privateste Moment für Benedikt XVI. statt: der Besuch bei Bruder Georg Ratzinger. Zunächst hat der Papst am Vormittag allerdings noch den einzigen - zumindest halboffiziellen - Termin des Tages: Mit einer Ansprache weiht der Pontifex die neue Orgel in der Alten Kapelle von Regensburg ein. Ein durchaus papstwürdiges Instrument - die Orgel besitzt 2.448 Pfeifen, unter ihnen auch Register wie Vogelgesang und Glockenspiel. Das erste auf der Orgel gespielte Werk: die Toccata und Fuge in D-Moll von Johann Sebastian Bach, interpretiert vom Regensburger Organisten Professor Norbert Düchtel.

An seinem laut Agenda "freien Tag" besucht der Papst am Nachmittag das Grab seiner Eltern und seiner Schwester auf dem Friedhof im Regensburger Stadtteil Ziegetsdorf. Zusammen mit seinem Bruder Georg betet der Papst an der schlichten Grabstätte, die mit einem Rosen- und Lilienstrauß geschmückt ist.

Georg (links) und Joseph Ratzinger am Grab ihrer Eltern und ihrer Schwester auf dem Ziegetsdorfer Friedhof in Regensburg

Danach besucht der Pontifex mit einigen Begleitern - darunter dem Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller - die nahe gelegene Kirche St. Josef. Im Anschluss daran fahren Benedikt und sein Bruder zurück in das Wohnhaus Joseph Ratzingers im Regensburger Vorort Pentling.


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