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Opposition in Bayern Die ewigen Verlierer

Sie schreiben Jahr für Jahr Hunderte Anträge, arbeiten Gesetzentwürfe aus, entwickeln einen alternativen Haushalt, halten Reden im Parlament, beantragen Untersuchungsausschüsse und führen Wahlkämpfe. Nur eines werden die 79 Abgeordneten der Opposition im Bayerischen Landtag nie tun: Regieren.

Von: Erich Wartusch und Michael Schneider

Stand: 10.01.2016 | Archiv

An eine Zeit vor der CSU-Herrschaft kann sich kaum ein Abgeordneter des Landtag persönlich erinnern. Es ist einfach zu lang her. Seit 1957, also seit 59 Jahren, regiert die CSU − mit einer kurzen Ausnahme − immer allein.

Opposition als Lebensaufgabe

Ein Machtwechsel ist im politischen System Bayerns nicht vorgesehen. Krisen, Affären und Katastrophen kratzen nicht an der CSU-Vorherrschaft. Im Gegenteil: Für den Landesbank-Skandal und die Verwandtenaffäre dankten die Wähler der CSU bei der Landtagswahl 2013 mit der absoluten Mehrheit. Sich danach noch eine politische Krise auszumalen, die groß genug wäre, die CSU von der Macht zu verdrängen, dafür reicht die Fantasie nicht mehr aus.

Eine kleine Geschichte der Opposition in Bayern

Oppositionsbank in der vorletzten Legislaturperiode

Ausgangspunkt – die Geschichte der bayerischen Oppositionsparteien: Im Oktober 1957 zerbrach die Viererkoalition unter SPD-Ministerpräsident Wilhelm Hoegner. Die CSU zog taktisch geschickt die anderen Parteien in eine eigene Koalition. Bald jedoch wurde es einsam an der Spitze. Zum Regieren brauchte die immer stärker werdende Partei die Kleinen nicht mehr. Die Bayernpartei verschwand nach 1966 in der Bedeutungslosigkeit.

Die NPD tauchte Ende der 60er für vier Jahre im Landtag auf. Die FDP war mal drin, mal draußen, schaffte nach vielen mageren Jahren 2008 den Sprung ins Maximilianeum und wurde zum Mehrheitsbeschaffer für die CSU, flog dann aber in hohem Bogen wieder aus dem Landtag. Die Freien Wähler sind derzeit die jüngste Oppositionspartei.
Am längsten sind die SPD und die Grünen in der Opposition.

Schlechte Karten für die Opposition

Das wissen auch bayerische Oppositionspolitiker. Egal was kommt, sie selbst werden nie auf der Regierungsbank sitzen. Opposition in Bayern sein heißt, ein Schicksal zu teilen, einen Leidensweg zu gehen. Der langjährige Oppositionsführer Franz Maget (SPD) zu den Gründen, warum man als Oppositionspolitiker in Bayern nicht verzweifelt:

"Es ist die eigene Sicherheit, dass man vernünftige Gedanken hat und dass man an den Weg, den man politisch vorschlägt, auch selber glaubt.

Das ist das Entscheidende. Wenn Sie voller Selbstzweifel sind über das, was Ihre politische Linie, Ihre politischen Ideen sind, dann kannst Du aus so einem Loch ja nicht rauskommen, denn dann werden die Zweifel ja durch das schlechte Wahlergebnis nur bestärkt."

Franz Maget

"Opposition ist Mist" ...

Und trotzdem bleiben die Oppositions-Bänke im Sitzungssaal nicht leer. In jeder Wahlperiode finden sich wieder Kandidaten der Opposition, die sich in den Landtag wählen lassen, die versuchen, in Bayern Politik zu machen. Was treibt diese Frauen und Männer an? Warum beziehen sie einen aussichtslosen Posten, opfern Zeit und Kraft, um eine Regierung zu jagen, gegen die doch jeder Widerstand zwecklos ist?

Johanna Werner-Muggendorfer (SPD) über Anträge, die von der CSU abgelehnt und dann Jahre später selbst eingebracht wurden:

Johanna Werner-Muggendorfer

"Kaum wartest Du fünf Jahre, dann machen die das auch, was wir wollten. Aber Du musst wirklich viel Geduld mitbringen und fünf Jahre warten und dann verkauft die Mehrheitsfraktion unsere Idee als die ihre und dann musst Du auch noch mitstimmen, weil du es ja wolltest."

Johanna Werner-Muggendorfer

Von der Opposition gefordert - von der CSU durchgesetzt

Vorschläge, mit denen die Opposition jahrelang gegen Mauern lief – die später von der Regierungspartei vertreten wurden: die Abschaffung von Studiengebühren, das kostenlose letzte Kindergartenjahr oder Ganztagsschulen zum Beispiel – letztere für die CSU viele Jahre lang ein Fremdwort. Und plötzlich steht´s dann doch auf der Agenda…

Theresa Schopper, die frühere Grünenchefin ist inzwischen in die Staatskanzlei nach Stuttgart gewechselt und macht dort unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann Regierungspolitik:

"Für mich waren die Oppositionsbänke hier in Bayern natürlich lang gewohnte Kost. Die fünfzehn Jahre, die ich im Landtag war, waren wir immer in der Opposition mit wenig Aussicht, an der Macht teilzuhaben. Und in die Regierung zu wechseln, war für mich immer eigentlich Ziel, weil ich immer ein Oppositionspolitikerin war, die auch geschaut hat, wie kann man machbare, umsetzbare Konzepte präsentieren. Und das ist natürlich schön, wenn man jetzt so etwas auch tatsächlich umsetzen kann und nicht nur in der Schublade hat nach dem Motto: Was wäre, wenn."

Theresa Schopper

Wer tut sich das an?

Horst Seehofer und Theresa Schopper, einst im Landtag

Die Zeit für Bayern zeichnet das Psychogramm von langjährigen Oppositionspolitikern, fragt, wie sie sich immer wieder aufrappeln und motivieren, wie sie mit Wahlniederlagen umgehen, wie sie von der großen Regierungspartei behandelt wurden und werden und die Hoffnung doch nicht aufgeben. Zu Wort kommen ehemaligen Oppositionspolitiker, die dem Landtag den Rücken gekehrt und eine neue Aufgabe gefunden haben − innerhalb und außerhalb der Politik. Blicken sie im Zorn zurück oder sind sie zufrieden mit dem, was sie erreicht haben? Wie sieht die Bilanz eines politischen Lebens aus, das nur aus Opposition bestand?

Belächelt oder bemitleidet?

Wie haben altgediente CSU-Abgeordnete ihre Kollegen von der Opposition erlebt? Eher als Kämpfer auf verlorenem Posten, die aufrichtiges Mitleid verdienen? Oder kam die Opposition in der Wahrnehmung der CSU-Mehrheit gar vor, weil sie so unbedeutend war?

Die CSU hält ihre Reihen geschlossen. Es darf gerne auch Kritiker in den eigenen Reihen geben, damit man nach außen zeigen kann: es herrscht innerparteiliche Offenheit für Vorschläge. Aber dem politischen Gegner wird kein Raumgewinn zugestanden. Max Strehle (CSU) hat selbst oft mit seinen Vorschlägen nicht punkten können:

"Dass eine Opposition einen Antrag einbringt und der wird dann deswegen abgelehnt, weil er von der falschen Seite kommt, das hat mir auch immer wehgetan. Das war oft zu wenig, dass man sich vielleicht um eine gemeinsame Sache bemüht hat. Da war nur das Schwarz-Weiß-Denken da und wenn der eine es reingebracht hat, dann wird es von der anderen Seite abgelehnt. Das ist aber umgekehrt auch so."

Max Strehle

Macht die Opposition Bayern schlecht?

Doch in der Zeit für Bayern kommen nicht nur aktive und ehemalige Politiker zu Wort − auch politische Kommentatoren berichten von ihren Begegnungen mit bayerischen Oppositionspolitikern. Die Autoren Michael Schneider und Erich Wartusch haben auch mit Vertretern der Landtagspresse, die die Politik im Freistaat seit Jahrzehnten aus nächster Nähe beobachten gesprochen. Die Taktik der CSU, wie sie mit der Opposition umgeht, ist geschickt, analysiert die langjährige Landtagsjournalistin Angela Böhm:

"Seehofer hat ja die Taktik: Die Opposition würde Bayern schlecht machen. So fängt er die berechtige Kritik schon wieder auf. Oder noch schlimmer: er stellt die Opposition in eine Ecke der Rabauken, dass man so etwas nicht macht. Und das sei unter der Gürtellinie und so würde man sich nicht benehmen."

Angela Böhm

Und wie sind die Aussichten für die Opposition, jemals in Bayern wieder an die Macht zu kommen? Susanna Tausendfreund, grüne Bürgermeisterin von Pullach:

"Da wird die Kommunalpolitik durchaus eine große Rolle dabei spielen, weil die Leute sehen: Wir haben jetzt 15 grüne Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und zwei grüne Landräte in Bayern, dass die wirklich gute Arbeit machen und etwas für die Bevölkerung tun. Da werden natürlich Vorurteile abgebaut."

Susanna Tausendfreund


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Kommentieren

Josef H., Dienstag, 12.Januar 2016, 22:45 Uhr

8. Regieren werdens ned ...

... aber bei der nächsten Wahl werdens de 5 Prozent ibaspringa.

Mrt, Sonntag, 10.Januar 2016, 12:34 Uhr

7. Gott sei Dank!

"Nur eines werden die 79 Abgeordneten der Opposition im Bayerischen Landtag nie tun: Regieren. "

Und so möge es für ewig bleiben. Gott beschütze das Land der Bayern vor den Grünen, Linken und der ehemaligen traditionsreichen deutschen Arbeiterpartei.

benedikt, Sonntag, 10.Januar 2016, 11:32 Uhr

6. Opposition

Der schönste Job im Bayrischen Landtag ist Opposition und Oppositionsführer.Krisensicher,entspannt.Manchmal eine Rakete loslassen und dann wieder
hinlegen.
Vorschlag deshalb: Wenn die CSU in der nächsten Periode wieder allein regieren kann (und wird),keine Opposition im Landtag ,.Bei ca Eur 10.000.- pro Monat
und Person läßt sich eine Menge Geld sparen.-Immerhin sind es 70 Abgeordnete.So und damit sich die Frau Bause nicht zu sehr aufregt,geht das Geld
1:1 an die Flüchtlinge.
Was bringt uns das? Erspart dummes Geschwätz über nie zu realisierde Projekte,Geld für die Flüchtlinge.-2 Fliegen,eine Klappe.

Anton, Sonntag, 10.Januar 2016, 11:24 Uhr

5. Opposition

Bause und Hofreiter. Armes Bayern. Wenn immer nur gemäkelt wird, ohne vernünftige Gegenargumente, kann man nicht erwarten, auf die Regierungsbank zu kommen.

Münchner1953, Sonntag, 10.Januar 2016, 10:29 Uhr

4.

Ich glaube, dem Herrgott ist es egal wer in Bayern regiert. Dass in Bayern die heutige Opposition nie regieren wird, liegt eher an der Kurzsichtigkeit der bayerischen Wähler und der Wurschtigkeit der großen Mehrheit der bayerischen Nichtwähler.

  • Antwort von Münchner1977, Sonntag, 10.Januar, 16:58 Uhr

    Gäbe es in Bayern eine wirklich wählbare Opposition, besonders bei der SPD, dann sähe es da schon anders aus. Aber so lange das so ist, beispielsweise die Grünen nur Anti-Auto, Atni-Straßenbau, Anti-Flugplatz, Anti-egal-was-auch-immer sind, aber pro-Migration, koste es was es wolle und vorallem Anti-Deutsch, kann man nur hoffen, das die CSU immer am Ruder bleibt. Und nur nebenbei, korrupt sind sie alle, egal aus welcher Partei. So wähle ich zumindest in Bayern weiterhin die CSU. Für die wahlen im Bund oder der EU sind das anders aus....