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Fall Gustl Mollath "Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen"

2006 schickte das Landgericht Nürnberg-Fürth Gustl Mollath in die Psychiatrie. Ein damaliger Schöffe wirft dem Gericht nun Fehler in dem Urteil vor. Mollath schaue der Wahnsinn aus den Augen, soll der Richter gesagt haben.

Stand: 14.07.2014

Mollath-Prozess in Regensburg | Bild: picture-alliance/dpa

Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath hat ein Schöffe aus einer früheren Verhandlung dem damaligen Gericht Fehler im Urteil vorgeworfen. Zudem berichtete der Zeuge am Montag (14.07.14) vor dem Landgericht Regensburg von einer brisanten Aussage des damaligen Vorsitzenden Richters am Landgericht Nürnberg-Fürth über Mollath: "Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen", habe der Richter in dem Verfahren 2006 in einer Verhandlungspause den beiden Schöffen gesagt, erzählte der 69-Jährige.

Mollath muss sich erneut wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten, weil er 2001 seine damalige Ehefrau misshandelt und eingesperrt, sowie Dutzende Autoreifen zerstochen haben soll. In einem ersten Verfahren hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth Mollath im Jahr 2006 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und ihn stattdessen in die Psychiatrie eingewiesen. Mollath habe in der Verhandlung 2006 einen verwirrten Eindruck gemacht, sagte der damalige Schöffe. So habe er seine Ex-Frau im Zeugenstand mit "Sie" angesprochen und mitgeteilt: "Ich trete jetzt aus dem Rechtsstaat aus."

Der Zeuge sagte, fünf Jahre nach der Verhandlung habe er das Urteil gelesen und darin einige Fehler und Unstimmigkeiten festgestellt: Die Daten des Übergriffs und der Ort der Festnahme seien falsch. Außerdem sei in dem Urteil erstmals von Fausthieben die Rede und - nicht wie im Attest - von Schlägen mit der flachen Hand, betonte der Zeuge. Der damalige Vorsitzende Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth soll an diesem Donnerstag (17.07.14) aussagen.

Mollath hatte heftigen Streit mit einer Frau

Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath ist auch eine Entgleisung Mollaths zur Sprache gekommen. Der Nürnberger soll am Silvestertag 2013 eine heftige verbale Auseinandersetzung mit einer Frau gehabt haben. Mollath soll im niedersächsischen Bad Pyrmont mit seiner Begleiterin auf dem Weg zu einem Konzert von Nina Hagen aneinandergeraten sein. Der Streit soll nach Angaben der Nebenklage derart heftig gewesen sein, dass Passanten und ein Tankstellenbetreiber eingegriffen haben.

Der Rechtsanwalt von Mollaths Ex-Frau forderte, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hannover zu diesem Fall herbeizuziehen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung stimmten dem Antrag zu. Mollath selbst bestätigte den Vorfall. "Ja, es gab eine verbale Auseinandersetzung mit scharfen Worten", sagte der 57-Jährige in einer Verhandlungspause. Es sei aber nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen.

Freundin berichtet von Übergriff

Eine frühere Freundin von Mollaths Ex-Frau berichtete von einem gewalttätigen Übergriff Mollaths vor etwa 30 Jahren. Die 57-jährige Nürnbergerin sagte, der Vorfall sei ihr nach den Medienberichten im Herbst 2012 wieder eingefallen. Sie habe sich dann entschlossen, eine Aussage zu machen, um sich kein Versäumnis vorwerfen zu müssen.

Sie erzählte, dass Petra M. an einem Wochenende zu ihr gekommen sei mit der Frage, ob sie einige Tage bleiben könne. Ihr Lebensgefährte habe sie verprügelt. Sie habe total verheult ausgesehen. Mollath sei wenige Minuten später nachgekommen und habe die Zeugin in ihrer eigenen Wohnung im Flur gegen die Wand gedrückt. Anschließend sei Petra einvernehmlich wieder mit ihm nach Hause gegangen. Als sie von der bevorstehenden Hochzeit erfahren habe, habe sie den Kontakt abgebrochen. Sie halte nichts davon, wenn eine Frau bei einem Mann bleibe, der prügelt, so die 57-Jährige.

"Aggressiv und verwirrt"

Der jetzige Ehemann von Mollaths Ex-Frau hat sich vor dem Landgericht Regensburg über Belästigungen von Mollaths Unterstützern beklagt. Er bekomme immer wieder Faxe und Mails von Unbekannten mit Vorwürfen, sagte der als Zeuge geladene Martin M.. Er nannte Mollath "aggressiv" und "verwirrt". Bei einigen Begegnungen sei die Situation beinahe eskaliert, sagte der 60-Jährige. So habe ihn Gustl Mollath zweimal in der Öffentlichkeit bedrängt und zudem versucht, ihn bei seinem Arbeitgeber schlecht zu machen.

Er habe befürchtet, dass auch seine Reifen zerstochen werden, weil es Reifenstechereien bei seinen Bekannten gegeben habe. Zu den konkreten Verletzungen an seiner Frau durch ihren Ex-Mann konnte der Zeuge nicht viel sagen. So habe er auch nicht verstanden, warum sich seine Frau nicht schon viel früher von Mollath getrennt habe. Er könne das Thema nicht mehr hören.

Richter war Handballtrainer des Ehemanns

Petra M.'s jetziger Ehemann wurde auch zu seiner Beziehung zum Vorsitzenden Richter des Prozesses von 2006 befragt. Der Richter trainierte die Handballmannschaft des Ehemannes für eine Saison Anfang der 80er Jahre.

Der Prozess wird von Protesten begleitet.

Der Richter des Prozesses soll deswegen befangen gewesen sein. Vor Gericht sagte der Ehemann aus, dass er erst am Tag der Verhandlung vor dem Nürnberger Landgericht erfahren habe, welcher Richter das Verfahren führt. Er habe seinen früheren Handballtrainer auf dem Gang gesehen, sagte er. Er sei völlig erstaunt gewesen, ihn zu treffen, habe den Richter kurz "unter Sportlern" begrüßt und sich nach zwei Sätzen wieder entfernt, so der Zeuge. "Ich bin nicht sicher, ob der Richter überhaupt wusste, dass ich der Lebensgefährte bin."


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