NSU-Prozess


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331. Verhandlungstag, 20.12.2016 Zschäpes Verteidiger beantragen neuen Gutachter

Die für Dienstag angekündigte Aussage des psychiatrischen Sachverständigen Henning Saß verzögert sich. Beate Zschäpes Pflichtverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl lehnen den vom Gericht bestellten Gutachter ab.

Von: Ina Krauß

Stand: 20.12.2016 | Archiv

Die Anwälte der Angeklagten Zschäpe, Wolfgang Stahl (links), Wolfgang Heer (mitte) und Anja Sturm sprechen miteinander im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München | Bild: picture-alliance/dpa

Die Pflichverteidiger Zschäpes bezeichneten Prof. Henning Saß in der Hauptverhandlung als fachlich ungeeignet und "nicht kompetent" und beantragten ihn von seiner Aufgabe zu entbinden. Sie kritisieren vor allem, dass der Sachverständige Zschäpe begutachtet hatte, ohne mit ihr gesprochen zu haben. Zschäpe hatte eine Exploration durch den Psychiater abgelehnt.

Gutachten ohne direktes Gespräch erstellt

Henning Saß

Das Gutachten speist sich aus Zeugenaussagen, Aktenbestandteilen und den Beobachtungen des Psychiaters während der Verhandlungen. Wie aus dem Antrag der Pflichtverteidiger hervorgeht, stellte Saß in seinem vorläufigen Gutachten zwar deutliche dissoziale bzw antisoziale Züge bei Beate Zschäpe fest, diese erreichten aber keinesfalls das Ausmaß einer sogenannten "schweren anderen seelischen Abartigkeit". Daraus folgt: Der Psychiater attestiert Beate Zschäpe die volle Schuldfähigkeit.

Verteidiger wollen als neuen Gutachter Pedro Faustmann

Zschäpes Verteidiger beantragten ein methodenkritisches Gutachten einzuholen und schlagen dafür Prof. Pedro Faustmann von der Ruhr-Universität Bochum vor. Sowohl die Bundesanwaltschaft als auch mehrere Nebenklagevertreter sprachen sich dafür aus, Saß ohne Rücksicht auf den Verteidigerantrag anzuhören. Das Gericht wird bis morgen früh über den Verteidigerantrag entscheiden.

Öffentlichkeit von der Verhandlung kurzzeitig ausgeschlossen

Schon davor war es im Prozess zu erheblichen Verzögerungen gekommen. Die Verteidiger Zschäpes beanstandeten, dass ein Vertreter der Nebenklage aus einem Brief zitierte, den ihre Mandantin aus der Haft an den ebenfalls inhaftierten Neonazi Robin S. geschrieben hatte. Die Zitate verletzten Zschäpes Persönlichkeitsrechte. Nach Ansicht von Nebenklageanwalt Alexander Hoffmann zeigt sich Beate Zschäpe anders als in ihren Aussagen im Prozess als selbstbewusste Frau, der es wichtig sei, Macht und Kontrolle auszuüben und die sich Männern nicht unterordne. Nach Beratung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zog Rechtsanwalt Hoffmann seine Erklärung zurück.

 


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