NSU-Prozess


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NSU-Prozess: 366. Tag Gutachter bleibt dabei: Zschäpe voll schuldfähig

Der psychiatrische Gutachter im NSU-Prozess, Henning Saß, hält die Hauptangeklagte Beate Zschäpe weiter für voll schuldfähig - und unter Umständen für gefährlich. Er wies damit die Kritik seines Gegengutachters zurück. Unterdessen verzögert sich die Beweisaufnahme um weitere Wochen.

Von: Ina Krauß

Stand: 30.05.2017 | Archiv

 Der psychiatrische Gutachter im NSU-Prozess, Henning Saß, im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München (Bayern)  | Bild: picture-alliance/dpa

Der Aachener Professor Saß ist der vom Gericht bestellte psychiatrische Sachverständige im NSU-Prozess. Seit Monaten versucht die Verteidigung Zschäpes sein Gutachten anzufechten - mit unterschiedlichen Strategien. Zschäpes Alt-Verteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl halten es für methodisch angreifbar. Die Verteidiger, denen Zschäpe vertraut, Mathias Grasel und Hermann Borchert, ließen die Hauptangeklagte durch einen Psychiater ihrer Wahl untersuchen: Joachim Bauer. Nach sieben Besuchen in der Justizvollzugsanstalt und 14 Stunden persönlichem Gespräch mit der Hauptangeklagten diagnostizierte er eine Persönlichkeitsstörung bei Zschäpe. Sie habe das NSU-Trio aufgrund krankhafter Abhängigkeit nicht verlassen können. Bauer hält Zschäpe für vermindert schuldfähig.

Saß sieht keine psychische Erkrankung

Saß kann Bauers Diagnose nicht nachvollziehen. Sie entspreche nicht den Mindestanforderungen einer forensischen Begutachtung. Auch er habe Auffälligkeiten in der Persönlichkeit Zschäpes festgestellt, sie erfüllten aber nicht die Merkmale einer psychischen Erkrankung. Saß attestiert Zschäpe eine Tendenz zu dissozialem Verhalten mit anti-sozialen Zügen. Eine dependente Persönlichkeitsstörung kann er aber nicht feststellen. Das Gutachten von Bauer habe aber neue Tatsachen geliefert, die ihn jedoch in seinen Einschätzungen eher bestärkten.

Saß hat den Prozess über vier Jahre verfolgt, hörte Zeugen und beobachtete die Hauptangeklagte während zahlreicher Verhandlungstage. Zschäpe hatte sich geweigert, mit ihm zu sprechen. 

Ende der Beweisaufnahme verzögert sich weiter

Eigentlich wollte das Gericht die Aussage des psychiatrischen Sachverständigen nun beenden. Doch die Verteidiger Heer, Stahl und Sturm beantragten weiteren Aufschub, um ein "Fragekonzept" zu erarbeiten. Dazu müssten sie zunächst den von ihnen beauftragten Gutachter Pedro Faustmann sprechen. Der sei aber am Dienstag nicht erreichbar gewesen. Damit verzögert sich das Ende der Beweisaufnahme im NSU-Prozess um weitere Wochen. Saß wurde für den 29. Juni geladen, um die Fragen der Zschäpe-Verteidigung zu beantworten.


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