NSU-Prozess


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41. Verhandlungstag, 1. Oktober "Er hat keine Antwort gegeben"

Bewegende Aussage am 41. Verhandlungstag: Der Vater des in Kassel ermordeten Opfers Halit Yozgat schilderte, wie er seinen Sohn in dessen Internetcafé fand: "Ich habe ihn in meine Arme genommen, er hat keine Antwort gegeben."

Stand: 01.10.2013 | Archiv

Halit Yozgat | Bild: dapd; picture-alliance/dpa

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Seine Frau, die bei der Aussage direkt hinter ihm saß, und sein Anwalt hatten sichtlich Mühe, den aufgebrachten Mann zu beruhigen. Der Dolmetscher kam teilweise kaum mit der Übersetzung mit. Die Angeklagten verfolgten den Auftritt wie gewohnt ohne sichtbare Regung - auch als der Vater des Mordopfers direkt in ihre Richtung fragte: "Mit welchem Recht haben Sie das getan?"

Yozgat beklagte, dass die Familie verdächtigt geworden sei. "Wir haben uns fünfeinhalb Jahre nicht getraut, als Familie hinauszugehen. Alle haben uns feindselig angeschaut, sowohl die Deutschen als auch die Türken." Er sei gefragt worden: "Warum haben sie deinen Sohn getötet, wegen Haschisch oder Heroin?"

Verfassungsschützer will nichts bemerkt haben

Außerdem hat am 41. Verhandlungstag ein ehemaliger Verfassungsschützer ausgesagt. Laut seiner Aussage will er von dem NSU-Mord an Halit Yozgat nichts mitbekommen haben, obwohl er zur Tatzeit im hinteren Raum des Internetcafés saß. Er habe erst später aus der Zeitung von dem Verbrechen erfahren, so der 46-Jährige.

Seine Anwesenheit am Tatort war Anlass für Spekulationen, da er sich nie als Zeuge meldete. Jetzt sagte er aus, dass er sich auch deshalb nicht als Zeuge gemeldet habe, weil er fürchtete, seine Frau könnte von seinen Besuchen in Flirtforen erfahren. Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Die Anklage im NSU-Prozess geht nun davon aus, dass er zufällig am Tatort war.

Ein Antrag mehrerer Nebenkläger auf Verschiebung der Vernehmung wurde am Dienstag zurückgestellt. Die Opferanwälte wollten noch vor der Vernehmung weitere Akten sehen. Schließlich waren sie jedoch einverstanden, mit der Vernehmung zu beginnen, da der Zeuge voraussichtlich nochmals geladen werden wird.

Der Mord im Internetcafé

Halit Yozgat wurde der Anklage zufolge am 6. April 2006 von den Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen. Er war das neunte Opfer der Mordserie an türkisch- und griechischstämmigen Geschäftsleuten.

Beate Zschäpe ist als Mittäterin an sämtlichen Anschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) angeklagt. Sie soll für die legale Fassade des Trios gesorgt haben.


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