NSU-Prozess


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93. Verhandlungstag, 13.3.2014 Streit um Rederecht von Angehörigen

Der Streit um das Rederecht von Angehörigen im NSU-Prozess hat sich weiter zugespitzt. Wolfgang Heer, Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, unterbrach den Vater des ermordeten Halit Yozgat bei einer Erklärung.

Stand: 13.03.2014 | Archiv

Er müsse einschreiten, wenn seine Mandantin als "Mörderin" bezeichnet werde, sagte Heer. Diese Bezeichnung allerdings ließ sich aus der weit ausholenden Erklärung des Vaters nur indirekt entnehmen: Ismail Yozgat hatte unter anderem von den Verdächtigungen berichtet, denen die Familie nach dem Mord im Jahr 2006 ausgesetzt war, bis 2011 die Taten des NSU ans Licht kamen. "Die Mörder sind gefasst", sagte Yozgat. "Der allmächtige Gott hat unseren Gebeten entsprochen."

Nach kurzer Diskussion ließ der Vorsitzende Richter Manfred Götzl Yozgat weiter sprechen, sagte aber: "Was das Verfahren anbelangt, dann haben sie keine anderen Rechte als alle anderen Verfahrensbeteiligten." Yozgat forderte in seinem emotionalen Appell unter anderem, das Gericht möge dafür sorgen, dass die Holländische Straße in Kassel, wo sein Sohn ermordet wurde, in "Halitstraße" umbenannt werde.

Der Mord von Kassel

Yozgat war laut Anklage 2006 in seinem Internetcafé in Kassel von den mutmaßlichen NSU-Terroristen erschossen worden. Im Gerichtssaal wurde das Video einer Tatortbegehung mit dem ehemaligen Verfassungsschützer Andreas T. gezeigt. T. saß zur Tatzeit im hinteren Raum des Internetcafés. Seine Anwesenheit hatte für Spekulationen gesorgt, zumal er sich nach der Tat nicht als Zeuge gemeldet hatte.

Rätsel um Rolle des Ex-Verfassungsschützers

Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Die Bundesanwaltschaft geht nicht davon aus, dass er mit dem Mord etwas zu tun hatte. In seinen bisherigen Vernehmungen hatte T. stets behauptet, er habe von der Tat nichts mitbekommen. In dem anderthalb Minuten langen Film demonstriert er, wie er sich angeblich in dem Café umsah, Yozgat nicht fand, schließlich Geld auf den Tisch legte und hinausging. Höchstwahrscheinlich lag Yozgat zu diesem Zeitpunkt bereits tödlich getroffen hinter dem Tresen. T. will ihn nach seinen bisherigen Aussagen jedoch nicht gesehen haben.

Internetcafé in Kassel, in dem Halit Yozgat ermordet wurdeEine ehemalige Kollegin des Verfassungsschützers nährte allerdings Zweifel an seiner Version. Wie die 57-Jährige vor Gericht aussagte, wurde in der Woche nach der Tat ausgerechnet T. damit beauftragt, bei der Staatsschutzabteilung der Polizei Erkundungen über den Mordfall einzuholen, um herauszufinden, ob möglicherweise Islamisten mit der Tat zu tun hatten. T. habe dabei nicht erwähnt, dass er selbst Gast in dem Café gewesen sei. Dass er überhaupt in dem Café war, konnte die Polizei erst später ermitteln. T. hatte sich in einem Internet-Flirtforum eingeloggt.


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