NSU-Prozess


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35. Verhandlungstag Zschäpe-Anwälte wollen mehr Geld

Eigentlich sollte am 35. Verhandlungstag um den Mord an Mehmet Turgut 2004 in Rostock gehen, doch dann stand plötzlich die Vergütung der Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe im Mittelpunkt. Die Anwälte stellten einen Befangenheitsantrag gegen sämtliche Richter des Strafsenats. Der Mittwochstermin wurde ausgesetzt.

Stand: 17.09.2013 | Archiv

Das Gericht hatte dem Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Stahl für seine Arbeit während des Ermittlungsverfahrens 5.000 Euro Vorschuss bewilligt - für den Zeitraum von etwa einem Jahr. Nach Ansicht der Anwälte ist dies zu wenig, um auch nur die laufenden Kanzleikosten zu decken. Dies führe "faktisch zu einer wesentlichen Beschränkung und Behinderung" der Verteidigung, heißt es im Antrag der Anwälte. Stahl hatte einen Vorschuss von mindestens 77.000 Euro gefordert. Nach seiner Darstellung, die das Gericht ausdrücklich für "nachvollziehbar" hält, hatte er im Ermittlungsverfahren etwa 770 Stunden an dem Fall gearbeitet. Nach Informationen des ARD-Terrorismusexperten Holger Schmidt will Stahl "bis auf Weiteres" nicht mehr zum NSU-Prozess erscheinen.

Will "bis auf Weiteres" nicht mehr am NSU-Prozess teilnehmen: Zschäpe-Pflichtverteidiger Wolfgang Stahl

Endgültig festgelegt wird die Vergütung erst nach Ende des Prozesses. Doch erfahrungsgemäß ist nicht damit zu rechnen, dass dann noch sehr viel Geld nachkommt. "Wir wussten, dass man von einer Pflichtverteidigung nicht reich wird", sagte Zschäpes Anwältin Anja Sturm in einer Verhandlungspause. "Aber wir müssen weiterhin unsere monatlichen Kanzleikosten und unseren Lebensunterhalt bestreiten, und das ist auf Basis dieser Entscheidung nicht möglich."

Verteidigung: Gericht "innerlich nicht mehr neutral"

Außerdem kritisieren die Anwälte eine Formulierung aus dem Beschluss des Gerichts. Darin heißt es, das Verfahren sei "im Hinblick auf die tatsächlichen Probleme des Tatnachweises besonders schwierig". Diese Formulierung begründe die Sorge, das Gericht sei "innerlich nicht mehr neutral", heißt es in dem Antrag. Der Richter, der den Beschluss formuliert hat, sei "offenkundig davon überzeugt, dass dem Senat ein Tatnachweis 'gelingen' werde".

Nebenklageanwältin Seda Basay bezeichnete den Befangenheitsantrag der Zschäpe-Verteidigung als "peinlich". "In der Sache stimmt es, dass 5.000 Euro Vergütung für das Ermittlungsverfahren zu wenig sind. Aber das ist kein Befangenheitsgrund. Der Antrag dient einfach der Verzögerung des Verfahrens", so Basay.

Mittwochstermin fällt aus

Über die Anträge der Zschäpe-Verteidigung müssen nun drei Richter eines anderen Senats des Oberlandesgerichts München entscheiden. Wann genau das geschieht, sei nicht abzusehen, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Deshalb werde der für Mittwoch angesetzte Verhandlungstermin gestrichen.


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