NSU-Prozess


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NSU-Prozess Selbstgerechter Auftritt eines V-Manns

Ein ehemaliger Informant des bayerischen Verfassungsschutzes belastete im NSU-Prozess den Thüringer Neonazi Tino Brandt und beschrieb ihn als gewaltbereit. Beispiele blieb der Mann aus Oberfranken aber schuldig.

Von: Tim Aßmann

Stand: 12.11.2014 | Archiv

Einst Vizevorsitzender des Thüringer NPD-Landesvorstands, Archivbild: Tino Brandt, aufgenommen am 23.05.2001. Tino Brandt verkaufte dem Landesamt für Verfassungsschutz über Jahre hinweg Informationen aus der rechten Szene | Bild: picture-alliance/dpa

Der Zeuge war nach eigenen Angaben in den 90er Jahren eine Größe in der oberfränkischen Neonazi-Szene, vor allem im Raum Kronach. Von 1987 bis 1998 war Kai D. auch V-Mann für das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz. Nach der Wende baute er Kontakte zur rechtsextremen Gruppierung Thüringer Heimatschutz (THS) auf, zu der auch die späteren mutmaßlichen NSU-Terroristen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gehörten.

Ihn beschrieb der Zeuge als "komplett aus dem Ruder gelaufen": Tino Brandt, Ex-V-Mann des Verfassungsschutzes

Beim THS hatte V-Mann D. vor allem Kontakt zu Tino Brandt, der damals ebenfalls V-Mann war, allerdings für den Verfassungsschutz Thüringen. Dass Brandt auch Informant gewesen sei, habe er nicht gewusst, beteuerte Kai D. nun im Zeugenstand.

Brandt beschrieb er als gewaltbereit, militant und nannte ihn Brandstifter. Der V-Mann sei "komplett aus dem Ruder gelaufen". Brandt habe die Mitglieder des THS zunehmend radikalisiert. Auf mehrere Nachfragen des Vorsitzenden Richters konnte der Zeuge aber nur Flaschenwürfe von THS-Mitgliedern auf Streifenwagen und das einmalige Gerede von einer Schießübung als Beispiele nennen.

Konkurrenzdenken unter V-Männern?

Zwischen Tino Brandt und dem Zeugen kam es noch in den 90er Jahren zum Bruch. Brandt habe versucht, die "Krake" THS auf Franken auszudehnen, schilderte Kai D. als Zeuge. Wegen Brandts Gewaltbereitschaft habe ihm das Sorgen gemacht, sagte Kai D. "Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass sich der THS nicht ausweitet", erklärte der Ex-V-Mann, und es klang so, als sei er sehr stolz auf sich. Dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl schienen das selbstgerechte Gerede und das ausweichende Antwortverhalten des Zeugen zunehmend auf die Nerven zu gehen. Er mahnte Kai D. mehrmals, nur konkret auf Fragen zu antworten und sich nicht in Mutmaßungen zu ergehen.

BKA-Beamter bringt Verteidiger gegen sich auf

Am Vormittag hatte ein Polizist des Bundeskriminalamts Erkenntnisse über einen sächsischen Neonazi vorgetragen, der im Verdacht steht, den NSU unterstützt zu haben. Weil der Polizist viele Sachverhalte aber nicht aus eigener Wahrnehmung kannte, dies nicht von Anfang an deutlich machte und seine Schilderungen mit Wertungen mischte, kam es zu Streitereien zwischen einigen Verteidigern und den anderen Prozessbeteiligten.


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