NSU-Prozess


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148. Tag im NSU-Prozess Etwas mehr Klarheit über den Weg der Ceska

Die rund fünfstündige Befragung eines Schweizer Ermittlers brachte wichtige Erkenntnisse über die Herkunft der mutmaßlichen Haupttatwaffe des NSU.

Von: Tim Aßmann

Stand: 09.10.2014 | Archiv

NSU-Tatwaffe: Pistole Ceska 83, 7,65 Browning mit Schalldämpfer | Bild: picture-alliance/dpa

Im Zeugenstand: David S., 46 Jahre alt, Staatsanwalt aus der Schweiz. 2012 befragte er zwei zentrale Figuren rund um die Beschaffung  jener Ceska-Pistole, mit der neun der zehn Morde begangen worden sein sollen, die dem NSU zur Last gelegt werden. Fest steht: Ein Berner Waffenhandelsunternehmen verkaufte die Pistole. Laut dem Waffenbuch der Firma ging sie an einen Schweizer Lehrer. Nachdem er zunächst behauptete von Nichts zu wissen, gestand Peter Anton G. schließlich dem Staatsanwalt David S. mehrere sogenannte Waffenerwerbsscheine an einen Bekannten verkauft zu haben. Dieser bestellte dann unter Anderem die Ceska 83 auf den Namen von Peter Anton G., gab er zu Protokoll. 400 Franken erhielt er für die Erwerbsscheine. Das sei für ihn „ein toller Batzen Geld“ gewesen, sagte der damals arbeitslose Lehrer dem Staatsanwalt. Dieser bestätigte das entsprechende Protokoll nun als Zeuge im NSU-Prozess.

Pistole an „gewisse Kreise“ in Deutschland verkauft

Die Ceska wurde dann per Post an Peter Anton G. geliefert und dieser gab das Paket ungeöffnet an seinen Bekannten Hans Ulrich M. weiter. Auf Nachfrage habe der erklärt, die Waffe nach Deutschland zu verkaufen. Dort sei es für „gewisse Kreise schwer“ an Waffen zu kommen. Das erklärte Peter Anton G. den Schweizer Ermittlern und dabei blieb er auch in einer weiteren Vernehmung, bei der auch der von ihm schwer belastete Hans Ulrich M. anwesend war. Dieser bestritt durchgehend alle Vorwürfe und gab an mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben. Für die Bundesanwaltschaft ist Hans Ulrich M. aber ein wichtiges Bindeglied. Er lebte in den 90er Jahren vorübergehend in Jena und schloss dort Freundschaft mit Enrico T., einem Jugendfreund von Uwe Böhnhardt. Enrico T. und Hans Ulrich M. treffen sich bis heute und T. soll laut Anklage den Kontakt zwischen seinem Schweizer Freund und einem Mann aus Jena hergestellt haben. Über diesen und einen weiteren Mittelsmann soll die Ceska schließlich zum Angeklagten Carsten S. gelangt sein, der im Prozess gestanden hat, sie an Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos übergeben zu haben.

Genauer Weg der Waffe nach Deutschland weiter unklar

Unklar ist, wann genau die Waffe nach Deutschland und eben möglicherweise nach Jena kam. 1996 gab sie Peter Anton G. nach eigenen Angaben an Hans Ulrich M. weiter. Bei dem fand in anderer Sache 1997 eine Durchsuchung statt. Es wurden auch Waffen gefunden, aber nicht die betreffende Ceska. War sie da bereits in Deutschland? In Jena? Bisher gingen die Ermittler davon aus, dass sie erst Jahre später, als der Waffenwunsch aus dem NSU-Umfeld kam, ihren Weg in die Bundesrepublik fand. Für Peter Anton G. und Hans Ulrich M. bleibt ihre Verstrickung in die Waffenbeschaffung jedenfalls folgenlos. Die Ermittlungen gegen sie wurden eingestellt. Es gab keine Anhaltspunkte, dass sie wussten, wofür die Pistole bestimmt war, erklärte Staatsanwalt David S. im Zeugenstand. Und in der Schweiz haben sich die Beiden nach damaligem Recht nicht strafbar gemacht.


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