NSU-Prozess


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146. Tag im NSU-Prozess Zu Besuch bei den "Dreien"

Thomas R. ließ das untergetauchte Neonazi-Trio einst bei sich wohnen und er besuchte sie auch später noch. Als Zeuge konnte sich R. nun aber erneut nicht mehr genau an die Treffen erinnern.

Von: Tim Aßmann und Eva Frisch

Stand: 07.10.2014 | Archiv

Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt (v.l.n.r.) | Bild: picture-alliance/dpa

"Das ist zu lange her. Ich weiß das alles nicht mehr." Thomas R. hatte auch bei seiner erneuten Vernehmung im NSU-Prozess viele Erinnerungslücken. Nach ihrem Untertauchen 1998 wohnten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe kurz bei Thomas R. in Chemnitz. Er habe schon gewusst, dass die Drei gesucht würden, erklärte R. nun im Zeugenstand. Nachdem im Fernsehen ein Bericht dazu gekommen war, habe er sich damals auch mit dem Trio darüber unterhalten, was ihnen vorgeworfen wurde. Ob er aber mit allen Dreien, also auch mit Zschäpe, konkret darüber sprach, weiß Thomas R. nicht mehr. Immer wieder bohrte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl nach, aber das Erinnerungsvermögen des Zeugen wurde nicht konkreter. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe tauchten am 26. Januar 1998 ab, nachdem die Polizei in einer Garage, die von Mundlos und Böhnhardt genutzt wurde, Rohrbomben gefunden hatte.

"Mensch ärgere Dich nicht" mit dem Neonazi-Trio

Thomas R., der der rechtsextremen "88er"-Szene in Chemnitz nahe stand und ein Magazin herausgab, traf das Trio auch, als es nicht mehr bei ihm, sondern schon in Zwickau wohnte. R. hatte, nach eigenen Angaben, vor allem Kontakt zuMundlos. Mit ihm und Böhnhardt sei er mal Fahrrad gefahren. "Zwei, drei Mal war ich auch in der Wohnung in Zwickau gewesen", erklärte Thomas R. nun als Zeuge. Er tauschte mit Mundlos Videofilme und Computerspiele. Bei den Besuchen in der Zwickauer Wohnung waren immer "alle Drei" anwesend, erklärte Thomas R. und ergänzte: "Dann saßen wir auch immer so ein, zwei Stunden alle zusammen und spielten 'Mensch ärgere Dich nicht' und 'Mau Mau'". Zu den Inhalten der Gespräche konnte Thomas R. nun aber ebenfalls nichts Konkretes mehr berichten. Man habe über Allgemeines gesprochen, sagte R. "Mundlos hat mich auch gefragt, wie es mir so geht. Ich war damals arbeitslos gewesen", erinnerte sich der Zeuge. "Ging es Ihnen da nicht gut?", fragte Zschäpe Verteidigerin Anja Sturm. Thomas R. reagierte verdutzt: "Wenn man arbeitslos ist, geht es einem doch noch lange nicht schlecht." Sturm fragte Thomas R. auch, ob er seinen Freund Mundlos mal mehrere Wochen beherbergt habe. "Nein", sagte R. Verteidigerin Sturm hatte diese Information mutmaßlich von ihrer Mandantin Zschäpe.

"Wir müssen irgendwann fertig werden"

Bundesanwalt Herbert Diemer

Umstritten war an diesem Verhandlungstag mal wieder, was alles zum Verfahren gehört. Denn die Nebenklagevertreter befragten den Zeugen stundenlang unter anderem zu seiner Rolle in der Skinhead-Organisation "Die 88er" sowie zur verbotenen Neonazi-Gruppierung "Blood & Honour". Der Zeuge Thomas R. gab zwar zu, ein sogenannter Anwärter auf die Mitgliedschaft bei "Blood & Honour" gewesen zu sein, an Details seiner Aktivitäten in der rechten Szene oder weitere Gesinnungsgenossen konnte er sich nur mühsam oder auch gar nicht mehr erinnern. "Diese Fragen haben nichts mit dem Verfahren zu tun", beanstandete der Wolfgang Stahl, ein weiterer Zschäpe-Verteidiger. Auch die Bundesanwaltschaft kritisierte, dass solche Fragen das Verfahren verzögern würden. "Wir müssen irgendwann mit dem Prozess fertig werden", sagte Bundesanwalt Herbert Diemer.

Wurde geschrien oder nicht?

Am Nachmittag sollte Kriminalhauptkommissar Roland S. die Vernehmung von Enrico T. aus dem Jahr 2012 schildern. T. hatte Angaben über die Beschaffung der Tatwaffe Ceska, die bei neun von zehn NSU-Morden verwendet wurde, gemacht. Allerdings wollte T. das Protokoll seiner Aussage am Ende nicht mehr unterschreiben. Es sei eine "gespannte Atmosphäre" im Verhörraum gewesen, beschrieb der BKA-Beamte S. die Vernehmung. Der Oberstaatsanwalt wäre auch mal etwas lauter geworden. Aber es sei nicht geschrien worden. Er habe Informationen, dass doch geschrien wurde, warf der Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben, Olaf Klemke, ein. Den Zeugen wegen dieser strittigen Frage zu vereidigen, lehnte das Gericht allerdings ab.


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