NSU-Prozess


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123. Verhandlungstag Ehefrau von Wohlleben verweigert Aussage

Zunächst Schweigen am 123. Verhandlungstag: Auch die Ehefrau des Mitangeklagten Ralf Wohlleben wollte nichts zur Aufklärung der NSU-Morde beitragen. Dafür gab es eine heftige Auseinandersetzung um die Ermittlerarbeit eines Kripo-Beamten.

Stand: 03.07.2014 | Archiv

Die Angeklagten Ralf Wohlleben (vorn) und Holger G. sitzen  im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München (Bayern).  | Bild: picture-alliance/dpa

Im NSU-Prozess hat das Oberlandesgericht (OLG) München vergeblich versucht, die Ehefrau des als Helfer mitangeklagten Wohlleben als Zeugin zu befragen. Die Frau berief sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Angaben machte sie lediglich zu ihren Personalien. Sie arbeite in einer "Kundenbetreuung", sagte sie. Bis zur Festnahme ihres Mannes war sie Kindergärtnerin. Als der Vorsitzende Richter sie nach wenigen Minuten aus dem Zeugenstand entließ, nahm sie - wie schon an früheren Verhandlungstagen - neben ihrem Mann auf der Anklagebank Platz, wo beide längere Zeit Händchen hielten.

"Schwammige" Vernehmung

Als weiterer Zeuge war zunächst ein bayerischer Kriminalbeamter geladen, der die Sonderkommission "Trio" 2012 verstärkt hatte. Er berichtete über die Vernehmung des ehemaligen Neonazis Thomas S., der zum engsten NSU-Unterstützerkreis zählte und vorübergehend mit Zschäpe liiert war. Die Verteidigung Zschäpes wollte den Auftritt des Beamten verhindern und protestierte dagegen - vergeblich. Die Kripo sei voreingenommen gewesen und habe bei der Befragung nicht zwischen den drei Mitgliedern unterschieden, sondern immer nur pauschal über "das Trio" gesprochen, so die Zschäpe-Verteidigung. Der Beamte selber räumte ein, die beanstandeten Fragen habe nicht er gestellt, sondern ein Kollege, und er finde sie selber auch "schwammig". Das Gericht ließ seine Aussage dennoch zu, kündigte aber an, am Ende des Prozesses zu prüfen, was davon als Beweis verwertet werden kann. In der Vernehmung war es um personelle Verflechtungen in der militanten Nazi-Szene gegangen.

Zeugin sah zwei "Junkies"

Ein weiterer Kripo-Beamter war aus Dortmund angereist. Er wurde zum Mord an dem Kiosk-Betreiber Mehmet Kubasik im April 2006 befragt. Er erinnere sich, dass er telefonisch zu einer Zeugin in der Nähe des Tatorts beordert worden sei, sagte er dem Gericht. Dabei sei ihm gesagt worden, er solle die Zeugin unbedingt fragen, ob das, was sie gesehen haben will, mit einem nationalsozialistischen Hintergrund zu tun habe. Tatsächlich habe die Frau gesagt, sie habe zwei Männer vor dem Kiosk gesehen. Einer habe auf einem Fahrrad gesessen, der andere auffallend "grimmig" geguckt. Anders als erwartet habe sie die beiden aber nicht für Neonazis gehalten, sondern für "Junkies".

Der NSU

Die Mitglieder der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sollen zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen umgebracht und bei zwei Sprengstoffanschlägen 23 Menschen verletzt haben. Das Motiv soll Hass auf Zuwanderer und den Staat gewesen sein.


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