NSU-Prozess


3

431. Verhandlungstag, 12.6.2018 Verteidiger: Zschäpe ist keine Mörderin

Beate Zschäpe könne nicht wegen der von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begangenen Morde verurteilt werden, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Stahl heute in seinem Plädoyer. Zschäpe sei keine Mittäterin. Sie habe keinen Einfluss auf die Taten gehabt.

Von: Alf Meier

Stand: 12.06.2018 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

12 Juni

Dienstag, 12. Juni 2018

Neben Anja Sturm und Wolfgang Heer ist Wolfgang Stahl einer der sogenannten "Alt-Verteidiger" von Beate Zschäpe. Mit ihnen hatte sich die Hauptangeklagte im Laufe des Prozesses zerstritten, was dazu führte, dass sie mit Mathias Grasel und Herrmann Borchert zwei zusätzliche Verteidiger bekam. Grasel und Borchert haben schon vor Wochen plädiert, seit ein paar Tagen sind nun Sturm, Heer und Stahl an der Reihe.

Keine Tatherrschaft

Dass aufgrund der Beweisaufnahme feststehe, dass Beate Zschäpe keine Terroristin, Mörderin und Attentäterin sei, hatte Wolfgang Heer bereits vergangene Woche behauptet. Stahl konkretisierte die These heute noch einmal, indem er die von der Anklage angenommene Mittäterschaft in Zweifel zog.

Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter), § 25 Absatz II Strafgesetzbuch.

Grundsätzlich sei es zwar möglich, als Mittäter bestraft zu werden, auch wenn man, wie Beate Zschäpe, bei keiner der Taten direkt dabei gewesen wäre, sagte Stahl. Es fehle im konkreten Fall aber an einem gemeinsamen Tatentschluss. Zschäpe habe die Taten nicht gewollt und auch keinen Einfluss auf die Begehung durch Mundlos und Böhnhardt nehmen können. Sie habe keine Tatherrschaft gehabt, keinen einzigen Tatbeitrag geleistet und damit keine Tat gemeinschaftlich begangen.

"Wir kämen nicht im Traum auf die Idee, Frau Oberstaatsanwältin Greger, Herrn Bundesanwalt Dr. Diemer und Herrn Oberstaatsanwalt Weingarten das logische Denken abzusprechen. Wir vertreten aber eine andere Auffassung."

Rechtsanwalt Wolfgang Stahl

Mitwisserschaft und keine Mittäterschaft

Stahl warf der Bundesanwaltschaft vor, auf der Basis des Satzes "Wer mit Verbrechern zusammenlebt, ist selbst Verbrecher", zu argumentieren. Dabei habe schon der renommierte Strafrechtler Claus Roxin in einem Interview gesagt:  "Es ist sicherlich keine wünschenswerte Lebensform, mit zwei Mördern zusammenzuleben, aber das macht einen Menschen noch lange nicht selbst zum Mörder." Dass Zschäpe von den Morden, Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen ihrer Mitbewohner gewusst habe, sei unerheblich, meint Stahl. Mitwisserschaft sei keine Mittäterschaft. Zschäpe müsse daher vom Vorwurf der Mittäterschaft freigesprochen werden.


3