NSU-Prozess


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409. Verhandlungstag, 1.2.2018 NSU-Prozess - warum die vielen Verhandlungspausen?

Unterbrechungen gehören beim NSU-Prozess seit Anfang an dazu - das ist bei einem Verfahren dieser Größenordnung nicht zu vermeiden. Oft fällt es schwer, jede Pause zu verstehen. Ein Erklärungsversuch.

Von: Julian von Löwis

Stand: 01.02.2018 | Archiv

Der Redakteur des BR Fernsehens Julian von Löwis  | Bild: BR/Felix Hörhager

01 Februar

Donnerstag, 01. Februar 2018

Um 11.15 Uhr kommt der Senat in den Saal, alle stehen auf - so wie immer. Dass es heute später losgeht als sonst, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Anträgen des Vortages. Auf die Gegenvorstellung der Verteidigung von Ralf Wohlleben, nach der Ablehnung ihres Beweisantrages, muss das Gericht eine passende, besser gesagt, würdige Antwort formulieren. Dazu nimmt sich der Vorsitzende Richter Manfred Götzl stets die nötige Zeit. Gleich zu Beginn der Verhandlung bekommt aber zunächst Rechtsanwalt Wolfgang Heer, Verteidiger von Beate Zschäpe, das Wort und erklärt, dass er sich den Anträgen der Verteidigung Wohlleben anschließt. Richter Götzls Reaktion: Pause. Bis 12.30 Uhr. Aber warum? Nur weil sich Heer dem Antrag anschließt oder war das Gericht eh noch nicht ganz fertig? Dann hätte man aber gleich noch eine Stunde später anfangen können. Eher ist vorstellbar, dass Götzl mit einem solchen Schritt gerechnet haben könnte, um mit dem darauffolgenden Gerichtsbeschluss gleich alles abzudecken.

Um 12.30 Uhr geht es weiter. Götzl trägt den Beschluss vor: die Anträge werden abgelehnt. Die Begründung ist lang und ausführlich - Stichwort: Revisionssicherheit. Nach ca. 30 Minuten ist Götzl fertig. Rechtsanwältin Nicole Schneiders, Verteidigerin von Ralf Wohlleben, beantragt eine Stunde Unterbrechen für interne Beratungen. Ein nachvollziehbarer Schritt. Der Beweisantrag kann durchaus als eine Art letzter Versuch gesehen werden, erhebliche Zweifel an Wohllebens Schuld aufkommen zu lassen. Mittagspause bis 14.00 Uhr.

Größte Sorgfalt bei Belegen nötig

Um 14.00 Uhr beantragt Schneiders eine weitere Unterbrechung bis 15.30 Uhr zur Vorbereitung eines Befangenheitsantrages. Das war zu erwarten. Aber 90 Minuten, dauert das wirklich so lange? Ja. Wegen ähnlicher Anträge hat es oft schon mehrere Stunden Unterbrechung gegeben. Hat ein Angeklagter Grund zur Sorge über die Unabhängigkeit des Gerichts, so muss das sorgfältig belegt werden. In diesem Fall bezieht sich das auf die Begründung des Gerichtsbeschlusses über die Ablehnung des Antrages. Da diese sehr ausführlich war, dauert es eben, um alles durchzugehen.

Um 15.30 Uhr erteilt Götzl dann das Wort an Rechtsanwalt Olaf Klemke, Verteidiger-Kollege von Nicole Schneiders. Dieser erklärt, Wohlleben lehnt den gesamten Senat ab. Es folgt die juristische Begründung - darin unter anderem:
"Zur Schuldfrage des Herrn Wohlleben hat der Senat eine unverrückbare Haltung eingenommen." Nach knapp 15 Minuten ist Klemke fertig. Dann unterbricht Richter Götzl die Hauptverhandlung bis kommenden Dienstag.

Über den Befangenheitsantrag entscheidet ein anderer Senat und das kann dauern, denn die anderen Richter haben nicht immer sofort Zeit. Ob es tatsächlich am Dienstag weiter geht, ist daher offen.


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