NSU-Prozess


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371. Verhandlungstag, 5.7.2017 Land in Sicht?

Das Ende des NSU-Prozesses ist nahe, das kann man in und außerhalb des Gerichtsaals deutlich spüren. Ob es aber Wochen oder noch Monate dauert, bis die Plädoyers beginnen, kann niemand mit Gewissheit sagen.

Von: Julian von Löwis

Stand: 05.07.2017 | Archiv

Der Redakteur des BR Fernsehens Julian von Löwis  | Bild: BR/Felix Hörhager

05 Juli

Mittwoch, 05. Juli 2017

Zwei Zeugen, zwei Anträge – so lautet grob die Bilanz von Verhandlungstag 371. Erstere blieben jeweils recht wortkarg – aus mangelnder Erinnerung oder mangelndem Interesse. Es ging um eine Wohnung, die das Trio Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Zeitraum 2000/2001 bewohnt haben soll, angemietet mit falschen Papieren. Da die beiden geladenen Zeugen nichts zum Zustand der Wohnung oder zu den Personen die darin wohnten, sagen konnten (oder wollten), wird man die Angelegenheit wohl als weiteres Indiz zu den Akten legen.

Die beiden Anträge, inhaltlich sicher interessant, werden wohl aus Sicht der Antragsteller ein noch schlimmeres Schicksal ereilen: sie werden wahrscheinlich abgelehnt.

Die Rolle des Staatsschutzes - für Nebenkläger noch viele Fragen offen

Die Anwälte der Familie Yozgat (Halit Yozgat wurde im April 2006 in einem Internetcafé mit zwei Kopfschüssen ermordet) wollen einen Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz als Zeugen laden. Er soll bereits 1999 von einem Informanten auf ein Neonazinetzwerk aufmerksam gemacht worden sein, das sich selbst "National Sozialistische Untergrundkämpfer Deutschland" nannte. Diesen Hinweis soll er in einem entsprechenden Bericht aufgenommen haben.

Nebenkläger: Verfassungsschutz hätte vom NSU wissen müssen

Da die Anklage davon ausgeht, dass sich das Trio ab 1998 radikalisiert und die Durchführung der späteren Taten beschlossen habe, liege da ein Zusammenhang nahe, so die These. Der Vorwurf der Nebenkläger: Der Hessische Verfassungsschutz hätte von der Entstehung des NSU wissen müssen. Stoff, der für ein eigenes Verfahren ausreichen könnte - im NSU Prozess nur ein weiterer Antrag, ohne große Aussicht auf Erfolg. Es handle sich um einen Beweisermittlungsantrag, erwiderte die Bundesanwaltschaft und sei daher abzulehnen. Die Chancen, dass der Senat den Zeugen tatsächlich lädt, gelten als gering.

Und auch der zweite Antrag hat schlechte Karten: Zschäpes Altverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl wollen einen neuen psychiatrischen Gutachter hinzuziehen. Es wäre der vierte Sachverständige in diesem Prozess. Das wird der Vorsitzende Richter Manfred Götzl kaum zulassen.

Das Ende ist in Sicht

Wegen dieser nach wie vor regen Beteiligung von Nebenklägern und Verteidigern kann im Moment niemand sagen, wann die Beweisaufnahme abgeschlossen wird. Die Bundesanwaltschaft könnte und würde wohl gerne noch im August vor der Sommerpause ihr Plädoyer halten. Ob es tatsächlich so weit kommt, entscheidet sich vielleicht nächste Woche.


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